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Chronik

CoV: Herausforderung auch für Bergführer

Mitte März war mit dem Coronavirus nicht nur die Ski- sondern auch die Skitourensaison abrupt zu Ende. Viele der 107 Kärntner Ski- und Bergführer haben seither nichts zu tun. Für den Bergsport gibt es neue Regeln des Alpenvereins, von Abstand bis zur Risikominimierung.

Das Coronavirus zwang auch die Alpinisten in den vergangenen Wochen dazu, im Tal zu bleiben, doch jetzt geht es wieder los. Der Berg ruft und heuer wird es wahrscheinlich etwas ruhiger auf Almen und Gipfeln als sonst.

Anton Sauper, Obmann des Kärntner Bergführerverbandes, überlegte sich, wie die kommende Saison auf dem Großglockner aussehen wird. Er hatte dazu seit März viel Zeit: „Ich war in Heimquarantäne, weil ich ja in Heiligenblut war. Ich bin zwar am Vortag der Quarantäne noch hinausgekommen, bin dann aber eben zwei Wochen in Heimquarantäne gekommen. Ich habe mich intensiv mit der Geschichte des Bergführervereins Heiligenblut beschäftigt und habe sehr viele alte Schriften und Zeitschriften studiert. Wir haben ja heuer unser 150-Jahr-Jubiläum.“

Anton Sauper
ORF/Peter Matha
Anton Sauper machte seine Leidenschaft zum Beruf

Hoffen auf Österreicher

Keine Kundschaft von einem Tag auf den anderen – doch so kurzfristige Änderungen gehören zum Beruf: „Genau so wie viele meiner Kollegen hätte ich heuer eine lange und gute Saison gehabt. Meine Skitourensaison wäre jetzt gerade in Chamonix im Ausklingen. Andererseits sind wir Bergführer das vielleicht besser gewohnt als andere, dass wir auf Unwägbarkeiten reagieren müssen. Sowohl was das Risiko betrifft, als auch die kurzfristigen Änderungen. Wir müssen ja ständig auf das Wetter, auf die Bedingungen und die Leute reagieren“, so Sauper.

Weniger Gäste werden aus Deutschland oder Italien kommen, in den nächsten Wochen sowieso keine aus dem Ausland. Anton Sauper rechnet mit den Österreichern: „Es sind ja mehr Kollegen jetzt bei uns unterwegs, die sonst normalerweise in den Westalpen unterwegs sind. Wir haben ja viele Kärntner Bergführer, die jetzt im Sommer in Zermatt oder in Chamonix führen. Das fällt jetzt wahrscheinlich flach. Das heißt, wir werden die Kollegen mehr als sonst auf den heimischen Bergen treffen. Es kann schon sein, dass für uns ein bisschen weniger Geschäft ist, da müssen wir uns aber darauf einrichten“, sagte Sauper.

Die Großglockner Hochalpenstraße
Großglockner Hochalpenstraßen AG
In den Kärntner Bergen wird es heuer wahrscheinlich ein wenig ruhiger zugehen

Mehr Eintages-Touren

Und wie sieht er die Chance auf Trekking oder Bergtouren jenseits der 5.000 Meter Marke, in Südamerika oder im Himalaja? „Die Frühjahrssaison wird sicher auch dort flach fallen. Ich denke da immer wieder ein bisschen an meine Freunde in Nepal, die es wahrscheinlich härter treffen wird als uns. Wie sich das in den Herbst hinein entwickelt, ist, glaube ich, ganz schwer zu sagen“, so Sauper.

So etwas wie eine Renaissance könnte es werden. Schlichtere Touren in heimischem Gebiet. „Es werden wahrscheinlich mehr eintägige Touren geführt werden als sonst. Insgesamt sollte man die Gelegenheit nutzen, jetzt nicht unser Leben herunterzufahren, sondern Freude zu empfinden und trotzdem vielleicht dafür zu sorgen, dass man alles ein wenig ruhiger angeht“, so Sauper.

Bergführer führen wieder vermehrt in der Heimat

Früher haben die Bergführer auf die Berge geführt unter denen sie gelebt haben, in der Schweiz in Frankreich, aber auch bei uns. Heiligenbluter und Kalser Bergführer hatten zum Beispiel den Großglockner und die anderen Berge der hohen Tauern als Ortskundige zu begehen, mit Gästen.

„Das Standortführen wird zumindest jetzt kurz- und mittelfristig wieder wichtiger werden. Ganz klar, dass die österreichischen Bergführer zwangsläufig in Österreich führen. Der Trend ist aber auch ohne das Coronavirus in diese Richtung gegangen ist. Wenn ich mir das am Glockner so anschaue, da sind viele gern wieder zurückgekehrt“. Als junger Bergführer wolle man natürlich die Welt erkunden, aber das Bergführen in den heimischen Bergen sei auch etwas Besonderes, so Sauper.

Kaiser Franz Josefs Höhe
Großglockner Hochalpenstraßen AG

Bergtouren während der Pandemie

Doch wie wird das Bergwandern, Steigen und Klettern in Coronavirus Zeiten aussehen? „Wenn die Adlersruhe am 11. Juni aufsperrt, werden zunächst einmal nur Österreicher da sein. Wie lange das dann geht, wird man sehen. Es werden insgesamt wahrscheinlich weniger Leute unterwegs sein. Die Vollauslastung ist aber auch einfach nicht möglich unter den neuen Auflagen. 50 Leute in etwa, das wird schon gehen. Man wird sich am Gipfel dann wahrscheinlich halt nicht umarmen oder die Hand geben oder die Trinkflasche weitergeben. Das wird dann wahrscheinlich relativ bald Normalität“, so Sauper.

Bergtouren mit Hausverstand

Bergtouren mit Hausverstand also. „Dass man zum Beispiel in einem Klettersteig an der engsten Stelle überholt, da wird man gewisse Vorsichtsmaßnahmen setzen. Ein bisschen will ich aber schon auch dafür appellieren, dass wir die Kirche im Dorf lassen, weil wir als Bergführer haben ständig mit Risiken zu tun und wir müssen einen angemessenen Umgang damit finden“.

Anton Sauper, der Mölltaler, der seine Liebe zu den Bergen zum Beruf machte und jetzt Obmann des Kärntner Berführervereins ist, über das Infektionsrisiko am Berg: „Insgesamt muss man sagen, dass das Risiko äußerst gering ist. Wenn man irgendwann beim Klettern für ein paar Sekunden am Standplatz statt einem Meter nur 70 Zentimeter beieinander ist, glaube ich nicht wirklich, dass man dann gleich Kopf und Kragen riskiert. Wir haben sicher andere Risiken auf den Bergen über die wir uns mehr Gedanken machen müssen“.