Chefredakteur Bernhard Bieche
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Politik

Quo vadis, Österreich und Kärnten?

Was bedeutet die heutige Wahl für die politische Zukunft Österreichs? ORF Kärnten-Chefredakteur Bernhard Bieche analysiert mögliche Koalitionsvarianten der Nationalsratswahl 2019 und ihre Auswirkungen auf die Kärntner Koalition.

Was bedeutet die heutige Wahl für die politische Zukunft Österreichs? Beginnen wir mit den Großparteien und möglichen Koalitionsvarianten. Möglich ist alles, aber ist es auch wahrscheinlich? Die ÖVP als die erwartet klare Siegerin hat nach dem heutigen Triumph die Qual der Wahl. Da ist einmal die SPÖ mit dem historisch schlechtesten Ergebnis. Ob Pamela Rendi-Wagner die Vizekanzlerin gibt, wird parteiintern spannend zu beobachten sein. Das Schicksal der SPD in Deutschland droht. Das Verhältnis zur türkisen ÖVP ist außerdem nicht das beste – Stichwort Große Koalition. Andererseits ist die Oppositionsbank nicht die bevorzugte Platzwahl der Sozialdemokraten.

FPÖ dürfte in Opposition gehen

Die FPÖ hat angekündigt bei einem deutlichen Absturz unter 20 Prozent in die Opposition wechseln zu wollen. Nach dem heutigen Ergebnis ist das nicht unwahrscheinlich. Eine türkis/blaue Neuauflage scheint daher momentan unwahrscheinlicher als noch vor der Wahl. Für die ÖVP sind die FPÖ-Turbulenzen ohnehin ein Risikofaktor.

Plötzlich tut sich aber auch die Möglichkeit einer türkis/grünen Koalition auf. Ist die wahrscheinlich? Für die Grünen ist das heute ein Feiertag. Zwei Jahre nach Ihrem Aus im Parlament katapultieren sie die Folgen des Ibiza Videos wieder eindrucksvoll in den Nationalrat. Mit einer Regierungsbeteiligung wird seitens der Grünen wohl geliebäugelt, aber ob sich da ein Konsens mit der ÖVP finden lässt, ist offen, um nur die Themen Migration und Klimaschutz zu nennen. Entscheidend wird sein, ob da auch die Wiener Grünen mitziehen werden, angesichts der Wiener Landtagswahl im kommenden Frühjahr. Eine mögliche Variante ist es jedenfalls.

Dreierkoalition eher unwahrscheinlich

Eine Dreierkoalition wird aus jetziger Sicht eher unwahrscheinlich. Die NEOS wollen zwar gerne Regierungsverantwortung übernehmen. Thematisch sind NEOS sehr nahe an der ÖVP, aber eine Dreiervariante schaut momentan eher unwahrscheinlich aus. Es werden jedenfalls lange Koalitionsverhandlungen werden, die nicht vor der steirischen Landtagswahlen abgeschlossen sein werden, um diese nicht zu beeinflussen.

Was das Wahlergebnis für Kärnten bedeutet

Welche Auswirkungen hat die Nationalratgswahl auf die Landespolitik in Kärnten? Bemerkenswert ist der überragende Erfolg der ÖVP, erstmals die Nummer 1 in Kärnten, was dem Bundesspitzenkandidaten Sebastian Kurz geschuldet ist und was den Türkisen sicherlich Auftrieb geben wird.

Die SPÖ muss sich nach 2017 auch diesmal geschlagen geben im Kampf um Platz eins und steckt heute eine Niederlage ein. Auf die Kärntner Koalition wird das Ergebnis kaum Auswirkungen haben, zu sehr ist man sich in der rot/türkisen Zusammenarbeit einig für die Arbeit im Land. Für die Landtagswahl 2023 bleibt Landeshauptmann Kaiser vorerst gelassen.

Die FPÖ in Kärnten wurde von den Strache Affären mit hinunter gezogen. Ein Beispiel, wie mobil das Wahlvolk ist und wie genau es von Wahl zu Wahl unterscheidet – bei der letzten Nationalratswahl war die FPÖ noch Nummer 1 – jetzt auf dem dritten Platz.

Die Grünen können hoffen – an Olga Voglauer wird es liegen wie sie die Oköpartei in den nächsten drei Jahren positioniert, um den Wiedereinzug in den Landtag zu schaffen. Mit dem heutigen Ergebnis hätten sie es geschafft. Auch die NEOS hätten mit dem heutigen Ergebnis den Einzug in den Landtag geschafft. NEOS-Chef Markus Unterdorfer-Morgenstern darf also hoffen. Und für die Liste Jetzt ist jetzt Schluss, bevor es so richtig angefangen hat.