Stadttheater Klagenfurt von außen
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Kultur

Millionenverlust für das Stadttheater

Das Stadttheater Klagenfurt hat den Spielplan für die nächste Saison vorgestellt. Die vergangene Spielsaison bringt einen Millionenverlust. Die nächste Spielzeit beschert dem Haus weitere Defizite, weil wegen der neuen Sitzabstände nur mit einer Auslastung von 50 Prozent gerechnet wird. Matthias Walter wird kaufmännischer Direktor.

Seit mehr als zwei Monaten ist der Vorhang im Stadttheater geschlossen. Dutzende Vorstellungen sind ausgefallen. Zwei Produktionen konnten aber gerettet und in die neue Spielzeit ab Herbst verschoben werden: Goethes „Faust“, das ab 3. Jänner 2021 auf die Bühne kommt, und auch die Uraufführung von Il canto s’attrista, perché? wird nachgeholt, wie auf einer Pressekonferenz am Mittwoch mitgeteilt wurde.

Der geschlossene Vorhang im Stadttheater Klagenfurt
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Im Herbst soll der Vorhang wieder aufgehen

Bisher 1,1 Mio. Euro Verlust

Weil aber viele Lockerungen für die Theater noch nicht bekannt sind, wird auch in der neuen Saison mit einem enormen Einnahmen-Ausfall gerechnet. 1,1 Millionen Euro beträgt der Verlust aus der laufenden Saison, bei einem Budget von 16,7 Millionen Euro und Kurzarbeit für die meisten fixen Mitarbeiter. „Alles hängt von den Abständen ab, aber zum jetzigen Zeitpunkt können wir mit einigem Optimismus davon ausgehen, dass wir doch unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu einer 50 prozentigen Auslastung kommen können“, so Intendant Florian Scholz.

Intendant Florian Scholz und sein Nachfolger Aron Stiehl
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Florian Scholz und sein Nachfolger als Intendant Aron Stiehl (v.l.n.r.)

Im Vergleich dazu hatte die Auslastung im Vorjahr 80 Prozent betragen. „Es braucht eine politische Haltung und das brauchen nicht nur wir, sondern es werden alle Häuser in ganz Österreich davon betroffen sein. Die Häuser werden das nicht von alleine stemmen können“, so die Kaufmännische Direktorin Iris Dönicke. Mit den freien Künstlern, die vom Aufführungsstopp betroffen waren, hat es Gespräche gegeben.

„Da hat sich jedes Theater anders verhalten und ich muss sagen, wir waren sehr kulant. Es war auch ein bisschen ein Unterschied, ob dann ein Künstler seine Arbeit in der kommenden Spielzeit weiterführen kann oder nicht. Wir haben mit jedem individuelle Lösungen gefunden“, so Scholz.

Spielplan für 2020/21 unter dem Motto „Servus“

Die Spielzeit 2020/2021 des Stadttheaters Klagenfurt steht unter dem Motto Servus. Intendant Florian Scholz verlässt nun nach bald zehn Jahren das Stadttheater in Richtung Bern, er hat die neue Spielsaison noch geplant, Verantwortlich für die Umsetzung wird aber der neue Intendant Aron Stiehl sein. „Ich denke, dass das Haus und vor allem das Publikum eine neue Ästhetik angenommen hat, die möchte ich auch weiterführen“, so Stiehl.

Insgesamt bringt die neue Spielzeit ein Dutzend Produktionen auf der Bühne, unter anderem die Oper „Elektra“ von Richard Strauss mit Chefdirigent Nicholas Carter. Geplant ist auch ein kritisches Stück von Bernd Liepold Mosser zum 100. Jahrestag der Volksabstimmung, dazu kommen noch Konzerte und Lesungen.

Logo der Spielzeit 2020/21
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Die Spielzeit 2020/21 bringt ein Dutzend Produktionen

Matthias Walter neuer kaufmännischer Direktor

Ab Herbst hat das Stadttheater dann mit Matthias Walter auch einen neuen Kaufmännischen Direktor. Die Position war in Österreich und im angrenzenden deutschsprachigen Raum ausgeschrieben, da die bisherige Direktorin Iris Dönicke als neue Verwaltungsdirektorin der Brandenburgischen Kulturstiftung Cottbus-Frankfurt/Oder nach Deutschland wechseln und damit diesen Sommer vorzeitig das Dienstverhältnis in Klagenfurt beenden wird.

Der neue Direktor wird seine Funktion mit der Spielsaison 2020/21 ab Herbst 2020 antreten. „Mit Matthias Walter haben wir einen profunden Kenner des künstlerischen Bereichs gewinnen können, der gleichzeitig dank seiner betriebswirtschaftlichen Ausbildung beste Voraussetzungen für die kaufmännische Verwaltung eines kulturellen Leitbetriebes wie des Stadttheaters mitbringt“, so Kulturreferent Landeshauptmann Peter Kaiser am Mittwoch in seiner Funktion als Vorsitzender des Theaterausschusses.

Er hofft auf Öffnung des Stadttheaters Klagenfurt zum geplanten Zeitpunkt. Kaiser: „Das Stadttheater ist eine wesentliche Säule im Kärntner Kulturgeschehen, seine Aufführungen gehören quasi zu den Grundnahrungsmitteln aller Kulturhungrigen, die jetzt schon so lange aufgrund des Coronavirus auf Nulldiät gesetzt waren.“

33 Bewerber bei Auswahlverfahren

Im Rahmen der am Dienstag bis in die Abendstunden dauernden Sitzung des Theaterausschusses wurden die finalen Bewerber um diese Position einem intensiven Hearing unterzogen. Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens durchliefen insgesamt 33 Bewerber ein Auswahlverfahren. „Die Vorstellung der Bewerber im finalen Hearing war unisono von einer besonderen fachlichen Expertise geprägt und vermittelte eindrücklich deren Verständnis hinsichtlich der kaufmännischen Führung eines Theaters. Gleichermaßen galt es auch, die Balance einer Doppelspitze im Zusammenspiel mit dem künstlerisch verantwortlichen Intendanten zu berücksichtigen“, gab Kaiser einen Einblick in das Verfahren.

Reaktionen

Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ), stellvertretende Vorsitzende des Theaterausschusses, betonte, dass mit Matthias Walter einerseits die sehr gute Arbeit von Dönicke eine Fortführung erfahren werde und gleichzeitig die beste Entwicklung des Stadttheaters als ein gewichtiger Klagenfurter Wirtschaftsbetrieb gewährleistet sei: „Trotz der herausragenden künstlerischen Stellung des Stadttheaters Klagenfurt darf man nicht vergessen, dass an diesem Haus rund 265 Personen eine dauerhafte Arbeitsstelle haben und zusätzlich rund 100 saisonale Mitarbeiter beschäftigt sind.“

Theaterausschuss-Mitglied Markus Malle verwies auf die Einstimmigkeit der Wahl Walters unter den Mitgliedern des Theaterausschusses. „Ausgestattet mit dem Vertrauen des Theaterausschusses als Aufsichtsgremium wird Walter die wirtschaftlichen Geschicke des Theaters bestmöglich weiterführen und durch neue Akzente das wirtschaftliche Gefüge des Hauses stärken“, ist Malle überzeugt.

Andreas Skorianz, ebenso Mitglied des Theaterausschusses, sieht „in der neuen wirtschaftlichen Führung in Verbindung mit der neuen Intendanz eine gute Entscheidung für die Zukunft des Stadttheaters Klagenfurt und seine kulturelle Bedeutung als Leitbetrieb des Landes“.

Umfassendes Aufgabengebiet

Von den Bewerbern war eine mehrjährige Erfahrung in der kaufmännischen Leitung eines Theaters bzw. vergleichbaren Kulturbetriebs nachzuweisen, sowie fundierte wirtschaftliche und juristische Kenntnisse. Gemeinsam mit dem Intendanten bildet der Verwaltungsdirektor eine Doppelspitze und beide entscheiden in enger Abstimmung über die strategischen Ziele des Theaters.

Zu den Hauptaufgaben des kaufmännischen Direktors zählen die Verhandlungen mit Künstlerinnen und Künstlern, (arbeits-)rechtliche Aspekte der Leitung sowie die budgetäre und kaufmännische Verantwortung sowie betriebswirtschaftliche Führung des Betriebes.

Kurzbiographie von Matthias Walter

Walter wurde 1979 in Deutschland geboren, ist seit vier Jahren als Direktor des Stiftungswesens der Diözese Regensburg tätig. Zuvor arbeitete er als selbstständiger Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt im kulturellen Bereich. Ebenso einen kulturellen Background hatten seine Position als kaufmännischer Direktor des Windsbacher Knabenchors und seine Tätigkeit als kaufmännischer Direktor des Schauspielhauses Salzburg. Walter absolvierte einen Studiengang der Rechtswissenschaften in Regensburg und anschließend ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien.