Peter Handke umringt von Journalisten
ORF
ORF
Kultur

Handke: „Keine jugoslawische Staatsbürgerschaft“

Literaturnobelpreisträger Peter Handke hat laut einem Bericht der serbischen Tageszeitung „Novosti“ nie eine jugoslawische Staatsbürgerschaft besessen. Den Pass habe er zum Reisen bekommen, wird Handke zitiert. Die Kärntner Landesamtsdirektion prüft den Sachverhalt, ein Ergebnis sollte kommende Woche vorliegen.

Das Medium veröffentlichte am späten Donnerstagabend einen Bericht über Handkes jugoslawischen Reisepass und zitierte den in Kärnten geborenen Schriftsteller. Zur Diskussion um seinen jugoslawischen Pass sagte Handke gegenüber dem Belgrader Boulevardblatt „Vecernje novosti“ (Freitagausgabe), er habe keine jugoslawische Staatsbürgerschaft, sondern habe den Pass erhalten, „um zu reisen“. Auf die Frage, ob er nun den Verlust seiner österreichischen Staatsbürgerschaft befürchte, erwiderte er nur: „Wer sagt das?“

Fix: Kein Antrag auf Doppelstaatsbürgerschaft

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hatte am Donnerstagabend die Kärntner Landesamtsdirektion beauftragt, den Sachverhalt der jugoslawischen Staatsbürgerschaft Handkes „umgehend zu überprüfen“, mehr dazu in Handke-Pass: Landesamtsdirektion prüft. Am Freitag sagte Kaiser, er erwarte das Ergebnis der Prüfung des Sachverhalts in der „nächsten Woche“. „Es tauchen ja auch immer mehr Klarstellungen auf, beispielsweise, dass es keine jugoslawische, respektive serbische Staatsbürgerschaft gegeben hat, was ich auch glaube.“ Er trenne zwischen der literarischen Leistung und dem, was man von Amts wegen machen kann, um weiteren Spekulationen rasch vorzubeugen, sagte der Landeshauptmann.

Ob und welche Konsequenzen es hätte, wenn Handke damals tatsächlich um eine jugoslawische Staatsbürgerschaft angesucht hatte, wollte Kaiser nicht bewerten. Zunächst müssten alle Fakten auf den Tisch, so Kärntens Landeschef, „alles andere wäre Spekulation“. Fest stehe, dass Handke 1999 keinen Antrag auf Doppelstaatsbürgerschaft gestellt habe. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist Peter Handke für mich österreichischer Staatsbürger und ich freue mich mehr über seinen Literaturnobelpreis, als über viele Diskussionen, die dann folgten.“

Verlust der Staatsbürgerschaft nicht zwingend

Die Kärntner Behörden müssen im Zusammenhang mit dem jugoslawischen Pass für den Schriftsteller Peter Handke eine ganze Reihe von Fragen klären. Für den Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk ist jedenfalls der Verlust der Staatsbürgerschaft allein durch die Entgegennahme eines jugoslawischen Reisepasses nicht zwingend, wie er am Freitag gegenüber der APA erklärte.

„Die Tatsache eines Reisepasses ist noch kein Beweis für die Verleihung der Staatsbürgerschaft“, sagte Funk. Es müsse geklärt werden, ob Handke die Verleihung beantragt habe, man könne nicht von vorneherein davon ausgehen, dass der Pass eine Staatsbürgerschaft belege. Er nehme zwar an, dass auch in Serbien bzw. im damaligen Jugoslawien die Staatsbürgerschaft eine Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses gewesen sei. „Es könnte aber auch sein, dass die Regeln einfach nicht eingehalten worden sind.“ Anders wäre es wohl, wenn Handke um die jugoslawische Staatsbürgerschaft angesucht und daraufhin den Pass bekommen hätte. „Hier muss man alle Details genau prüfen“, so Funk.

Kein Antrag auf Doppelstaatsbürgerschaft

Die Kärntner Landesamtsdirektion, die am Donnerstag mit der Prüfung der Causa beauftragt wurde, soll nun genau jene Fragen klären, die Funk aufgeworfen hat; nämlich ob es möglich ist bzw. damals möglich war, dass Handke zwar einen jugoslawischen Pass erhalten, aber keine Staatsbürgerschaft in diesem Land beantragt und zugesprochen bekommen hat. Dafür wird wohl die serbische Botschaft in Wien oder die serbische Regierung in Belgrad kontaktiert werden müssen. Zu klären gelte es auch, wie es um die Frage der Rechtsnachfolge geht, nachdem Jugoslawien nicht mehr existiert.

Sollten die Behörden zu dem Schluss kommen, dass der diesjährige Nobelpreisträger für Literatur die österreichische Staatsbürgerschaft mit der Annahme des Reisepasses verloren hat, muss überdies geklärt werden, ob Handke erneut um die Staatsbürgerschaft ansuchen kann und ob sie ihm gewährt werden könne. Der Verlust der Staatsbürgerschaft hätte zudem auch praktische Auswirkungen: Handke lebt als EU-Bürger in Paris. Wie sein Status als Staatenloser oder als Serbe dort wäre, ist völlig offen.

Pass war bis 2009 gültig

Das US-Onlinemagazin „The Intercept“ hatte zuvor berichtet, dass dem österreichischen Schriftsteller im Jahre 1999 ein jugoslawischer Pass ausgestellt worden war. Ein Foto des Dokuments ist seit Längerem auf der Website des Handke-Archivs der Österreichischen Nationalbibliothek online einzusehen, wurde nach dem Bericht aber für kurze Zeit entfernt. Der Pass wurde am 15. Juni 1999 von der damaligen jugoslawischen Botschaft in Wien ausgestellt und war bis Mitte 2009 gültig.

Von der Belgrader Tageszeitung wurde in ihrer Freitagausgabe die Frage, wie es möglich war, einen Pass ohne die Staatsbürgerschaft Jugoslawiens zu erhalten, nicht geklärt. Serbien ist seit 2006 die Rechtsnachfolgerin der einstigen Bundesrepublik Jugoslawien bzw. des Staatenbundes Serbien-Montenegro.