Der Schatten der Frau, dessen Mutter von dem okkulten Frauentrio ermordet wurde
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Chronik

Erstmals spricht Tochter von Mordopfer

Der Fall des okkulten Frauentrios, dem Mord, Brandstiftung und schwerer Betrug vorgeworfen wird, sorgt seit Bekanntwerden im Vorjahr für Entsetzen. Unter anderem wurde eine 72-jährige Frau getötet, wohl wegen einer geplanten Testamentsänderung. Erstmals spricht nun die Tochter des Opfers.

Am 6. Oktober 2018 wurde eine 72 Jahre alte Frau aus Villach in ihrer Wohnung mit bloßen Händen erwürgt und zwar von einer 43 Jahre alten Frau aus Ungarn. Sie ist Teil eines sektenartig organisierten Frauen-Trios aus Villach. Die Ungarin gestand den Mord bereits. Sie sei von der Haupttäterin fremdbestimmt gewesen, wie sie sagte.

Eine Tochter des 72-jährigen Mordopfers gab dem ORF Kärnten ein Interview und gab dabei tiefe Einblicke, wie die Mutter, Oma und Uroma der Familie schrittweise weggenommen wurde.

Der Schatten der Frau, dessen Mutter von dem okkulten Frauentrio ermordet wurde, links ihr Anwalt
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Die Frau möchte anonym bleiben, links ihr Anwalt Ferdinand Lanker

Spürte, dass im Hintergrund jemand ist

Das Interview mit der Tochter des Mordopfers fand in der Kanzlei ihres Rechtsanwaltes Ferdinand Lanker in Klagenfurt statt. Er sei eine wichtige Stütze in den vergangenen, belastenden Monaten gewesen, betonte die Frau, die anonym bleiben will. Ihre Mutter habe ein Problem mit Nähe und Distanz gehabt, deshalb habe es immer wieder Phasen gegeben, in denen es keinen Kontakt gab, so die Frau.

Wohl deshalb sei es zumindest anfangs auch nicht aufgefallen, dass die Mutter offenbar fremdbestimmt den Kontakt oft wochenlang abgebrochen hatte. Das habe sich mit der Zeit aber geändert, sagte die Tochter des Opfers: „Man hat das richtig gespürt, dass es im Hintergrund jemanden gibt, der im Hintergrund zieht, ich habe aber nicht gewusst, wer das ist, was das ist, ob das eine Organisation oder eine Einzelperson ist. Man hat immer nur gespürt, dass da wer zieht im Hintergrund.“

Erfundene Geschichten aufgetischt

Heute weiß die Tochter, dass das sektenartige Frauentrio dahinter steckte. Mit psychologischem Geschick dürften die Frauen wunde Punkte in der Familie aufgespürt haben, die sie ausnutzten, um erst an Vertrauen und später an Geld zu kommen. Unter anderem mit diesen erfundenen Geschichten, wie die Tochter des Opfers erzählt: „Es wurde ihr gesagt, dass ein Antrag läuft, dass ich sie unter Sachwalterschaft stellen möchte. Ich kann meiner Mutter da ein Stück weit gut nachvollziehen, dass sie da sehr enttäuscht war. Man hat ihr das Handy mit der Lüge weggenommen, dass sie von mir überwacht wird, dass sie abgehört wird. Deswegen gab man ihr ein Wertkartenhandy, dessen Nummer sie niemanden weitergeben sollte“, so die Frau.

Brandruine Umberg
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Neben Mord und schwerem Betrug steht das Frauentrio ab Dienstag auch wegen Brandstiftung vor Gericht

„Wollte sie an der Hand nehmen“

Das spätere Mordopfer sprach nur einmal mit ihrer Tochter über mögliche Taktiken des sektenartigen Trios. „Wo ich dann gesagt habe, das geht nicht mit rechten Dingen zu. Die Geschichten, die du mir da erzählst, von einem Mann der in Dubai einen schweren Herzinfarkt erlitten hat und du musst jetzt für seinen Rückflug zahlen. Das sind so dubiose Geschichten. Sie sagte dann, dass ich mit niemandem darüber reden dürfe. Normalerweise dürfe sie nicht einmal mit mir darüber sprechen, weil das bringe die ganze Familie in Gefahr. Ich wollte sie an der Hand nehmen und habe gesagt, dass wir zu Polizei gehen sollen. Sie sagte aber, dass sie das alleine schafft“, so die Tochter.

Haupttäterin als Alleinerbin

Nicht nur die Familie, auch ein Polizeibeamter wollte die Frau aktiv vor den, wie er sagte, unguten Kreisen schützen, in die sie geraten sei. Doch auch er fand keinen Zugang zur Pensionistin. Sie verlor Unsummen an Geld, wie viel, ist noch immer unklar, so die Tochter: „Sie sagte nur, das will ich dir gar nicht sagen, weil dann erklärst du mich für deppert, dass ich so etwas gemacht habe.“

Vermutlich, als die 72 Jahre alte Frau nach zehntausenden Euro Schaden dann die Anführerin des okkulten Trios als Alleinerbin aus ihrem Testament streichen wollte, musste sie sterben. Bei der späteren Testamentseröffnung bei einer Notarin war die Haupttäterin also Alleinerbin. „Sie hat dort allerdings keine Träne vergossen“, so die Tochter des Mordopfers.

„Welche Strafe auch immer, macht die Mutti nicht lebendig“

Den Tod der 72-Jährigen musste die Familie vergangenen Herbst fünf Wochen geheim halten, um die Ermittlungen der Polizei nicht zu gefährden. Die Anführerin der Gruppe nahm das Erbe anfangs an. Deshalb war eine Bestattung der Urne überhaupt erst ein halbes Jahr nach dem Tod der Mutter möglich. Sie verzichtete erst auf das Erbe, als sie schon in Haft war.

Was erhofft sich die Tochter nach einem Jahr des Schreckens nun vom Prozess, der demnächst stattfindet? „Für mich gibt es keine gerechte Strafe in dem Sinne. Welche Strafe auch immer, macht die Mutti nicht lebendig“. Ein Urteil, egal wie es aussehen möge, werde aber den Trauerprozess erst ermöglichen, sagt die Frau. Den Kopf frei machen, von schlechten Einflüssen, um Platz zu haben für positive Energie.

„Ich bin erst ansatzweise beim Sichten, was wir aus der Wohnung meiner Mutter räumen mussten. Da werden überall Botschaften von ihr hinterlassen, die auch sehr schön sind. Wo sie uns alles Gute wünscht und wo man merkt, dass sie auf alle Fälle im Gedanken bei einem war“, so die Tochter des Mordopfers. Der für kommenden Dienstag geplante Prozessauftakt wird wegen Erkrankung eines Verteidigers auf unbestimmte Zeit verschoben.