Mit 150 Interessierten hatten die Organisatoren der Pflegemesse am Samstag gerechnet. Stattdessen drängten sich 400 Beschäftigte aus dem Pflegebereich in den Räumen der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft in Klagenfurt. Sie haben sich in Fachvorträgen, in Einzelgesprächen und bei Ausstellern über das Arbeitsrecht, Streßbewältigung und Fachfragen informiert.
Großer Zuspruch für CAREinthia
Bei der CAREinthia – der 1. Kärntner Messe für Beschäftigte im Pflege- und Betreuungsbereich – holten sich am Samstag hunderte Betroffene Informationen.
Private Pflegeheime arbeiten am Limit
Vor allem in privaten Pflegeheimen werde mit dem Personal am Limit gearbeitet, war am Samstag wiederholt zu hören. Der Druck steige seit Jahren – aufgrund der Arbeitsbedingungen, der Rahmenbedingungen und des Fachkräftemangels – stetig an. Die Auswirkungen seien „mehr Stress, weniger Pausen, schwierig nachzubesetzende Dienste, fehlende Kollegen und Krankenstände“ sagt „Simone“ (Anm: Name von der Redaktion geändert). Die 33 Jahre alte diplomierte Pflegefachkraft sagte in einem anonymisiert geführten Interview gegenüber dem ORF Kärnten, dass die Arbeit nur deshalb noch für sie bewältigbar sei, weil sie sich den Pflegeheimbewohnern, ihrem Arbeitgeber und ihren Kollegen gegenüber „verpflichtet fühle“.
Keine Pause oder bezahlte Überstunden
Ihre Arbeit mache sie „definitiv“ gerne. Es passiere aber oft, dass keine Pausen gemacht werden könnten oder Überstunden anfallen, die nicht finanziell abgegolten würden. Es würden Minus- und Plusstunden angehäuft und das sei ein „Riesenrucksack, den Mitarbeiter mittragen“ müssten, weil es de facto „keinen Durchrechnungszeitraum“ gebe.
CAREinthia: Erste Messe für Pfleberufe
Bei der CAREinthia handelt es sich um die erste Messe für Mitarbeiter in der Pflege. Hunderte Betroffene haben sich dabei am Wochenende über das Thema informiert.
Aufgrund der schwierigen Arbeitsbedingungen sei es außerdem nicht leicht, junge motivierte Mitarbeiter für die Pflege zu bekommen. Freizeit und Lebensqualität kämen oft zu kurz. „Man fühlt sich verantwortlich, will helfen – dann macht man diesen Job, weil er Berufung ist, oft auf Kosten der Familie, der Freizeit und eigenen Gesundheit“.
Krank zur Arbeit: „Kollegen werfen Schmerzmittel ein“
Durch den steigenden Druck gingen sie und ihre Kollegen auch krankenstandsreif arbeiten – mit Fieber zum Beispiel. Kollegen mit Kreuzschwerzen würden ebenfalls nicht nach Hause gehen. „Sie arbeiten weiter, schmeißen sich Schmerzmittel ein“.
Am Papier sei alles in Ordnung, nicht aber in der Realität, heißt es auch vom 27 Jahre alten Pflegeassistenten „Christian“. Er erzählt, dass zum Teil auch Spritzen von dazu nicht ausgebildeten Kollegen verabreicht werden müssten, Kontrollen würden wenig bringen. „Man muss es im Endeffekt selber machen, wenn die diplomierte Schwester keine Zeit hat oder es einen Notfall gibt, muss man es selber machen.“
„Man kann Spritzen nicht einfach nicht geben“
Nachsatz des Pflegeassistenten: „Man kann dem Bewohner die Spritze ja nicht einfach nicht geben.“ Die Zeit sei einfach nicht vorhanden, um rechtskonform zu agieren. Die Arbeitsbedingungen seien „einfach schlecht“. Darauf angesprochen heiße es vom Arbeitgeber, die zwei erforderlichen Mitarbeiter seien ohnehin im Dienst um „alles zu schaffen“ – notwendig seien aber mindestens drei.
Kontrollen der Landesregierung gebe es zwar und auch die Spritzenproblematik sei bei solchen Gelegenheiten angesprochen worden – nachhaltig verändert habe sich dadurch aber nichts, sagt „Christian“ der sich eine „drastische Veränderung“ der Rahmenbedingungen wünscht aber ebenfalls seinen Job nicht wechseln will. „Der Job liegt mir sehr am Herzen und wir sind bereit, jederzeit etwas zu verändern.“
Gewerkschaft: Bereits Head-Hunting auf Fachpersonal
Ralph Sternjak von der Gewerkschaft sagt, es müssten dringend zusätzliche Fachkräfte ausgebildet werden. „Es sind Massen, die fehlen, es gibt sogar schon Pro-Kopf-Prämien wenn man einen diplomierten Pfleger findet, es ist ein regelrechtges Head-Hunting ausgebrochen“.
In den letzten Monaten haben sich in Kärnten 11.700 Personen als Pfleger oder Pflegerin registrieren lassen, laut Gewerkschaft arbeiten davon etwa zehn Prozent nicht mehr, weil sie ausgebrannt sind.