Krankenschwester legt Maske an
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Gesundheit

Infektionsrate muss sich weiter verlangsamen

Das Land Kärnten verfolgt in der Coronaviruskrise die Strategie des Containments. Das bedeutet, dass Infizierte und all ihre Kontakte ausgeforscht und isoliert werden. Ziel ist es, dass jeder so wenige andere Menschen wie möglich ansteckt. Das ist der Replikationsfaktor eines Virus.

Der Replikationsfaktor „R“ eines Virus sollte kleiner als 1 sein, dann gilt eine Epidemie als beherrschbar. Kranke und Gesundete halten einander die Waage. Das ist nur möglich, wenn Menschen einander möglichst nicht persönlich treffen bzw. nur im Familienverband in Wohnung oder Haus.

Das Coronavirus hat laut Experten derzeit einen durchschnittlichen Basis-Replikationsfaktor von geschätzten R2,4 bis R3,3. Das heißt, jeder an Covid-19 Erkrankte steckt im Durchschnitt 2,4 bis 3,3 andere Menschen an. Geschätzt deswegen, weil man noch zu wenige Daten hat. In Kärnten liegt er derzeit leicht über 1.

Masern am ansteckendsten

Unklar ist auch noch, ob und wie lange man nach überstandener Krankheit immun ist. Zum Vergleich: Masern haben R15, Keuchhusten 14, Diphterie R7 und die Grippe von 2019 R2 bis R3. Masern sind damit die ansteckendste Virusinfektion, die man kennt. Doch für Masern, Diphterie und Keuchhusten gibt es eine Impfung, ebenso wie die gängigsten Grippeviren. An einer Impfung für Covid-19 wird weltweit auf Hochtouren geforscht.

Abstand muss eingehalten werden

Das Treffen von Freunden und Verwandten gilt weiter als zu riskant, Ostern muss heuer ganz anders und sehr zurückhaltend gefeiert werden. In den ersten Wochen steckte jeder Erkrankte mehrere Personen an, bevor bekannt war, dass es überhaupt dieses Virus auch bei uns gibt. Freunde oder Vereinsmitglieder waren betroffen, Teilnehmer von Begräbnissen oder Chorproben.

Exponentielle Steigerung vermeiden

Günther Wurzer vom Krisenstab des Landes Kärnten sagte, wenn man den Faktor R auf eins drücken könne, jetzt sei man leicht darüber, dann komme es dazu, dass man gleich viele Erkrankungen wie Genesende hat. Dann kommt es nicht mehr zur exponentiellen Steigerung, wie sie in Italien, Spanien oder den USA herrsche. Eine exponentielle Steigerung bedeutet unbegrenztes Wachstum – in einem bestimmten Zeitraum steigern sich die Erkrankungen immer um denselben Faktor. Irgendwann ist das Gesundheitssystem mit der Zahl der Kranken heillos überlastet.

Seit Tagen bewegt sich die Kennzahl R nach unten. Wer deshalb nachlässig wird, gefährdet sich und andere, denn wer mehrere Personen ansteckt, nimmt wieder ansteigende Infektionszahlen in der gesamten Bevölkerung in Kauf. „Wenn die Menschen die Maßnahmen nicht einhalten, steigt die Kurve gleich wieder an, dann sind wir in drei Wochen bei einer Überlastung des Systems“, so Wurzer.

Gefürchtete zweite Welle

Das wäre die sogenannte zweite Welle, die gefürchtet wird, denn sobald die Krankheitszahlen rascher zunehmen, ist die Entwicklung kaum mehr umkehrbar. Laut Wurzer lohnt es sich, sich noch weiterhin zu isolieren und möglichst bis zu zwei Meter Abstand zu anderen Personen einzuhalten. Damit rette man Leben. Es sei für jeden hart, aber es habe eine Wirkung. Wurzer spricht von einem Kraftakt der Bevölkerung. Er sei dankbar für die Mithilfe, sie halte die gute medizinische Versorgung aufrecht: „Jeden einzelnen Fall können sie in den Spitälern professionell bearbeiten und sind nicht überlastet. Damit jeder Patient Aussicht auf Heilung hat.“

Frühestens kommende Woche rechnet Wurzer mit Informationen über kleine Schritte, mit denen der Weg zurück in ein normaleres Leben begonnen werden könnte. Das sagte auch Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) am Samstag in einer Pressekonferenz – mehr dazu in Masken und Testungen in Pflegeheimen.