Andreas Vesalius (1514–1564) modernisierte die Anatomie und schuf mit seinem „Muskelmänner-Atlas“ eines der großartigsten Werke der Buchkunst. Vesalius gilt als der erste moderne Anatom der Medizingeschichte. Er sezierte nicht in der bisher üblichen Weise, um an ein bestimmtes Organ zu gelangen, sondern er legte den Körper Schicht für Schicht frei. Damit konnte er als erster auch den gesamten Blutkreislauf exakt darstellen.

Virtuell zum Durchblättern
Christa Herzog von der Universität Klagenfurt sagte, das Buch sei ein einzigartiges Stück und sehr kostbar. Besucher können das Buch virtuell auf einem Bildschirm durchblättern. Anfassen dürfe man das Buch selbst nicht. Man sehe auch den Künstler selbst im Buch. Auf dem Titelblatt sind Anatomen und Publikum bei einer Leichenöffnung zu sehen. Man habe damals Eintritt dafür verlangt, so Herzog, je näher an der Leiche, desto mehr kostete der Platz. Schon als Kind habe Versalius Ratten seziert.
Neuartige Illustrationen
Der gebürtige Flame, der in Löwen, Paris und Padua Medizin studierte, war kritisch und innovativ in seinen Methoden und ersetzte Autoritätsglauben durch Empirie. Bereits 1538, als 24-Jähriger, ließ Vesalius in Venedig seine neuen Erkenntnisse in sechs anatomische Tafeln drucken. 1543 publizierte er sein anatomisches Lebenswerk: De humani corporis fabrica libri septem (Über den Bau des menschlichen Körpers). Das Werk gilt als das schönste des Basler Druckers Johannes Oporinus.

Berühmt wurde es vor allem wegen seiner neuartigen, künstlerisch hochwertigen Illustrationen. Die so genannten Muskelmänner-Holzschnitte wurden massenweise kopiert. Dies bewirkte eine Standardisierung, für die nächsten Jahrhunderte galten die Vesal´schen Darstellungen als Referenzgrößen.

Klassiker der Medizin
Der anatomische Atlas des Vesalius ist zugleich ein Glanzstück und Meisterwerk der Buchkunst seiner Zeit und ein Klassiker der Medizin. Er machte seinen Autor zum Begründer der modernen Anatomie. Die Universität Klagenfurt besitzt eine dieser berühmten Erstausgaben in lateinischer Sprache aus der Basler Druckerei von Johannes Oporinus aus dem Jahr 1543 und stellt den Band erstmals öffentlich aus. Er hat einen Umfang von 663 Seiten plus Register und mehr als 300 Illustrationen, welche von Ganzfiguren bis zu kleinsten Strukturen, wie etwa den Gehörknöchelchen, reichen.

Schriften des Abulcasim
Weiters ausgestellt wird ein Faksimile der Chirurgia des Abulcasim (936–1009), der als der bedeutendste arabischsprachige Arzt des Mittelalters gilt, und dessen umfangreiche medizinische Schriften die europäische Medizin bis in die Renaissance geprägt haben. Die Ausstellung ist bis zum 22. November geöffnet. Universitätsbibliothek, Zeitschriften-Lesesaal, Ebene 2, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.