Pflege Auszubildende vor Schultafel
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Soziales

Diakonie fordert gratis Pflege-Ausbildung

Das Thema Pflege brennt zunehmend unter den Nägeln. Wie also zukünftig den Bedarf decken? Ab Herbst soll es in Villach und Klagenfurt die neue Ausbildungschiene „Pflege mit Matura“ geben, gleichzeitig fordert die Diakonie – als privater Träger einer Schule für Sozialberufe – die kostenlose Pflege-Ausbildung für alle.

Das Thema Pflege ist – was die Kompetenzen anbelangt – höchst kompliziert: Es gibt Heimhelfer, Pflegeassistenten, Pflegefachassistenten, diplomierte Pflegefachkräfte und ganz neu, die akademisierte Pflege mit Bachelor an der Fachhochschule. Außerdem werden von AMS und Land Kärnten Sonderausbildungen und Umschulungen angeboten.

Pflegefachassistenz mit Matura ab Herbst

Ausbilder sind – neben der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege des Landes (GUK) die kirchlichen Anbieter für Sozialberufe, also Diakonie und Caritas. Ab Herbst sollen diese als private Träger die Pflegefachassistenz mit Matura anbieten. Wilfried Hude, Direktor der Schule für Sozialberufe in Klagenfurt: „Das heißt, es wird eine höhere Schule für Fachassistenz mit Matura geben – ähnlich wie es in den HBLAs im Moment der Fall ist. Statt der wirtschaftlichen Ausbildung wird es aber eine Pflegeausbildung geben. Wir werden einen Fünfjahres-Durchgang probeweise durchführen und man wird dann sehen, inwieweit man das ins öffentliche Schulwesen transportiert.“

Pflege Auszubildende Caritas vor Schultafel
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Die Schule für Sozialberufe der Caritas

Pflegelehre rechtlich und sozial keine Lösung

Aus dem Büro von Sozialreferentin Beate Prettner (SPÖ) heißt es zum Thema „Pflege an berufsbildenden höheren Schulen“, Kärnten wäre dafür startklar und warte nur noch auf grünes Licht vom Bund. Warum aber nicht den Bedarf auch über eine Pflegelehre decken? Die Experten sowohl der Diakonie wie auch der Caritas lehnen ein solches Modell ab, von Prettner heißt es dazu: „Aus meiner Sicht hat das Pflegelehre-Thema zwei Problemstellungen. Einerseits ein rechtliches, denn man beginnt eine Lehre mit dem 14. bzw. 15. Lebensjahr und es ist in der EU untersagt, unter dem 17. Lebensjahr an Patienten zu arbeiten. Das heißt, es gibt ein rechtliches Problem. Ein zweites Problem, das es gibt: Für diese Berufe braucht man soziale Kompetenz und eine große psychische Belastbarkeit, ich denke das ist einem 14- oder 15-jährigen Menschen nicht zumutbar.“

Demographie verschärft Situation in der Pflege

Aktuell ergreifen in Österreich ca. 5,6 Prozent eines Jahrgangs die Ausbildung zu Pflegeberufen. In Kärnten sind das ca. 320 bis 350 Personen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der 18-Jährigen – in zehn Jahren wird deren Anzahl von 5.600 (im Jahr 2018) auf 4.900 gesunken sein (Minus 12,5 Prozent), was dazu führt, dass auch die Anzahl der Auszubildenden in der Pflege sinkt, wenn nicht gegengesteuert wird.

(Quelle: Land Kärnten)

Schulgeld: Lehrer spenden Gehalt für Härtefälle

Die Caritas bildet in der Schule für Sozialberufe etwa 200 Pflegekräfte im Jahr aus. Der Bund zahlt die Lehrer, für den Schulerhalt müssen die Schüler in die Tasche greifen: 232 Euro pro Semester beträgt das Schulgeld. Wer sich das nicht leisten kann, bekommt Hilfe über die Arbeitsnehmerförderung des Landes oder den schuleigenen Sozialfonds, der sich aus freiwilligen Spenden der Lehrkräfte speist. Hude: „Die Lehrer, soweit sie das natürlich freiwillig tun, spenden von ihrem Nettogehalt in einen Sozialfonds ein Prozent ihres Monatsgehalts und damit kommen im Jahr etliche tausend Euro zusammen und mit diesem Geld wird Schülern etwa die Hälfte des Schulgeldes subventioniert.“

Nachsatz: Millionärskinder seien eher nicht unter den Auszubildenden zu finden und der Bedarf da. Trotzdem glaubt der Direktor nicht daran, dass sich mehr Menschen für die Pflege-Ausbildung bei der Caritas entscheiden würden, wenn diese gratis wäre.

Diakonie zu Gratisausbildung: „Müssen Pflege neu denken“

Anders denkt man bei der Diakonie. Schon jetzt werde zu oft händeringend nach Pflegeassistenten gesucht. „Das könnte man handstreichartig verbessern“, sagt Susanne Lissy, Direktorin der Schule für Sozialberufe der Diakonie Waiern. Ihr Vorschlag lautet, dass die öffentliche Hand das Schulgeld für die angehenden Pflegeassistenten bei den privaten Trägern übernehmen soll. „Damit könnten wir schon ganz viele zukünftige Plätze, die wir dringend brauchen, erreichen und diesen Notstand in der Pflege abfedern.“

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Mehr Pfleger auszubilden sei eine reine Kostenfrage, sagt die Diakonie. Weil die Schulerhaltungskosten über Schulgelder eingehoben werden müssen, sind der Klassenzahl Grenzen gesetzt.

Mehr Pflege-Klassen? „Eine reine Kostenfrage“

Pflege – solle sie auch in Zukunft funktionieren – müsse generell neu gedacht werden muss. Auf die Basis, sprich die Pflegeassistenten zu vergessen, und nur in die Akademisierung zu investieren, löse keine Probleme, so Lissy. Momentan bringt die Diakonie 50 Pflegeassistenten pro Jahr hervor – das Klassen-Angebot zu erweitern, scheitere nur an den Kosten. Die Zukunft birgt in puncto Pflege vor allem deshalb eine große Herausforderung, weil die Menschen nicht nur immer älter werden, sondern auch, weil die Anzahl der Jungen sinkt.

Land verweist auf bestehende Förderung

Beim Land winkt man ab, schon jetzt würden die privaten Schulbetreiber mit einem sechsstelligen Betrag gefördert. Vor einem JAhr wurde eine Ausbildungsoffensive gestartet. Bis 2021 sollen 275 zusätzliche Pflegekräfte im Land ausgebildet werden, so Prettner. Einig ist man sich nur darin, dass der Bedarf an Pflegekräften in Zukunft massiv steigen wird.

CAREinthia: Erste Messe für Pfleberufe

Bei der CAREinthia handelt es sich um die erste Messe für Mitarbeiter in der Pflege. Hunderte Betroffene haben sich dabei am Wochenende über das Thema informiert.

Pfleger prangern Missstände in Heimen an

Aber schon jetzt prangern Pfleger Misstände an. Der Druck auf die Mitarbeiter in der Pflege werde immer größer, heißt es auch von der Gewerkschaft. Oft könnten Pausen nicht gemacht werden, Überstünden würden nicht ausbezahlt, weil zuwenig Personal da sei, würden Pfleger aus Pflichtgefühl krank zur Arbeit erscheinen und sogar Spritzen würden – weil Fachkräfte überlastet seien – von nicht dafür ausgebildeten Pflegern verabreicht.

Leeres Bett Pflege
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FPÖ kritisiert SPÖ und will Kostenpflicht abschaffen

Die FPÖ reagierte am Sonntag in einer Aussendung: „Die Schilderungen von Pflegefachkräften über die Personalnot“ in Kärntens Heimen seien „alarmierend“, so FPÖ-Landesparteichef Gernot Darmann, der die zuständige Sozialreferentin Beate Prettner dahingehend kritisiert. Die Ausbildung von Pflegekräften werde, so Darmann, „verhindert, bzw. so teuer macht, dass sich viele junge Interessierte das nicht leisten können“.

Es sei unhaltbar, dass Schüler der Caritas- und Diakonie-Schulen für Sozialbetreuungsberufe noch immer Schulgeld bezahlen müssten, statt „alle Möglichkeiten zu nutzen, um Fachkräfte für die Pflege zu gewinnen“. Darmann kündigte Initiativen der FPÖ im Landtag an, damit die Kostenpflicht „endlich abgeschafft“ wird.

Auch eine Pflege-Lehre hält die FPÖ weiterhin für „dringend notwendig“. Das Land Kärnten müsse sich angesichts des Personalmangels bemühen, "dass interessierte junge Leute so schnell wie möglich eine Pflegelehre beginnen können“.