Das lila Dreieck der Zeugen Jehovas im Konzentrationslager
Coreyjo/https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7436210
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Religion

Schicksal der Zeugen Jehovas in NS-Zeit

Juden mussten in der NS-Zeit gelbe Sterne tragen, Zeugen Jehovas einen violetten Winkel, ein Dreieck. Ihre Verfolgung war bisher nicht gut erforscht, deswegen bemüht sich das Rechercheteam Lila Winkel, sich einen Überblick über die Lage in Kärnten zu verschaffen.

Seit zehn Jahren sind die Zeugen Jehovas in Österreich als Glaubensgemeinschaft staatlich anerkannt und haben derzeit 26.000 Mitglieder. In den 1930er Jahren waren sie mit rund 500 Frauen und Männern nur eine verschwindend kleine Gruppe, sagte Peter Stocker vom Verein Lila Winkel. Dennoch wurden sie von der ersten Stunde an verfolgt: „Um das zu unterbinden, dass es noch mehr Wehrdienstverweigerer geben könnte und dass der Gedanke des nicht Kämpfens um sich greift.“

Hermann Göschler
Privat
Hermann Göschler

Die Vorfahren von Peter Stocker am Techelsberg wurden hingerichtet oder kamen in Umerziehungslager. Sie weigerten sich aus Glaubensüberzeugung, eine Waffe in die Hand zu nehmen oder den Krieg zu unterstützen. „Wehrkraftzersetzung war der Titel der Nationalsozialisten, wenn sich jemand geweigert hat, im Heer zu dienen.“

Müttern Kinder weggenommen

In den Konzentrationslagern wurde den Zeugen Jehovas, den Bibelforschern, wie sie damals genannt wurden, ein lilafarbenes Dreieck als Erkennungsmerkmal angeheftet. Davon leitet sich auch der Vereinsname Lila Winkel ab. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit der Dokumentation und Aufarbeitung des Schicksals unschuldiger Opfer.

Gemeinsam mit Wissenschaftlern und Historikern wurden Lebensberichte verfasst, so der Germanist Josef Schneeweiß: „Es gab ca. 100 Zeugen Jehovas in Kärnten, die Opfer des NS-Systems wurden, sie litten in Kärntner Gefängnissen an Hunger und Krankheiten. Müttern wurden die Kinder genommen und in NS-Erziehungslager gesteckt.“ Die ersten Hinrichtungen von Zeugen Jehovas erfolgten in der ersten Dezemberwoche des Jahres 1939. 80 Jahre später findet am Freitag, dem 6. Dezember, in der Gemeinde Techelsberg eine Gedenkveranstaltung statt.

Familie Wohlfahrt aus Techelsberg
Privat
Familie Wohlfahrt. Gregor Wohlfahrt sen. (Dritter von rechts) und Gregor Wohlfahrt jun. (ganz links) starben unter der Guillotine. Franz Wohlfahrt (Dritter von li.) war im KZ-Außenlager Rollwald, Deutschland, inhaftiert. Barbara Wohlfahrt (Zweite von re.) wurden die Kinder Ida (Bildmitte hinten), Anna (links vorne), Willibald (vorne Mitte) und Kristian Wohlfahrt (ganz re.) weggenommen und in NS-Erziehungsheime gebracht; Willibald starb auch dort.

Nur sechs überlebten

In Techelsberg lebten damals rund 26 Zeugen Jehovas, acht wurden hingerichtet, sieben enthauptet und einer starb in der Gaskammer. Sechs Personen starben in Konzentrationslagern sowie Gestapogefängnissen, eine weitere starb unmittelbar nach dem Krieg an Typhus. Nur sechs jener Zeugen Jehovas überlebten die Arbeits- und Konzentrationslager laut dem Nationalfonds Österreich für Opfer des Nationalsozialismus. 2017 wurde eine Gedenktafel für die Opfer errichtet.

Laut Schneeweiß bemühte sich ein Rechercheteam, einen Überblick über die Verfolgung dieser christlichen Gruppe in Kärnten zu verschaffen und lädt am Freitag, 6. Dezember 2019 um 17.00 Uhr, zu einer Gedenkveranstaltung nach Töschling in der Gemeinde Techelsberg beim Fremdenverkehrsamt.