Am ersten Verhandlungstag wolle sie sich einmal ein erstes Bild machen, sagte Richterin Michaela Sanin. Der 45 Jahre alte Pensionist erschien ohne Verteidiger und trat selbstsicher auf. 2012 habe er einen Schlaganfall mit Monaten im Koma gehabt. Damals sei auch sein Blut untersucht worden. Seither weiß er, dass er das HI-Virus in sich hat. Ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte er im Jahr 2017 mit einem jungen Mann. Er habe ihm erzählt, dass er HIV positiv sei, sagte der Angeklagte, der andere Mann bestritt das.
Angeklagter: Kann nicht anstecken
Wesentlich öfter hatte der Pensionist seither Sex mit seiner Lebensgefährtin. Die wisse seit zweieinhalb Jahren von der Krankheit und habe vor drei Wochen einen Test gemacht, der das Ergebnis „HIV negativ“ hervorbrachte.
„Ich bin nicht schuldig, weil ich nicht anstecken kann“, sagte der Angeklagte am Donnerstag mit fester Stimme auch in Richtung Staatsanwältin Gabriele Lutschounig. Er nehme zwei Tabletten täglich als Therapie und lasse sich alle drei Monate in Innsbruck gründlich untersuchen. Die Zahl der Viren in seinem Blut sei zu gering für eine Ansteckung. Das bestätigt auch ein medizinisches Gutachten.
Richterin: „Abstrakte Gefahr“
Laut dem Sachverständigen könne man aber nicht ausschließen, dass der Wert – zum Beispiel bei einer Magen-Darminfektion oder bei Drogenkonsum – steigt. Richterin Sanin spricht von einer abstrakten Gefahr. Da der Angeklagte darauf beharrte, dass er nicht schuldig sei, weil er niemanden anstecken könne, musste der Prozess vertagt werden. Beim nächsten Mal soll der Sachverständige befragt werden.