Szenenbild „Der Parasit“ am Stadttheater Klagenfurt
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Kultur

Stadttheater zeigt Schillers einzige Komödie

Die einzige Komödie, die Friedrich Schiller jemals geschrieben hat, heißt „Der Parasit“. Als Koproduktion mit dem Landestheater Niederösterreich ist das selten gespielte Werk bis 14. Februar 2020 am Stadttheater Klagenfurt zu sehen.

Der Typus des Schillerschen Parasiten ist zeitlos: Es gibt ihn immer und überall. Als Opportunist, der es sich zu richten weiß. Als Arbeits-Kollegen, der mit dem Chef zum Golfen geht. Als gelderveruntreuenden Funktionär oder skrupellosen Politiker.

Bei Schiller ist es der hohe Beamte Selicour, ein Heuchler an Talent und Tugend, wie es heißt, bei dem Manipulation und Machtgewinn ganz oben auf der Agenda stehen.

Szenenbild „Der Parasit“ am Stadttheater Klagenfurt
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Der neue Minister tritt an – die Begehrlichkeiten sind groß

Kein Wortwitz aber eine „Intrigenkomödie“

Auf Geheiß seines Herzogs eine Komödie zu verfassen, übersetzt Friedrich Schiller im Jahr 1803 Louis Benoit Picards Komödie aus dem Französischen ins Deutsche. Den eigentlichen Verfasser lässt er ungenannt. Auch hier ließe sich also ein parasitischer Ansatz vermuten: Tatsache ist jedoch, dass Urheberrechte im 19. Jahrhundert keine große Rolle spielten.

Als reine Textversion ist Schillers Komödie, von der wohl die wenigsten wissen, dass eine solche überhaupt existiert, kein sprichwörtlicher „Heuler“. Wortwitz sucht man in „Der Parasit oder die Kunst, sein Glück zu machen“ vergebens, sagt Hans Mrak, Dramaturg am Klagenfurter Stadttheater: „Der Text ist pointenlos, das muss man einfach einmal so sagen. Das Ganze bedient den typischen Komödienmechanismus des Verstellens, Versteckens und Verbergens. Es ist eine Intrigenkomödie.“

Szenenbild „Der Parasit“ am Stadttheater Klagenfurt
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Mama und Tochter des Ministers ticken völlig unterschiedlich

„Ibiza lässt grüßen“: Polit-Skandal steht im Mittelpunkt

Und also solche trifft „der Parasit“ den Nerv unserer Zeit: Während der in St. Pölten absolvierten Probenphase zum Parasiten befand sich Österreich gerade mitten im Wahlkampf zur vorgezogenen Nationalratswahl nach der Ibiza-Affäre.

Ein politischer Skandal ist es ja auch, der die Kugel in Schillers Stück ins Rollen bringt: Der Minister ist zurückgetreten, ein neuer tritt an. Selicour will die Karriereleiter weiter hinauf und auch die Hand der Ministerstochter. Seine Kollegen versuchen dem Intriganten das Handwerk zu legen.

Nur der böse Selicour darf seine menschliche Seite zeigen

Regisseur Fabian Alder spickte das Stück mit Slapstickelementen. Alle Schauspieler stecken in denselben überdimensionalen Anzügen in Kastenform – nur Bösewicht Selicour darf hin und wieder aus der Rolle, sprich dem Kasten, schlüpfen. Gespielt wird er von Tobias Artner. Er sagt, Selicour habe es gut, den Kasten manchmal abzusetzen, um das Menschliche zu zeigen und dann aber wieder durch das Bürohafte auf Linie zu sein: „Dafür ist das das eigentliche Mittel.“

Stadttheater Klagenfurt zeigt „Der Parasit“

Friedrich Schiller hat Zeit seines Lebens eine einzige Komödie geschrieben: „Der Parasit – oder die Kunst sein Glück zu machen“. Das selten gespielte Werk ist am Stadttheater Klagenfurt zu sehen.

Zum Bühnenbild: „Es bewegt dich – nicht andersrum“

Bühnenbildner Thomas Garvie stellt das Ministerium als Turm mit endlosen Korridoren dar, der sich wie ein Karussell im Kreis dreht – eine Metapher für den Lauf der Welt. Garvie: „Wir eben auf einem Karussel – man setzt sich drauf, man bewegt sich in die eine oder die andere Richtung – aber es bewegt dich, nicht andersrum.“

Szene Der Parasit am Stadttheater Klagenfurt
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Seines Anzugkastens entledigt zeigt Selicour auch menschliche Seiten

Schillers „Happy End“ wird von der Realität eingeholt

Den schablonenhaft Schluss Schillers, bei dem am Ende das Gute siegt und Selicour entlarvt wird, haben die Theatermacher realistisch ergänzt. „Selicour“ Tobias Artner sagt dazu: „Die Leute sind korrumpierbar und es ist ein Amt, das ausgefüllt werden muss, das ganz klare Vorgaben hat und wo dann einfach der nächste in dieses Amt kommt. Es geht aber darum zu überlegen, wofür steht eigentlich dieses Amt? Um eine systematsische Struktur, die hier exisitert. Warum kommen Leute dazu, sich einen Vorteil verschaffen zu müssen?“

Information

Regie: Fabian Alder
Bühne: Tommy Garvie
Kostüme: Johanna Lakner
Dramaturgie: Julia Engelmayer, Hans Mrak
Darsteller: Tobias Artner, René Dumont, Heike Kretschmer, Emilia Rupperti, Rafael Schuchter, Dominic Marcus Singer, Petra Strasser, Tobias Voigt