Proben zu Untersuchungen zum Coronavirus
APA/dpa/Christophe Gateau
APA/dpa/Christophe Gateau
Gesundheit

Coronavirus: Besorgnis in Grenzorten

Das Coronavirus rückt immer näher. Nach China und Südkorea ist Italien das Land mit den drittmeisten Erkrankten. Im Friaul wurde der Notstand ausgerufen. Grenzgemeinden in Kärnten zeigen sich besorgt. Kontakte sollen eingeschränkt werden, besorgt sei man auch wegen des Großbordells in Hohenthurn mit bis zu 500 Gästen pro Wochenende.

„Besorgt“ reagierte Bürgermeister Erich Kessler (SPÖ) aus dem Kärntner Grenzort Arnoldstein (Bezirk Villach-Land) auf die Entwicklung beim Coronavirus im angrenzenden Italien: „Man soll Ruhe bewahren, aber schauen, dass man die Situation im Griff hat und Gewehr bei Fuß ist“, sagte er am Montag gegenüber der APA.

Fürs Erste werde man nicht notwendige Kontakte einschränken. So sei angedacht, den Besuch einer Delegation aus der Partnergemeinde Tarcento bei Udine, der für kommenden Donnerstag geplant wäre, zu verschieben. Auspendler nach Italien gebe es in seiner Gemeinde nur wenige, aber einige ansässige Italiener und auch Einpendler aus der Nachbarregion. Panik oder Hamsterkäufe gebe es unter seinen Bürgern aber überhaupt nicht.

Absage von Veranstaltungen nicht möglich

Präventivmaßnahmen wie in Italien sieht das österreichische Epidemiegesetz nicht vor, sagte Bernd Riepan, Bezirkshauptmann von Villach-Land, im APA-Gespräch. „Das gibt das Gesetz nicht her.“ Eine prophylaktische Absage von Veranstaltungen auf behördliche Anordnung sei nicht möglich, das könne nur der Veranstalter tun. Er könne erst reagieren, wenn Verdachtsfälle auftreten, so Riepan. Am Wochenende hatten in Villach Tausende den Fasching gefeiert, auch zahlreiche Gäste aus Italien waren da gewesen.

Wenn etwa ein Verdachtsfall in einem einreisenden Zug oder Bus auftauche, würde der Transport sofort nach der Grenze angehalten, so Riepan. Man müsste Abstriche machen und eine Umfeldanamnese, wie im Gesetz vorgeschrieben und in Absprache mit dem Ministerium. „Wie wir mit dem Personal zurande kommen, wenn da ein paar hundert Leute drinnen sind, weiß ich nicht.“ Man versuche, mit allen Eventualitäten zu rechnen und vorbereitet zu sein.

Fragen und Antworten

Die Weltgesundheitsorganisation hat die wichtigsten derzeitigen Erkenntnisse im Internet veröffentlicht – mehr dazu in Fragen und Antworten zum Coronavirus.

Bordell: Stadt fragt in Wien nach

Für behördliche Überlegungen sorgt auch der Sextourismus im Raum Villach. Zum Beispiel arbeiten im Großbordell Hohenthurn laut Riepan etwa 120 Prostituierte, an jedem Wochenende kommen 400 bis 500 Gäste, fast alle von ihnen Italiener. Angesichts der Situation mit dem Coronavirus im Nachbarland meint Riepan: „Das kann natürlich ein Problem werden.“ Die Prostituierten kommen auch jede Woche in die Bezirkshauptmannschaft zur Untersuchung. „Wir haben dazu eine Anfrage ans Ministerium gestellt.“

Bisher fünf Tote in Italien

Nach mittlerweile sieben Toten und rund 230 Infizierten bleiben in Udine und Triest Schulen, Kindergärten und Universitäten diese Woche geschlossen, ebenso Monumente und Theater in ganz Norditalien. Unter anderem bleiben auch der Mailänder Dom und die Scala, die Markusbasilika in Venedig und das Fenice Theater geschlossen. Auch in Friaul sind Schulen, Universitäten und Kindergärten geschlossen.

Krisensitzung in Udine

Hinter verschlossenen Türen fand am Montagnachmittag in Udine eine Krisensitzung mit rund 170 Bürgermeistern aus der gesamten Region und dem Zivilschutz statt. Regionspräsident Massimiliano Fedrige fordert verstärkte Kontrollen wie etwa am Flughafen Laibach. Er will illegale Einwanderer, die in Friaul-Julisch Venetien aufgegriffen werden, unter Quarantäne stellen lassen. Die Bürgermeister bekommen einen gewissen Handlungsspielraum, es gebe nur Handlungsempfehlungen. Bis 1. März sind nicht nur Schulen und Unis gesperrt, auch Discos, Theater und Gottesdienste sind untersagt. Bars und Restaurants sollen offen bleiben.

Veranstaltungen abgesagt

In Tarvis, gleich nach der Kärntner Grenze, herrschte am Montagfrüh eher Gelassenheit, berichtete ORF-Kärnten-Reporterin Iris Hofmeister nach einem Lokalaugenschein: „Eigentlich herrscht normaler Betrieb für einen Montag, an dem gewöhnlich Geschäfte und Lokale geschlossen sind. Passanten zeigen sich durchaus vorsichtig und meinen, sie würden wohl Vorsichtsmaßnahmen wie gegen die Grippe treffen.“ Abgesagt wurden aber der Faschingsumzug und andere Feiern in Tarvis. Die Bevölkerung zeige dafür aber – angesichts der Umstände – Verständnis, schilderte Hofmeister.

Sitzung in der Landesregierung
ORF
Am Sonntag warnte die Kärntner Landesregierung vor unnötigen Reisen in die betroffenen Regionen in Italien

Mundschutzmasken in Italien ausverkauft

Francesco Spaliviero, Apotheker in Tarvis, sagte der ORF-Kärnten-Reporterin Iris Hofmeister am Montag, dass es die Bevölkerung „recht gelassen“ nehme. Es gebe allerdings auch schon Engpässe. „Es gibt viele Anrufe auch von Kunden aus Kärnten und Slowenien, die nach Schutzmasken fragen“, sagte der Apotheker. Die Masken seien aber in Italien ausverkauft, ebenso im Internet.

Hygiene wichtiger als Mundschutzmasken

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) warnte die Bevölkerung am Sonntag vor unnötigen Reisen in die betroffenen Gebiete – mehr dazu in Regierung: Keine unnötigen Italien-Reisen. Bis Montagmittag gab es in Kärnten 15 Verdachtsfälle, die sich aber nicht bestätigt haben. Die Unruhe in der Bevölkerung wächst aber, wie ausverkaufte Schutzartikel in den Apotheken beweisen. Bereits eine Stunde nach Geschäftsöffnung gab es heute Früh in der Bernsteinapotheke in Klagenfurt keine Mundschutzmasken mehr. Apotheker Rudolf Flick sagte, die Masken würden auch weniger vor der Ansteckung als vor der Übertragung schützen.

Iris Hofmeister aus Udine

ORF-Kärnten-Korrespondentin Iris Hofmeister meldet sich aus Udine. Sie berichtet über die Reaktion der Verantwortlichen in der Region und die Stimmung in Friaul.

Für einen Schutz wäre es wichtiger, sich die Hände regelmäßig zu waschen und zu desinfizieren. Als Hygienemaßnahme sei es auch wichtig, nicht in die Hände zu niesen, sondern in ein Taschentuch oder die Armbeuge. In manchen Apotheken ist vorläufig auch das Händedesinfektionsmittel ausgegangen. Zur Sicherheit wurde von italienischer und Kärntner Seite der Schüleraustausch abgesagt, das gelte vorerst bis 1. März.

Wirtschaftskammer: Info für Gewerbetreibende

Ruhig und besonnen versucht die Kärntner Wirtschaftskammer (WK) auf die Situation in Norditalien zu reagieren. WK-Präsident Jürgen Mandl sagte, die Kammer informiere alle jene, die in Italien beruflich tätig sind, etwa mit Lieferungen oder Montagearbeiten, über eine Hotline. „Wir versuchen, immer alle Informationen über unser Alpen-Adria-Netzwerk, die Außenstellen und die Zusammenarbeit mit Landes- und Bundesregierung aktuell zu halten.“

Kärntens Unternehmen würden derzeit noch von ihren Vorräten zehren, heißt es. Je länger das Coronavirus aber für abgeriegelte Städte und Regionen sorgt, umso schwieriger werde es, mit Einbußen sei jedenfalls zu rechnen.

Hotlines zum Coronavirus:

  • Wirtschaftskammer: 05 90 904 808
  • Ministerium: 0800 555 621
  • AGES: 0800 555 621

Vorsichtsmaßnahme Quarantäne in der Steiermark

In der Steiermark begaben sich elf Spitalsmitarbeiter nach einer Italien-Reise vorsorglich in Quarantäne. Sie hatten den Karneval in Venedig besucht und noch im Bus bei der Heimreise die Krankenhausleitung darüber informiert. Die steirische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) betonte, dass es sich um eine „reine Vorsichtsmaßnahme“ handle – mehr dazu in Coronavirus: Elf Spitalsmitarbeiter in Quarantäne (steiermark.ORF.at).

Brenner-Fehlalarm legte Zugsverkehr lahm

Ein Fehlalarm legte in der Nacht auf Montag den Zugsverkehr auf dem Brenner zwischen Italien und Tirol lahm. Wegen zweier Fahrgäste mit Husten und Fieber in einem Zug von Venedig nach München kam der Zugsverkehr Sonntagabend vier Stunden zum Stillstand.

Bahnhof Brenner
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Der Zugsverkehr am Brenner stand für vier Stunden still

Die italienische Bahn meldete die Verdachtsfälle den ÖBB. Diese schalteten das österreichische Innenministerium ein – und der zuständige Bezirkshauptmann von Innsbruck-Land stoppte daraufhin den Zug per Bescheid – mehr dazu in Brenner-Fehlalarm legte Zugsverkehr lahm (news.ORF.at).