Felsbrocken bedrohen Häuser in Feld am See
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Chronik

Feld am See: Felsbrocken bedrohen Häuser

Nach den Unwettern in Kärnten beruhigt sich die Lage nur langsam. Vor allem die Situation in Oberkärnten bleibt angespannt. In Feld am See bedrohen riesige Felsbrocken oberhalb des Ortes die Siedlung. Eine Sprengung ist nicht möglich. Der Zivilschutzalarm in Feld am See ist weiterhin aufrecht. Am Donnerstag um 13.30 Uhr tagt der Landeskrisenstab.

Fachleute machten sich am Mittwoch an Ort und Stelle ein Bild von der Bedrohung, die Felsen befinden sich im steilen Gelände mitten im Wald, neben einem Bach, sie dürften regelrecht ausgeschwemmt worden sein. Fest steht nun, eine Sprengung wäre viel zu gefährlich, die Erschütterungen könnten zu weiteren Murenabgängen in Feld am See führen, weshalb nun am Donnerstag Pioniere des Bundesheeres beginnen wollen, den Fels direkt im Wald abzutragen. „Offensichtlich war das Risiko einer Sprengung zu groß. Der Felsen wird nun gesichert und mechanisch abgetragen“, sagte Bernd Riepan, der Bezirkshauptmann von Villach-Land.

Felsbrocken bedrohen Häuser in Feld am See
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Häuser in Feld am See sind von Steinschlag bedroht

„Die Sprengung ist kein Thema, weil wir den Stein, sollten wir ihn sprengen, im hinteren Bereich locker machen würden, und das könnte die 150 Kubikmeter, die hinten lagern, auch noch mitreißen. Das Bundesheer hat entschieden, dass der Stein zuerst provisorisch gesichert wird, dann werden Ankerbolzen gebohrt, die werden verklebt, und dann wird versucht, über die Strecke von mehr als 200 Meter den Stein ins Tal zu bringen. Wir planen das Freitagfrüh zu bewerkstelligen“, so Feuerwehr-Einsatzleiter Wolfgang Maier.

Evakuierungen bleiben aufrecht

In Feld am See bleiben nach wie vor 15 Häuser evakuiert, die durch Steinschlag bedroht sind. „Es waren dramatische Minuten. Meine Schwägerin ist zu mir gekommen und hat gesagt, dass der Bach ganz dunkelbraun ist“, so Evelyne Rauter. Auch Schwägerin Elfriede Harmtodt musste mit ihrer Familie das Haus verlassen. „Ich wohne ganz neben dem Bach. Ich habe die Feuerwehr verständigt, weil der Bach ganz dunkelbraun war. Dann ist alles ganz schnell gegangen, wir sind in den ersten Stock hinauf und dann haben sie unten geklopft und gesagt, wir müssen ausziehen.“

Zivilschutzalarme und -warnungen

Die Zivilschutzalarme in Berg im Drautal, Obervellach und Mallnitz wurden aufgehoben. Zivilschutzalarme gelten noch in Feld am See und Zandlach in der Gemeinde Reißeck. Für Flattach gilt eine Zivilschutzwarnung.

Auch in Stall im Mölltal wurde am Mittwoch eine Siedlung geräumt, und zwar die Häuser unmittelbar an jenem Bauernhof, dessen Schweinestall von einer Mure bedroht ist. „Wir sind evakuiert worden. Die Geologen konnten nicht genau sagen, wie viel Geröll herunterkommt. Deshalb mussten wir evakuiert werden“, so Anrainer Alexander Pussnig. „Es sind etwa 30 Häuser und etwa 70 bis 80 Personen, die evakuiert wurden“, so Pussnig weiter.

Heiligenblut wieder zugänglich

Heiligenblut ist seit Dienstagabend wieder über die Straße erreichbar, dennoch herrscht auch dort noch Lawinengefahr für die abgelegenen Höfe und Siedlungen. Insgesamt fielen in Heiligenblut dreieinhalb Meter Schnee. Gefahr herrsche aber auch für die Einsatzkräfte beim Räumen der Straßen und Wege, sagte Peter Suntinger von der Lawinenkommission. „Wir haben glücklicherweise vier Bergführer überall bei unseren Räummannschaften dabei, sodass das den Fahrern schon eine Sicherheit gibt. Die wissen, dass die Bergführer das Gelände vorweg kontrollieren. Natürlich muss ich aber auch sagen, dass es nach wie vor keine Situation ist, wo man einfach zur Tagesordnung übergehen kann.“ Die Güterwege bleiben weiterhin gesperrt.

Heiligenblut im Schnee
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In Heiligenblut fielen rund dreieinhalb Meter Schnee

Familie Brandstätter vom Anderlebauern war eine Woche eingeschneit, seit Freitag ist hier auch der Strom weg. „Man kann gar nichts tun, man muss sich den Handyakku einteilen. Es ist wirklich eine Ausnahmesituation“, so Magdalena Brandstätter. Auch zentral gelegene Häuser im Ortszentrum waren eine Woche unerreichbar. „Mit dem Essen war es eigentlich kein Problem. Ich war eigentlich ganz froh, weil die Tiefkühltruhe endlich ein wenig leerer geworden ist“, sagte Karl Pichler aus Heiligenblut mit einem Schmunzeln.

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Dach von zerstörtem Stall in Zwemberg
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Dach von zerstörtem Stall in Zwenberg
Teilweise zerstörter Stall
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Teilweise zerstörter Stall
Kühe in teilweise zerstörtem Stall
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Kühe in teilweise zerstörtem Stall
Zerstörtes Wirtschaftsgebäude in Zwenberg im Mölltal
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Zerstörtes Wirtschaftsgebäude in Zwenberg im Mölltal
Dachbereich des zerstörten Wirtschaftsgebäudes in Zwenberg
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Dachbereich des zerstörten Wirtschaftsgebäudes in Zwenberg

Zwenberg: Kuhstall mitgerissen

In der Ortschaft Zwenberg hoch über Reißeck wurde ein ganzer Kuhstall von einem gewaltigen Erdrutsch in die Tiefe gerissen. Die Bäuerin arbeitete zu diesem Zeitpunkt gerade im Gebäude. „Als der Erdrutsch passiert ist, ist mir eingefallen, dass meine Frau im Stall war. Dann bin ich heruntergelaufen und habe nach ihr geschrien. Nach dem dritten oder vierten Mal hat sie dann geantwortet. Sie war glücklicherweise nicht im Stall, denn ich hätte keine Chance gehabt, da hineinzukommen. Sie hat mir dann erzählt, dass sie durch die Wucht des Erdrutsches quasi aus der Tenne herausgeschleudert wurde“, so Landwirt Michael Grechenig.

„Beim Haus sind die Muren auch nach der Reihe heruntergekommen. Da bin ich dann hinein und habe die Kinder und meine Mutter geholt. Wir haben nur das Nötigste mitgenommen. Dann sind wir abgehaut. Ich habe dann mit dem Schneepflug eine Spur durch den Schlamm gezogen. Als wir uns dann ins Auto setzen wollten, kam die Feuerwehr. Meine verletzte Frau wurde dann von der Polizei mitgenommen“, schilderte Grechenig weiter. Von den 24 Rindern konnte der Großteil gerettet werden, vier Kühe und zwei Kälber befinden sich noch immer im verschütteten Stall.

Mallnitz weiterhin abgeschnitten

Mallnitz ist weiterhin von der Umwelt abgeschnitten. Die Mallnitzer Straße (B105) bleibt aufgrund von Lawinen und umgestürzten Bäumen gesperrt, am Mittwoch wird aber schon an einer Umfahrung gebaut, am Donnerstag soll dann ein Geologe entscheiden, ob diese Umfahrung auch für den Verkehr freigegeben werden kann. Bürgermeister Günther Novak hofft, dass der Ort im Lauf des Donnerstages wieder erreichbar sein wird. Die Straße zwischen Obervellach und Flattach ist nur über eine Ersatzstraße einspurig befahrbar.

Schaden im dreistelligen Millionenbereich

Ernüchterung herrschte nach Erkundungsflügen in den betroffenen Gebieten im Bezirk Spittal. „Praktisch in jeder Ortschaft hat es Murenabgänge, Überschwemmungen und Hangrutschungen gegeben, die manchmal bis in die Ortskerne Verwüstungen angerichtet haben“, teilte das Bezirksfeuerwehrkommando Spittal an der Drau mit.

Gerhard Schöffmann, Vorstandsdirektor der Kärntner Landesversicherung, rechnet mit hohen Unwetterschäden im Privatbereich: „Der Gesamtschaden wird mindestens im dreistelligen Millionenbereich liegen“, sagte Schöffmann. Die Schäden an kommunalen Einrichtungen und Straßen ließen sich noch gar nicht abschätzen. Allerdings sagte Schöffmann, dass der versicherte Schaden bei Hochwasser und Vermurung sich nur auf einen Betrag um die zehn Millionen Euro belaufen werde: „Das deckt die tatsächlich eingetretenen Schäden bei Weitem nicht ab“, so Schöffmann.

Gebrochene 110-kv-Hochspannungsleitung der Kärnten Netz GmbH im Hochgebirge zwischen den Umspannwerken Außerfragant und Oberdrauburg
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Der schwere Schnee knickte eine 110-kV-Hochgebirgsleitung zwischen Außerfragant und Oberdrauburg

Mast geknickt

Wie schwer der Schnee ist, zeigt auch ein Mastbruch bei der 110-kV-Hochgebirgsleitung der Kärnten Netz GmbH zwischen den Umspannwerken in Außergragant und Oberdrauburg. Ein Mast ist geknickt, weitere sind beschädigt. Noch wirkt sich das Gebrechen nicht auf die Versorgung aus, sagte Robert Schmaranz von der Kärnten Netz, da es sich um eine Ringleitung handelt. Nach wie vor sind 50 Haushalte im Mölltal ohne Strom, und zwar in den lawinengefährdeten Seitentälern. Wiederhergestellt ist die Versorgung im Lesachtal.

Einige Schulen bleiben geschlossen

Auch einige Schulen bleiben geschlossen. Die Volksschulen Flattach, Heiligenblut und Stall im Mölltal bleiben am Donnerstag und Freitag zu. Am Donnerstag bleibt die Schule auch in Baldramsdorf zu. Wieder geöffnet haben am Donnerstag die Schulen in Großkirchheim und Mörtschach.