Waffenhändler am Urteilstag
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Gericht

Schuldsprüche für Waffenhändler

Am Dienstag sind die Urteile gegen zwei Männer, Vater und Sohn, aus Unterkärnten gefallen, die über Jahre die italienische Mafia mit Waffen beliefert haben sollen. Der 74-jährige Vater bekam 24 Monate, der Sohn 20 Monate Haft, beide unbedingt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Zweimal wurde bereits in der Causa verhandelt. Der Kunde der Waffenhändler, die ein Geschäft führen, ein Mafiaboss, gab sich als Gemüsehändler aus. Laut einem Experten für organisierte Kriminalität habe der Fall eine ungeheure Dimension. Es könne keinen Zweifel geben, wofür eine so große Zahl an Waffen gedacht sei, wenn sie von einem italienischen „Gemüsehändler“ bestellt werden. Der Chef eines Mafia-Clans sitzt derzeit in U-Haft in Italien.

Seriennummern entfernt

Es geht um Waffenhandel in großem Stil, die Rede ist von 820 Pistolen und Revolvern. Sie wurden legal im Großhandel gekauft, dann die Seriennummern entfernt und Lieferantenrechnungen vernichtet. Ein Sachverständiger schätzte den Umsatz aus den illegalen Geschäften auf rund 1,4 Mio. Euro. Der Vater gab auch zu, dass Geldgier das Motiv gewesen sei.

Der Vater ist seit 50 Jahren Waffenhändler, der Sohn seit 30 Jahren in das Geschäft eingebunden. Beide wurden 2018 verhaftet, da soll der illegale Handel schon sieben Jahre gelaufen sein. Seit 2015 kamen zum Handel auch Maschinenpistolen dazu, auch Kalaschnikows und panzerbrechende Munition sollen darunter gewesen sein – mehr dazu in Prozess gegen Waffenhändler vertagt.

„Das glaubt kein Richter“

Staatsanwältin Gabriele Lutschounig konstatierte eine „extreme kriminelle Energie“ der beiden Angeklagten. Die Geschichte vom „Gemüsehändler“, bei dem man Tomaten und Mozzarella bestellt hätte, sei völlig unglaubwürdig. Richter Christian Liebhauser-Karl sagte, das glaube ihnen kein einziger Richter in Österreich. Das sage einem schon der gesunde Menschenverstand.

Aufgeflogen war der Großhandel mit illegalen Waffen an das System 3, eine Organisation, die die Waffen an andere Mafia-Clans weitergab, als bei Neapel die Spur einer Kalaschnikow und die einer abgesägten Schrotflinte nach Kärnten führten. Monatelang wurde international gefahndet, 14 Waffenkuriere hinter der Staatsgrenze in Italien festgenommen.

Staatsanwaltschaft will berufen

Staatsanwältin Gabriele Lutschounig forderte eine angemessene Bestrafung – fünf Jahre Haft wären möglich – und wies auf von der Mafia ermordete Richter und Staatsanwälte in Italien hin. Das Urteil lautete schließlich auf 24 Monate Haft unbedingt für den Vater, weil er auch mit dem Kriegsmaterial zu tun hatte. 20 Monate für den Sohn als Mitglied einer kriminellen Organisation.

Was sie getan haben, müssen sie mit ihrem Gewissen vereinbaren, sagte Richter Liebhauser-Karl nach der Urteilsverkündung. Trotz der Unbescholtenheit der Angeklagten und ihrer zumindest teilweisen Geständnisse sehe er keinen Platz für eine teilbedingte Strafnachsicht. Derartige Machenschaften und Geschäfte mit der Mafia könnten nicht toleriert werden, sagte Liebhauser-Karl. Ganz abgeschlossen ist der Fall mit in Europa bisher unbekanntem Ausmaß noch nicht. Die Staatsanwaltschaft will gegen einen Teil des Urteils berufen, auch die Angeklagten haben drei Tage Bedenkzeit. Die Urteile sind damit nicht rechtskräftig.

Kontrolle bei Verdacht

Der Fall ist europaweit einzigartig und bringt Einblick in das relativ unkomplizierte Geschäft mit illegalen Waffen und die Bedeutung des Internets. Bevor man die Genehmigung bekommt, Waffenhändler zu sein, durchläuft man eine besondere Sicherheitskontrolle, danach vertraut die Behörde darauf, dass alle Geschäfte passen. Für Kontrollen zuständig ist die Bezirkshauptmannschaft.

Jede Waffe, die der Händler kauft, muss in ein Buch eingetragen werden, ebenso beim Verkauf. Ob er das tut, wird nur kontrolliert, wenn es einen Verdacht gibt, und den hat es bei den Unterkärntner Händlern offensichtlich Jahrelang nicht gegeben.

Seriennummer abgefräst

Selbst der deutschen Firma, die die Faustfeuerwaffen in mehreren Tranchen geliefert hat, fiel die ungewöhnlich große Zahl auf. So wurde ein großer Teil der Pistolen und Revolver, die nach Neapel geschmuggelt wurden, legal erworben, dann wurden die Seriennummern aus dem Lauf gefräst, damit ist ihre Geschichte nicht mehr rückverfolgbar.

Waffen oft im „Darknet“ gehandelt

Ein Revolver, Neupreis um die 500 Euro, illegal weitergegeben, kostet schon bis 1.000 Euro. Pistolen bis circa 2.200 Euro. Ein russisches Sturmgewehr des Typs Kalaschnikow: 10.000 Euro. Das seien die Preise, die er recherchiert habe, sagte ein Zeuge im Prozess, Spezialist für Waffen im Landeskriminalamt. Er hat dort gesucht, wo auch Kriminelle suchen, im Darknet, dem dunklen Teil des Internets, wesentlich sicherer für Händler und Käufer verbotener Dinge.

Alleine für die Faustfeuerwaffen, die in Unterkärnten umgesetzt wurden, schätzte er den Schwarzmarktwert auf 1,3 Millionen Euro. Bezahlt wird mit Bitcoins, der virtuellen Währung, die auch nicht rückverfolgbar ist. An diese Kanäle ist es noch wesentlich schwieriger heranzukommen als an die Mafiosi, die ihre Waffen über Kärnten besorgt haben – in der wirklichen Welt.