Gerichtssaal im Babymordprozess
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Gericht

Mordprozess um totes Baby erneut vertagt

Am Landesgericht Klagenfurt ist am Montag ein Mordprozess fortgeführt und auch erneut vertagt worden. Angeklagt ist ein 27 Jahre alter Familienvater, dem vorgeworfen wird, seine wenige Wochen alte Zwillingstochter geschüttelt und dadurch getötet zu haben. Die Verteidigung sieht grobe Fehler beim belastenden Gutachten.

Der Verteidiger des Angeklagten, Alexander Todor-Kostic, kritisierte am Montag einmal mehr das Vorgehen der Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren. Das alles habe mit keinem objektiven Ermittlungsverfahren zu tun, sagte Todor-Kostic. Laut dem Verteidiger sei nämlich ein Gutachter eingesetzt worden, der mit der Materie nichts zu tun hätte. Er sei Kinderchirurg und würde sich mit Frakturen beschäftigen.

Ein Privatgutachten würde den 27-jährigen hingegen entlasten, sagte Verteidiger Todor-Kostic. Die festgestellten Blutungen im Gehirn des Säuglings seien durch Sauerstoffverlust infolge eines plötzlichen Kindstodes entstanden, und nicht durch ein Schütteltrauma, so laute das Ergebnis des Privatgutachtens. Der 27-jährige Vater der beiden Kinder bestreitet vehement, etwas mit dem Tod des Mädchens zu tun zu haben.

Angeklagter mit Polizisten
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Der angeklagte Vater vor Gericht

Sozialarbeiterin: unkomplizierter Umgang

Am Montagnachmittag wurden Aussagen verlesen. Die Zeugen standen zudem für neuerliche Befragungen zur Verfügung. Die Wiederholungen waren notwendig, weil ein Geschworener erkrankt ist und ersetzt werden musste. Verwandte, Bekannte und eine Sozialarbeiterin, von der die Familie im Rahmen der Trauerarbeit betreut worden war, waren als Zeugen geladen.

Die Sozialarbeiterin bezeichnete den Betreuungsverlauf als unkompliziert, den Umgang der Familie untereinander als liebevoll. Sie hätten alle empfohlenen Therapien absolviert, keinen Termin abgesagt, auch unangekündigte Besuche seien kein Problem gewesen. Das sei ausgesprochen selten.

Anderes Baby hatte immer wieder blaue Flecken

Bei der Zwillingsschwester des verstorbenen Säuglings sah sie immer wieder blaue Flecken, die plötzlich und aus unerklärlichen Gründen auftauchten und dann wieder verschwanden. Um das zu beobachten, habe sie das Kind selbst gewickelt und niedergelegt und nach dem Aufwachen wieder gewickelt. Vorher sei nichts zu erkennen gewesen und nach dem Mittagsschlaf seien die Hämatome plötzlich da gewesen. Durch ein Einwirken von außen habe es in dieser Zeit, in der sie dort gewesen sei, nicht passieren können. Das könne sie sich bis heute nicht erklären, sagte die Zeugin.

Über solche Phänomene berichtete auch die Mutter der Zwillinge. Nicht nur die beiden Mädchen, auch der ältere Sohn habe bis zur Vollendung seines ersten Lebensjahres ohne ersichtlichen Grund Hämatome bekommen. Daher wird vom Verteidiger des Angeklagten, der sich nach wie vor nicht schuldig bekennt, eine Gerinnungsstörung als mögliche Ursache für die Gehirnblutung ins Treffen geführt.

Zeugen sahen keine Verletzungen

Am Vormittag hatten Zeugen – Ärzte und Diplomkrankenpflegerinnen – ausgesagt, bei dem Kind keinerlei Verletzungen, Hämatome oder Rötungen gesehen zu haben, als es ins Klinikum Klagenfurt eingeliefert wurde. Das Kopfschwartenhämatom und die Gehirnblutungen wurden erst bei der Obduktion gefunden. Laut Gerichtsgutachter sollen sie durch Schütteln sowie Schlagen des Kindes auf einen flachen Gegenstand entstanden sein.

Der Vorsitzende des Geschworenensenats, Richter Oliver Kriz, vertagte die Hauptverhandlung auf Dienstag. Es seien die Befragung weiterer Zeugen und des Sachverständigen und nach heutigem Stand der Dinge die Entscheidung der Geschworenen geplant, kündigte er an.