Gernot Darmann und Herbert Kickl bei PK
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„Zahnbürsten“-Sager: Ein NS-Vergleich?

Gernot Darmann hat bei einer FPÖ-Pressekonferenz am Samstag die Justiz schwer attackiert. Diese mache „die Arbeit der Polizei“ bei der Drogenbekämpfung „zunichte“. Drogendealer sollten ihre Zellen „mit der Zahnbürste“ putzen, statt „unsere Kinder zu vergiften“ – ein Bild, das nicht wenige an die Judenverfolgung im „Dritten Reich“ erinnert. Darmann selbst weist das in einer Aussendung als „Unterstellung“ zurück.

Die Aussage Darmanns fiel bei der Pressekonferenz am Samstag anlässlich des Besuchs von Ex-Innenminister Herbert Kickl. Bekanntlich wählt Österreich in genau vier Wochen einen neuen Nationalrat. Bisher hatte sich der Kärntner FPÖ-Obmann im Wahlkampf eher zurückhaltend gegeben. Am Samstag kritisierte Darmann dann aber einen zu laxen Grenzschutz und verlangte eine „entsprechend kräftige und konsequente Sicherheitspolitik“ in Sachen Drogenbekämpfung, um, wie er wortwörtlich sagte, „diesen Drogengaunern, die unsere Kinder vergiften, auch wirklich den Kampf anzusagen und auch wirklich in den Knast zu bringen“.

„Drogengauner“ sollten Zelle mit Zahnbürste putzen

Und, so Darmann weiter: „Dass die Justiz auf der anderen Seite die Arbeit der Polizei praktisch zunichte macht, Drogendealer schlussendlich wieder auf der freien Straße herummarschieren lassen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Auch das werden wir in Zukunft in den Griff bekommen müssen. Denn ich sage: Diese Drogendealer sollten gescheiter ihre Zellen mit einer Zahnbürste putzen, als weiterhin unsere Kinder auf den Straßen zu vergiften.“

80 Jahre Weltkriegsbeginn

Auf allen TV-Kanälen und in Zeitungen wird derzeit mit Dokumentationen und Reportagen an den Kriegsbeginn vor 80 Jahren erinnert. Während des NS-Regimes wurden Juden in aller Öffentlichkeit dazu gezwungen, auf Knien mit Zahnbürsten die Gehsteige zu reinigen – oft unter dem Hohn ihrer Nachbarn.

Politologin: Erinnert an „unselige Zeiten“

Auf die Aussagen Darmanns angesprochen, sagte Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle am Sonntag gegenüber dem ORF Kärnten, Angriffe auf die Justiz würden sich generell mehren, aber: „Ich halte das schon für einen Höhepunkt.“ Landesparteichef Darmann rufe „Erinnerungen an unselige Zeiten hervor – mit zwei Begriffen macht er das: einmal den Grenzschutz an der Südgrenze, aber auch mit diesem Putzen mit Zahnbürsten“.

Es habe in den 1930er Jahren „Reibpartien“ gegeben, so Stainer-Hämmerle, „wo Menschen mit Zahnbürsten Straßen reinigen mussten. Aber, was noch auffallend ist, dass er die ganze Drogenkriminalität nur unter dem Kriminalitätsaspekt sieht – nicht unter dem Gesichtspunkt der Krankheit, was viele Drogen Beratungsstellen fordern. Dass Sucht eben nicht nur ein kriminelles Vergehen ist, sondern auch als Krankheit gesehen wird.“

Schärfere Töne für Mobilisierung der Stammwähler

In Wahlkampfzeiten gebe es generell einen besseren Einblick, „was diese Parteien sich wünschen für die Zukunft“. Die FPÖ versuche Stammwähler zu mobilisieren, das gelinge mit schärferen Tönen besser, so Stainer-Hämmerle. „Alle anderen sind durch das ‚Ibiza-Video‘ eher etwas abgeschreckt worden. Um ein gutes Ergebnis erzielen zu können, werden die Freiheitlichen doch eher bei den scharfen Tönen bleiben.“

Die Frage sei, wie viele Kärntner und Österreicher sich davon ansprechen ließen. „Bedienen sie damit Ängste, die wirklich vorhanden sind in der Bevölkerung – schüren sie diese sogar noch, und ist das ein erfolgreiches Wahlkampfrezept? Das wäre allerdings doch eher bedenklich aus demokratiepolitischer Sicht, für zukünftige Wahlgänge“, so Stainer-Hämmerle.

„Zahnbürsten“-Sager: NS-Vergleich sei „Unterstellung“

Vergleiche seines „Zahnbürsten“-Sagers mit der NS-Zeit wies FPÖ-Obmann Darmann am Sonntag als eine „geschmacklose und sicherlich der Wahlkampfzeit geschuldete Unterstellung“ von Politologin Stainer-Hämmerle zurück. „Denn ich habe zu keinem Zeitpunkt einen Bezug zur unseligen NS-Vergangenheit hergestellt oder herstellen wollen“, so Darmann. Er selbst habe sich „seit jeher“ von „jeglicher Verharmlosung und Glorifizierung der Zeit des Nationalsozialismus distanziert“.

FPÖ will wieder mit ÖVP regieren

Die letzte Regierung, eine ÖVP-FP-Koalition, ist ja geplatzt, nachdem das ‚Ibiza-Video‘ bekannt wurde. Die Aufnahme zeigt, wie der damalige Regierungspartner und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ganz klar über eine mögliche Einflußnahme mit Hilfe von Korruption spricht – konkret sollte nach einem Verkauf der „Kronen Zeitung“ die FPÖ-Politik mit gezielter Berichterstattung gefördert werden.

Ein weiterer Grund für das Platzen der Koalition war der Streit über den damaligen freiheitlichen Innenminister Kickl. Dieser hat am Samstag in Kärnten wahlgekämpft – an seiner Seite des Kärntner FPÖ-Chefs Darmann. Kickl hatte die Causa „Ibiza“ als „geschossenen Bock“ bezeichnet.