Kaserne in Klagenfurt
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Chronik

Soldaten werfen Heer zu wenig CoV-Schutz vor

Soldaten haben sich beim ORF Kärnten gemeldet und unzureichenden Schutz in einigen Kasernen gegen CoV bemängelt. So würden noch immer fünf bis zehn Soldaten in einem Zimmer schlafen, andere täglich nach Hause gehen, Mindestabstände nicht eingehalten. Das Heer räumt Probleme ein.

Ein Rekrut, der seit Anfang April in der Lutschounigkaserne in Villach dient, schilderte dem ORF, wie es in den Schlafräumen aussieht. Er möchte anonym bleiben, weil er Probleme befürchtet: „Es gibt in meinem Zug sogar ein Achterzimmer, da kann man die Abstände nicht einhalten. Wir haben einen Tisch, an dem wir beim Jausnen alle zusammensitzen oder auch beim Lernen.“

Henselkaserne in Villach
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Auch die Henselkaserne ist desolat

Auch in den Gemeinschaftsduschen sei die Situation nicht viel anders: „Ohne Abtrennung oder Kabinen, wo jeder duschen geht. Desinfizieren oder ein Limit, wie viele Leute hineindürfen, gibt es nicht.“

Soldat: Kein Minimalbetrieb

Die Aussagen des jungen Rekruten decken sich mit schriftlichen Schilderungen eines Berufssoldaten aus der Villacher Henselkaserne, die dem ORF ebenfalls vorliegen. Den angekündigten Minimalbetrieb in den Kasernen gebe es nicht, täglich seien um die 20 Kaderangehörige und 40 Rekruten anwesend. Schutzmasken werden so gut wie nie getragen, sagen der Berufssoldat und der Rekrut übereinstimmend.

Interview mit Militärkommandant Walter Gitschthaler
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Militärkommandant Walter Gitschthaler mit dem Infoblatt

Kärntens Militärkommandant Walter Gitschthaler sagte dazu am Montag, jeder, der in einer Kärntner Kaserne im Dienst sei, habe eine Unterweisung bekommen, welche Schutzmaßnahmen einzuhalten seien. Auch eine Broschüre liegen überall auf.

Militärkommandant bestätigt marode Unterkünfte

Aber ja, so Gitschthaler, es sei überlegt worden, nicht so viele Rekruten einzuziehen. Doch die Vorgabe der Bundesregierung sei es, rasch Personal etwa für den Grenzschutz zur Verfügung zu stellen. Und das sei nur mit Rekruten und Milizsoldaten möglich, so Gitschthaler. Lange wurde über einen Neubau der Villacher Henselkaserne diskutiert, jetzt zeige sich, dass die Infrastruktur da und dort nicht ausreiche, so Gitschthaler.

„Natürlich sind unsere Unterkünfte da oder dort, vor allem in Hensel- oder Rohrkaserne nicht mehr zeitgemäß. Es gibt immer noch Zimmer mit fünf Stockbetten, die Nassräume sind nicht zeitgemäß, es ist an der Zeit, zeitgemäße Unterkünfte zu schaffen. Wir haben in den letzten Jahren versucht, den Missstand auszuräumen. Wir versuchen bestmöglich, die Maßnahmen in der schwierigen Situation umzusetzen.“

Isolationsturnus nicht möglich

Verworfen wurde auch die Idee, die Teams im 14-Tage-Rhythmus zu wechseln, um die Gefahr einer Virus-Einschleppung zu verringern. Das sei dienstrechtlich und aus finanziellen Mitteln nicht möglich. Der Militärkommandant sicherte zu, die Situation in den Kasernen noch einmal genau zu prüfen. Man werde der Sache nachgehen und schauen, was man verbessern und den Schutz verbessern könne. Die Gesundheit stehe an oberster Stelle, betonte Gitschthaler im ORF Interview.

Weitere Vorwürfe

Nach dem Bericht meldete sich per E-Mail ein weiterer Kärntner Soldat, der sagte, die Grundwehrdiener, die Anfang April eingerückt seien, mussten nicht wie üblich in der Kaserne bleiben, sondern hätten jeden Tag nach Hause dürfen. Vorschläge der Soldaten zur Distanzierung seien nicht angenommen worden. Außerdem seien 16 Soldaten in einem Truppentransporter transportiert worden, da habe es keinerlei Abstand gegeben. Auch versprochene Masken seien ausgeteilt worden. Zudem gebe es Asthmatiker in der Truppe, die keinen Schutz bekämen.

Gitschthaler räumt Vorwürfe ein

Dazu sagte Gitschthaler am Montagabend gegenüber dem ORF, dass die Soldaten nach dem Einrücken wieder heimfahren durften, stimme zum Teil. Normalerweise dürfe in der ersten Woche niemand nach Hause fahren, aber man habe das Problem gehabt, dass alle Kasernen in Kärnten voll seien. In den Zimmern schlafen nach wie vor acht bis zehn Soldaten, daher haben man die Rekruten beim Einrücken gefragt, ob sie zum Schlafen nach Hause fahren können, um die Enge ein bisschen aufzulockern.

„Das haben wir ausnahmsweise gemacht, das ist eine Gratwanderung. Man hat auch diskutiert, eine Kasernierung zu machen. Alle rücken ein, bekommen einen Schnelltest und dürfen dann die Kaserne wochenlange nicht verlassen. Das hätte aber riesige Probleme gebracht“, so Gitschthaler. Man habe den Soldaten aber keinen Befehl erteilt, nach Hause zu fahren.

Bund braucht Soldaten

Was die damit verbundene Gefahr für die Familien und Kameraden betreffe, so habe man ja Sicherheitsvorkehrungen samt Schnelltest und Fiebermessen, so Gitschthaler. Es gebe in keiner Kaserne eine Erkrankung, das bestätige die Maßnahmen. Zwei Soldaten seien zuhause infiziert worden, nicht in der Kaserne. Das Ministerium wollte den Einrückungstermin im April, denn die rund 2.000 Soldaten brauche man dringend, so Gitschthaler. Der Einsatz dauere ja noch länger und sonst gebe es in zwei Monaten eine große Lücke. „Wir befinden uns wie alle auf einer Gratwanderung in dieser außergewöhnlichen Situation“.

Langauen als Quartier nicht bekommen

Auf die Frage, ob es Notquartiere in Zelten geben hätte können, sagte Gitschthaler, darüber haben man nachgedacht und mit dem Innenministerium besprochen. Man habe an das Asylquartier Langauen gedacht, doch es habe geheißen, das werde gebraucht und das Heer könne es nicht haben. Zelte seien bei den Temperaturen und was das Sanitäre betreffe, eher problematisch. Zu symptomlosen Erkrankten, die andere anstecken könnten, sagte Gitschthaler, diese Gefahr gebe es natürlich. Man versuche das bestmöglich auszuschließen. Man sei sich dessen aber bewusst, dass man Risiken eingehe.

„Wir sind Einsatzorganisation, Teil der kritischen Infrastruktur. Wir sind jetzt gefordert, bei allen Nachteilen.“ Was Masken betreffe, so habe jeder Soldat beim Einrücken eine Maske bekommen. In der Zwischenzeit sei sichergestellt, dass jeder Soldat drei Masken bekommen solle. Diese werden jetzt ausgeteilt.

Team Kärnten: Schutz verbessern

Gerhard Köfer vom Team Kärnten forderte am Montag in einer Aussendung, den Schutz für Soldaten zu verbessern. Gerade die Geschehnisse in der Kaserne in Spittal müssen für das Bundesheer einen klaren und unmissverständlichen Handlungsauftrag darstellen, Mindestabstände sollen eingehalten und Masken getragen werden, ebenfalls gelte es, Räume regelmäßig zu desinfizieren. Außerdem gebe es beim Bundesheer zu wenige Testungen.

FPÖ: Bund muss Maßnahmen zahlen

Mit Unverständnis reagierte auch der Kärntner FPÖ-Landesparteiobmann Gernot Darmann auf aktuelle Probleme in der Henselkaserne in Villach. Hier scheitert es am Geld, die Ausbildung von 40 Grundwehrdienern so gestalten zu können, dass das Corona-Ansteckungsrisiko für die Rekruten gesenkt werde, so Darmann in einer Aussendung. Er verlangt, alles zu tun, um den Schutz der Soldaten zu gewährleisten. Die Finanzierung der dafür nötigen organisatorischen Maßnahmen müsse von der Bundesregierung sichergestellt werden.

Der Ausbau der Henselkaserne war unter FPÖ-ÖVP geplant, wurde dann aber abgesagt – mehr dazu in Ministerium gegen Ausbau von Henselkaserne (kaernten.ORF.at; 7.9.2018).