Die drei Angeklagten im Gerichtssaal
ORF/Bernd Radler
ORF/Bernd Radler
Gericht

Okkultes Trio: „SMS von Gott“

Am Freitag ist der Prozess gegen ein okkultes Frauentrio wegen Mordes, Brandstiftung und Betruges fortgesetzt worden. Die Drittangeklagte belastete die Erstangeklagte schwer. Diese hätte ihr als Medium mit Männerstimme eine Brandstiftung befohlen. Eine Zeugin sprach davon, „SMS von Gott“ erhalten zu haben.

Im Mordprozess am Landesgericht Klagenfurt sind am Freitag auch zwei Opfer der Hauptangeklagten vernommen worden. Eine Frau schilderte, dass sie der Angeklagten insgesamt rund 300.000 Euro gegeben habe. Ein älterer Herr ließ sich knapp 87.000 Euro herauslocken. Anschließend waren die Gutachter am Wort.

Mord, Brandstiftung und Betrug

In dem Prozess geht es um Betrug, Brandstiftung und Mord. Eine der Angeklagten hatte im Oktober 2018 in Villach eine 72 Jahre alte Frau erdrosselt und mehrere Brände gelegt. Die 44-Jährige gab die Taten zu, will aber im Auftrag der 48-Jährigen gehandelt haben.

Fotos der halbverwesten Leiche im Gerichtssaal

Der mit der Obduktion beauftragte medizinische Sachverständige Wolfgang Tributsch präsentierte seine Erkenntnisse. Primär habe kein besonderer Hinweis auf Fremdverschulden vorgelegen, sagte Tributsch. Parallel dazu wurden die Fotos der halbverwesten Leiche auf die Leinwand im Gerichtssaal projiziert. Zuvor erfolgte ein Warnhinweis durch den Richter. Die Leiche war im Gesicht bereits teilweise skelettiert, ob es Gesichtsverletzungen gegeben hatte, sei daher nicht mehr feststellbar gewesen. Die Würgemale konnten jedoch am Hals noch nachgewiesen werden.

Gutachter: Mehrminütiger Todeskampf des Mordopfers

Bis die Frau tot war, mussten laut Gutachter mehrere Minuten vergangen sein. Die Schilderungen der Zweitangeklagten, wie sie ihr Opfer erwürgt habe, sind nach Aussage von Tributsch mit dem Gutachten in Einklang zu bringen. Dass das Opfer nach dem Würgen „einfach umgefallen“ sei, wie sie ausgesagt hatte, hielt er hingegen für nicht zutreffend. Es müsse einen Kampf gegeben haben, wenn auch nur einen kurzen. Auf die Frage eines Verteidigers, ob die Kräfte der Zweitangeklagten dafür ausgereicht hätten, sagte Tributsch: „Es braucht dafür keine übernatürlichen Kräfte.“

Okkultes Trio vor Gericht
APA
Die drei Angeklagten vor Gericht

Sachverständiger analysierte Brandstiftungen

Auch der Brandsachverständige erläuterte seine Ermittlungsergebnisse. Von insgesamt vier Brandlegungen qualifizierte er lediglich eine als „eingetretene Feuersbrunst“. In zwei Fällen hätte es zu einem Großbrand kommen können, wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt worden wären – beim letzten Feuer übrigens durch die Polizei. Die erste Brandlegung hingegen sei untauglich gewesen, das kleine Feuer von selbst erloschen. Beim größten Brand hätten die Flammen auch auf andere Gebäude übergreifen können, ebenso beim letzten Feuer. In beiden Fällen befinden sich laut dem Sachverständigen mehrere Wohnhäuser in unmittelbarer Umgebung.

Zeugin erhielt „unzählige SMS von oben“

Ein Zeugin – sie überließ der Hauptangeklagten rund 300.000 Euro – war über Heilmassagen mit der 48-Jährigen in Kontakt gekommen. Sie habe sich beeinflussen lassen, die Abhängigkeit sei so weit gegangen, dass sie eine Veruntreuung begangen habe. Sie erzählte, unzählige SMS „von oben“ – also von „Gott“ – erhalten zu haben. Woher sie wisse, dass diese „von oben“ gekommen seien? „Das ist mir gesagt worden“, sagte sie. Sie habe von der Erstangeklagten „oder dem Herrgott“ aufgetragen bekommen, alle diese SMS zu löschen. Irgendwann habe sie damit aber aufgehört und die Nachrichten gespeichert.

Wolfgang Blaschitz, Verteidiger der Zweitangeklagten, wollte wissen, ob die Nachrichten von „Gott“ vom Handy der Erstangeklagten weitergeleitet worden seien. Antwort der Zeugin: „Nein, das war von ihrem Handy, das hat sie geschrieben, wenn sie in Trance war.“ Kommentar des Anwalts: „Also die Telefonnummer von Gott ist ihre.“

Auch wegen Brandstiftung schwer belastet

Die 62-jährige Drittangeklagte belastete die 48-jährige Hauptangeklagte bezüglich der Brandstiftung schwer. Diese habe sie dazu gebracht, die Zweitangeklagte, eine 44-jährige Ungarin, an den Brandort nach Umberg zu fahren. „Ich muss dem Himmel helfen“, sagte sie als Begründung. Die Ungarin hatte bereits den Mord an einer Villacher Pensionistin gestanden, dieser sei ihr von der 48-Jährigen befohlen worden. Diese streitet alles ab.

Taten mit veränderter Stimme befohlen

Die Drittangeklagte, die mit dem Mord in Villach nichts zu tun hat, schilderte den Hergang der letzten Brandstiftung völlig anders als die Erstangeklagte. Sie sei von der 48-Jährigen ersucht worden, die 44-Jährige zum Ort der Brandstiftung zu fahren. Man habe über andere Dinge gesprochen, plötzlich habe die 48-Jährige eine Eingebung gehabt und mit völlig veränderter Stimme gesagt, dass es brennen müsse. „Ihr müsst mir bitte noch einmal helfen, es muss das dritte Mal brennen.“ Sie habe sich dann bereiterklärt, mitzumachen, weil sie dann nicht mehr Geld für die Erstangeklagte „aufstellen“ müsse.

Brand sollte böse Energie vernichten

Gleichzeitig begründete sie ihr Mitwirken damit, die „böse Energie muss vernichtet werden“. Sowohl sie als auch die Zweitangeklagte hätten das nicht tun wollen, „es war ganz komisch“. Auf der Fahrt zum Ort der Brandstiftung habe sie unterwegs einen Zwischenstopp gemacht, „weil ich das Gefühl hatte, die Polizei fährt mir nach“. Die Polizei überwachte zu dem Zeitpunkt den Ort der Brandstiftung bereits, weil es schon vorher mehrfach gebrannt hatte. Die tiefe Stimme habe den Frauen auch befohlen, nach der Brandstiftung im Dorf zu bleiben. Dort wurden die Zweit- und Drittangeklagte dann von der Polizei geschnappt.

Brandruine Umberg
ORF
Der Stall mitten in Umberg brannte ab

Sie hätte die Tat doch aber auch ablehnen können, meinte der vorsitzende Richter Dietmar Wassertheurer. Die 62-Jährige antwortete: „Ich habe gedacht, ich muss dem Himmel helfen, weil wenn es keinen Herrgott mehr gibt, dann ist alles aus.“ Rückblickend betrachtet, sei „das alles ein Wahnsinn gewesen“, sie sei jedenfalls froh, dass es beendet sei. Auf die Frage, was sie damit meine, sagte sie: „Das Geld bringen und alles.“

Job in Wiener Spital vorgegaukelt

Breiten Raum nahmen im randvollen Schwurgerichtssaal auch die zahlreichen Ausflüge nach Wien ein, welche die Drittangeklagte mit der Hauptverdächtigen unternommen hatte. Diese hatte behauptet, in Wien als Energetikerin gearbeitet zu haben. Die 62-Jährige widersprach dem, man sei nach Wien gefahren, um solches vorzutäuschen. Deshalb seien die beiden auch gemeinsam zum Donauspital gefahren, um Fotos zu machen. Mit diesen hätte die 48-Jährige ihrem Mann vorgaukeln können, einen Job zu haben. Auch im AKH habe man Fotos gemacht. Tatsächlich gearbeitet hätten beide aber in Wien nicht.

Warum sie das alles gemacht habe, könne sie heute nicht mehr erklären. Der Hauptangeklagten komme aber ebenfalls keine Schuld zu, denn sie habe alles „von oben“ befohlen bekommen. Davon zeigte sich die 62-Jährige auch am Freitag noch felsenfest überzeugt. Gleichzeitig beteuerte sie, dass so etwas nie mehr vorkommen könne. Gleich mehrere Geschworene stellten diesbezügliche Fragen und zeigten sich sehr skeptisch, zumal die Angeklagte zugab, weiterhin vom Vorhandensein von „Medien“, die göttliche Anweisungen gäben, überzeugt zu sein.

Schmuck von Ermordeter übergeben

Der Drittangeklagten wurden mehrere Schmuckstücke gezeigt, sie identifizierte ein Medaillon, das sie von der Erstangeklagten erhalten habe, um es für sie ins Dorotheum zu bringen. Der Erstangeklagten sei es „von oben“ verboten worden, etwas zu verpfänden. Sie dürfe auch keine Bank betreten, da es dort Kameras gebe. Das Medaillon stammte aus der Wohnung der ermordeten Villacherin und war von der Zweitangeklagten nach dem Mord mitgenommen worden. Laut Anklage hatte die 44-jährige, unmittelbare Täterin den Schmuck der Erstangeklagten übergeben.

Staatsanwältin Bettina Dumpelnik wollte dann wissen, warum das „Medium von oben“ mit seinen Anweisungen stets die Erstangeklagte schütze, während die anderen beiden ins Feuer geschickt würden. Die Angeklagte konnte sich das nicht erklären. Ebenso wenig konnte sie erklären, wie es gekommen war, dass sie insgesamt 300.000 Euro an die Erstangeklagte übergeben hatte. Diese Summe umfasste auch Gelder ihrer Familie. „Ich habe sogar meinen Sohn bestohlen“, sagte sie unter Tränen.

Urteil für Dienstag erwartet

Damit waren die Vernehmungen der Angeklagten vorerst abgeschlossen. Befragt wurden auch Polizeibeamte, die in den Fall involviert waren. Eine Beeinflussung bei den Vernehmungen, wie von der Erstangeklagten mehrfach vorgeworfen, bestritten sämtliche Polizisten. Einer von ihnen, der in der Betrugscausa gegen die Erstangeklagte ermittelt hatte, bezifferte die Gesamtschadenssumme mit etwa zwei Millionen Euro.

Die Verhandlung wurde auf Dienstag vertagt, da soll der psychiatrische Sachverständige sein Gutachten präsentieren. Voraussichtlich wird es am Dienstag auch ein Urteil geben.