Die Pressekonferenz zum Welttag der Kinderrechte
Dieter Arbeiter
Dieter Arbeiter
Soziales

Drei Jahrzehnte Kinderrechte

Am 20. November wird der Tag der Kinderrechte gefeiert. Vor 30 Jahren hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen die „Kinderrechtskonvention“ beschlossen. Auch in Kärnten bemühen sich Einrichtungen um die Einhaltung dieses Rechts und geben Kindern eine eigene Stimme.

Anna Weratschnig und Marina Hribernig sind angehende Kindergärtnerinnen und haben in der Schule ein spannendes Projekt zum Thema Kinderrechte gemacht, dass sie bis vor den UN-Kinderrechte-Ausschuss nach Genf gebracht hat. Die beiden wollten vor allem die Rechte auf Privatsphäre, elterliche Fürsorge und auf Freizeit und Spiel ansprechen.

Die Schülerinnen Anna Weratschnig und Marina Hribernig im Hintergrund der Kinderrechtskompass
Dieter Arbeiter
Anna Weratschnig und Marina Hribernig vor dem Kinderrechte-Kompass

Kinderrechte Kompass

Die beiden suchten, gemeinsam mit ihrer Klasse, die zehn wichtigsten Rechte heraus. Dabei suchte jede Gruppe einen Hashtag (#) zu einem bestimmten Recht heraus, diese schnitten sie dann aus Papier aus und legten sie in der Form eines Kompass auf. Die Hashtags waren unter anderem #ichbinich oder #passaufmichauf.

Beide waren gemeinsam mit sieben Jugendlichen bei der Kinderrechtsprüfung in Genf, wo auch eine Tirolerin mit der Krankheit Trisomie 21 dabei war. Ihre Rede über das Recht auf Gleichheit beeindruckte und berührte die angehenden Kindergärtnerinnen sehr. In dieser Diskussion brachten sie sich mit dem Recht auf Privatsphäre ein. Wobei es da nicht nur um ein eigenes Zimmer geht, sondern vor allem um Freizeit. Weiters sei ihnen wichtig, dass die Eltern einen richtigen Umgang mit sozialen Medien haben und keine Bilder ihrer nackten oder kranken Kinder hochladen, sagte Weratschnig.

Sendungshinweis

Von 15.00 bis 16.00 Uhr gibt es in Radio Kärnten eine Expertenrunde zu diesem Thema

Schubladendenken in Gesellschaft

Für Hribernig ist auch das sogenannte „Gender X“ wichtig. Das bedeutet, dass sich die Kinder heutzutage nicht einem Geschlecht zuteilen, sondern beides sein wollen. Nur weil sie und auch anders farbige oder anders orientierte Menschen nicht der Norm entsprechen, seien sie trotzdem gleichwertig, sagte Hribernig. Der Eigenwille soll gestärkt werden, und Kinder sollen das tun, was sie tun wollen und ihren eigenen Weg gehen, so Hribernig. Dabei sollen die Kinder gestärkt und unterstützt werden.

Durch dieses Projekt bekamen die beiden einen anderen Zugang zum Thema Kinderrechte. „Mir fällt auf, dass Kinderrechte sehr oft misshandelt werden und da einfach nicht darauf geachtet wird“, so Weratschnig. In Zukunft wolle sie mehr darauf schauen, dass diese Rechte eingehalten werden und Kinder auch auf ihre Rechte aufmerksam machen.

Die Klasse beim Kinderrechts-Ausschuss in Genf
Privat
Die Klasse beim UN-Kinderrechte-Ausschuss in Genf

Workshops an Schulen

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft Kärnten (Kija) bietet kostenlose Workshops an den Schulen an, um auf die Rechte aufmerksam zu machen. Diese dauern knapp zwei Stunden und werden von der Psychologin Romana Bürger geführt. Das Motto dieser Workshops lautet „Nur wenn man über die eigenen Rechte Bescheid weiß, darf und kann man sich bei Unrecht wehren“. Auch Zivilcourage sei ein wichtiges Thema. Hier sei die Kija einer von vielen Partnern, an die sich ein Kind wenden könne, sagte Bürger.

An der NMS Viktring fand so ein Workshop statt. Die Kinder wussten bereits viel über ihre Rechte, konnten aber auch einiges dazu lernen, sagte einer der Schüler. Ein Schüler könne es sich nicht vorstellen, ohne diese Rechte zu leben und findet es „zach“, dass einige gleichaltrige diese Rechte nicht haben. Dennoch müssen Kinder auch ihre Pflichten einhalten und nicht nur auf die Rechte beharren.

Großes Thema Mobbing

Durch diesen Workshop bekamen einige Kinder auch einen anderen Blickwinkel, vor allem auf das Thema Cybermobbing. Niemand sollte wegschauen, wenn es um Cybermobbing geht, sagte eine Schülerin.

Die Lehrerin der Klasse, Frau Zager sagte, dass sie zwar schon öfter mit den Kindern über ihre Rechte und auch Mobbing gesprochen habe. Dieses Thema könne man aber nicht oft genug behandeln und so habe sie das Angebot der Kija angenommen. Durch die Behandlung dieses Themas verändere sich die Herangehensweise der Kinder bei Konflikten, so die Lehrerin.

Besondere Hausordnung

Kärntens Kinder- und Jugendanwältin Astrid Liebhauser hat eine generationenfreundliche Hausordnung geschaffen. Im Grunde genommen besagt sie, dass man aufeinander Rücksicht nehmen soll zum Beispiel, wenn laut Musik gespielt wird oder wie am Spielplatz umzugehen sei. Hier geht es gezielt um Wohnanlagen, wo mehrere Familien unter einem Dach leben. An diese Hausordnung sollen sich, wenn möglich, alle halten.

Mediator Rudolf Mang sagte, dass Auslöser für Streitigkeiten oft ganz banale Dinge wie, Hundegebell oder das Türenschlagen sei. Auch Kinder die in der Wohnung spielen werden zunehmend zu einem Problem für andere Bewohner des Hauses. Diese Entwicklung sei für Mang schade. In der Stadt Klagenfurt gebe es im Jahr 100 bis 150 Fälle und es sei kein unwesentlicher Teil, bei dem Kinder betroffen sind, so Mang.

Kinderfreundliche Hausordnung zum Download

Lösung meist einfach

Mang versuche die Lösung immer mit der Darstellung der juristischen Lage zu finden. Dabei müsse man zwischen Geräusch und Lärm unterscheiden. Lärm muss ungebührlich, störend und vermeidbar sein. Diese Dinge könne ein Kleinkind nicht erfüllen, sagte der Mediator. Für Mang sind spielende Kleinkinder ein schönes Geräusch und sicher kein Lärm.

Manche Probleme werden schnell durch Gespräche geklärt, bei manchen müsse man aber auch weiter gehen. Mang sagte, dass ein Anfangs großes Problem einfach gelöst wurde, indem das Kinderzimmer mit dem Elternschlafzimmer getauscht wurde und somit der Lärm im darunter liegenden Schlafzimmer des Nachbarn minimiert wurde.

Viele Kinder erfahren Gewalt in Erziehung

Allein in Kärnten erfahren 22.000 Kinder Gewalt in der Erziehung und das ist rund ein Viertel. Raphael Schmidt, Leiter der Kinderschutzstelle Kärnten, sagte, dass diese Gewalt in vielfältiger Art und Weise vorkomme. „Das ist weit mehr als das Schlagen, die Ohrfeige oder das zupacken. Gewalt ist vor allem die seelische Gewalt“, so Schmidt. Durch diese Facetten werde der Gewaltbegriff noch etwas breiter.

Durch die Dimensionen der Vernachlässigung werde dieser Begriff noch weiter gefächert. Dies fange schon bei ungewaschenen Kleidern an und gehe bis zur Vernachlässigung der Ernährung. Hier seien sowohl zu wenige, als auch zu viele Grenzen nicht förderlich, sagte Schmidt.

Tricks zur Gewaltvermeidung

Schmidt kennt einfache Tricks, um nicht zur Gewalt in der Erziehung greifen zu müssen. Am einfachsten sei es, bei einem Streit mit dem Kind, einfach durchzuatmen bevor reagiert werde. Überlegen wie es zu dieser Situation kam und dann darüber reden, was gerade passiert sei. Einfach in einen anderen Raum gehen und abkühlen sei ebenso gut.

Sollte dennoch Gewalt angewendet werden, dann müsse man sich auch dafür entschuldigen können. Eltern sollen sich auch entlasten und Unterstützung im nahem Umfeld suchen, damit sie dem Kind das geben können, was es brauche, so Schmidt.

Immer Hilfe suchen

Eltern die Gewalt ausüben, tun dies oft weil sie überfordert seien. Meistens passiere Gewalt nicht aus böswilliger Absicht. Das seien Reaktionen, wo kein Ausweg mehr gefunden werden kann, sagte Schmidt.

Die zahlen, bei Gewalt gegen Kindern seien, so schlimm es klingt, normal. Deshalb solle man den ersten Schritt zu einer professionellen Hilfe wagen und sich bei Beratungsstellen melden, um dem Kind wieder eine gute Kindheit zu ermöglichen, sagte Schmidt.