Ein Friedhof aus der Vogelperspektive
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Chronik

Der Friedhof als Ort lebendiger Geschichte

Friedhöfe sind Orte der Trauer, aber auch der Geschichte. So erzählen auch die Gräber auf den Klagenfurter und Villacher Friedhöfen viele Geschichten. Auf dem Friedhof Annabichl in Klagenfurt beispielsweise befinden sich rund 50.000 Gräber von Armen, Reichen aber auch vielen Bekannten, deren Spuren man noch heute im Land findet.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gibt es den Friedhof in Annabichl bereits. Notwendig geworden ist er, weil der Platz am Friedhof in St. Ruprecht langsam knapp wurde. Daher eröffnete man diesen Zentralfriedhof im Norden der Stadt, so Fremdenführer Ernst Bauer. 1906 wurde der Friedhof vom damaligen Bischof Josef Kahn geweiht.

Kranzniederlegung Friedhof Annabichl 10. Oktober Soldatengedenken
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Am Friedhof Annabichl finden jedes Jahr auch Feierlichkeiten zur Erinnerung an die Kärntner Volksabstimmung 1920 statt

Bachmann, Lobisser, Koschat…

Seit damals befinden sich auf diesem Friedhof viele Gräber bedeutender Menschen. Entlang der langen Friedhofsallee findet man unter anderem die Gräber von Ingeborg Bachmann oder auch von Liederfürst Thomas Koschat. „Nicht weit davon entfernt, liegt das Grab des Freskenmalers Switbert Lobisser, aber auch ein Ehrengrab für Johann Nepomuk Thaurer von Gallenstein. Der liegt eigentlich in einem Grab, auf einem Nebenweg. Der Dichter des Kärntner Heimatliedes ist also nicht an der Hauptallee begraben, aber seine Familie hat hier das Grab und man hat eine Ehrentafel hier errichtet“, so Bauer.

Ein paar Schritte später steht man vor dem Grab des Dichters Josef Friedrich Perkonig. „Da ist in den Stein eingraviert ‚Aus dir werde ich mich in den Himmel heben. Seelig erlöst, nur noch Welle und Wind‘. Man wird bei einem Spaziergang über den Friedhof also wirklich berührt“, so Fremdenführer Ernst Bauer.

Spaziergang durch die Geschichte

Bei einem solchen Spaziergang über den Friedhof wird einem auch die eigene Endlichkeit bewusster. „Es ist auch für die Bildung gut. Der Weg zum Friedhof für historisch interessierte Personen ist immer gut“, so Bauer. Genau dieser Blick in die Geschichte des Landes erhält man, wenn man beispielsweise einen bewussten Blick auf die Friedhofsmauern in Annabichl legt, wo sich viele imposante Gruftbauten befinden. „Sie sind an die Friedhofsmauer gelehnt. An den großen Alleekreuzungen sind noch weitere. Gruftbauten in Form von Kapellen, wie wir sie sonst eigentlich eher aus den südlichen Ländern kennen. Zwei Grüfte sind besonders schön, die der Familie Suppan und die der Familie von Helldorff“, so Bauer.

„Die Gruft der Familie Suppan ist wie ein kleiner Tempel aufgebaut mit Säulen, die den Blick in den Innenraum freigeben, wo sich ein Monument aus Carrara-Mamor erhebt. Schräg gegenüber ist dann die eher neoklassizistische Gruft der Freiherren von Helldorff. Was bei diesen Grüften eigentlich besonders schrecklich ist, ist dass man noch die Splitter der Bomben aus dem 2. Weltkrieg an ihnen sieht. Irgendwie hat das schon alles eine sehr berührende Aussage und gehört ab und zu einmal angeschaut“, so Bauer.

Ein goldener Engel auf einem Grabstein
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Auf Kärntens Friedhöfen kann so manch kurioses und berührendes entdeckt werden

Der Mehrfach-Sarg von St. Ruprecht

Der Friedhof in Annabichl ist wie viele Friedhöfe im Land eine Ruhestätte mit viel Geschichte und Geschichten. Auch der Friedhof in St. Ruprecht vermag solche Geschichten zu erzählen. Ursprünglich hieß der Ort, wo der Friedhof St. Ruprecht heute liegt Flatschach. Die Flatschacher Straße erinnert noch daran. 1550 wurde der Ort nach dem Kirchenpatron, dem Heiligen Rupert benannt. „Der Friedhof ist in einer Zeit entstanden, in der Kaiser Josef II. regierte, der ja die merkwürdigsten Reformen, auch was das Begräbniswesen angeht, durchgeführt hat. Er war ein sehr sparsamer Kaiser und errechnete wie viele Särge pro Jahr aus Bäumen hergestellt werden, wo man dann die Bäume eigentlich in der Erde vergräbt“, so Bauer.

Daraufhin ordnete der Kaiser an, dass auf jedem Friedhof nur mehr ein zur Verfügung stehen dürfe und so gab es dann nur mehr einen Sarg mit einer Öffnungsklappe, der mehrmals verwendet wurde. Die Toten wurden darüber hinaus in Leinentücher eingenäht. „Dann hat man mit diesem Mehrfach-Sarg alle Bestattungen durchgeführt. Der Sarg wurde über die Grube gehoben, die Klappe öffnete sich und der Tote fiel in den Schacht. Die Klappe ging zu und man konnte den Sarg wiederverwenden“, so Fremdenführer Bauer.

Maler, Geistliche, Intellektuelle…

Ob die zahlreichen Prominenten, die in St. Ruprecht ruhen, auch so bestattet wurden, ist nicht ganz überliefert. Fakt ist aber, dass es einige sind, die zu Lebzeiten von großer Bedeutung waren. „Einer der für mich bedeutendsten Begrabenen ist Markus Pernhart, romantischer Maler des 19. Jahrhunderts. Er hat eine ganze Serie von Kärntner Schlössern gezeichnet. Teilweise gibt es die heute gar nicht mehr, aber wir wissen, wie sie aussehen, weil er in seinem supernaturalistischen Zeichentalent fast Fotos von diesen Häusern angefertigt hat“, so Bauer.

Friedhof Sankt Ruprecht in Klagenfurt
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Auch am Friedhof St. Ruprecht liegen viele bekannte Persönlichkeiten

Auch das Grab der Familie Rosthorn findet man am Friedhof in St. Ruprecht. "Sie waren in der metallverarbeitenden Industrie tätig. Sie haben u.a. Messingknöpfe für die Uniformen der Soldaten hergestellt. Auch Bischofsgräber gibt es hier. Beispielsweise von Adalbert Lidmansky, dem bedeutenden Bischof, dem man die Lidmanskygasse nachbenannt hat.

Das Grab der Unternehmerfamilie Moser-Verdino findet man ebenso in St. Ruprecht. „Wer kennt das Hotel in der Innenstadt nicht und so sind es noch ganz viele, bekannte Persönlichkeiten, die hier liegen. Der Stadtbaumeister Koschat, die Edlen von Kleinmayr, die einen Verlag führten, die eine Tageszeitung herausbrachten, das ‚Wöchentliche Intelligenzblatt‘“, so Bauer.

Geschichte und Geschichten

All diese Gräber, die auch sehr viel Geschichte und Geschichten erzählen, kann man bei einer Führung mit Ernst Bauer besuchen. „Diese Grabstätten sind alle sehr sehenswert. Wenn ich da beispielsweise an das Grab der Familie von Herbert denke, eine wirklich schöne und aufwendig gestaltete Grabstätte. Auf vielen Grabstätten steht auch nicht nur der Name und die Jahreszahl, sondern auch wirklich schöne Sinnsprüche. Es ist also sehr interessant diese Friedhöfe zu besuchen, gerade in dieser Jahreszeit“, so Bauer.

Nacktheit am Friedhof

Aber auch bei einem Streifzug über die Friedhöfe von Villach lässt sich viel berührendes und kurioses entdecken. Wie z.B. einen Grabstein am Villacher Zentralfriedhof, den der Künstler Gustinus Ambrosi vor rund 80 Jahren im Auftrag der Kaufmannsfamilie Pippan schuf. Dabei handelt es sich um eine nackte Trauernde. „Die hat damals einen großen Skandal ausgelöst. Die Zeitung fragte sich, ob ein nackter Hintern auf einen Friedhof gehört, darüber wurde heiß diskutiert und es gab Schmieraktionen. Heute stört das Grabmal niemanden mehr“, so Chronist Gernot Rader.

Ein Monument in Erinnerung der Verstorbenen des Zweiten Weltkrieges am Waldfriedhof in Villach davor viele Kerzen
ORF/Petra Haas
Am Waldfriedhof in Villach findet sich auch ein Monument zur Erinnerung der Toten der Stadt im 2. Weltkrieg

Auf einem Friedhof in der Draustadt findet man auch das Grab des Bildhauer und Malers Hanns Gasser. „Er starb mit 51 Jahren in Pest, dem östlichen Teil von Budapest an Wundbrand. Die Villacher haben ihn nach Jahren in die Heimat überführt und erst heute am Waldfriedhof in einer Gruft beigesetzt“, so Rader. Eine Statue zu seinen Ehren steht noch heute an dem nach ihn benannten Hanns-Gasser-Platz.

Fehler in Stein gemeiselt

Kurios ist auch, dass auf den Grabstein eines berühmten Villachers ein falsches Geburtsdatum eingraviert wurde. „Da hat man sich gleich um 20 Jahre geirrt, statt 1838 steht dort 1858. Der Fehler ist in Stein gemeiselt“, so Rader. Es handelt sich um das Grab des Landschaftsmalers Josef Willroider.

An einige bedeutende Villacher erinnert heute kein besonderes Grabmal mehr. „Zum Beispiel ist der längstdienende Bürgermeister Friedrich Scholz verarmt gestorben und liegt heute in einem Ehrengrab mit Otto Steinwender. Der Grabstein ist in Zweitverwendung“, sagt Rader. Auch von anderen Bürgermeistern der Stadt findet man kaum pompöse Gräber.

Gräber für ungeborene Kinder

Auf Friedhöfen entdeckt man zuweilen aber auch sehr berührendes. „An jene Kinder, die nie das Licht der Welt erblickt haben und nicht der Bestattungspflicht unterliegen, gibt es seit 1995 auf dem Zentralfriedhof einen eigenen Platz. Für viele Eltern ist das eine Möglichkeit, ein Zeichen der Trauer über den Verlust des Ungeborenen zu setzen“, erklärt Chronist Gernot Rader.