Soldaten mit Schaufeln
Transit Film
Transit Film
Leute

Weltkriegs-Alltag in Kärnten

Am 1. September jährte sich der Angriff Hitler-Deutschlands auf Polen und damit der Beginn des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Kärnten galt zu dieser Zeit als Hochburg des Nationalsozialismus. Es war eine schwierige Zeit für die Bevölkerung. Das Kriegsgeschehen erreichte Kärnten aber erst spät.

Der Zweite Weltkrieg steht für den Beginn einer Zeit voller Angst und Schrecken, die das Leben der Menschen in Österreich und damit auch Kärntens nicht unwesentlich mitbestimmt hat. Beim Anschluss an Hitler-Deutschland hat es in Kärnten mit 99,73 Prozent mehr Ja-Stimmen gegeben, als im übrigen Österreich. Auch wenn Kärnten von den Kriegshandlungen lange Zeit verschont geblieben ist, hat der Krieg trotzdem den Alltag der Menschen bestimmt.

Bäuerin bei Heuernte in einem NS-Propagandafilm
Filmarchiv Austria
Propaganda der Nazis

Fürs Vaterland gestorben

Die Propagandafilme der Nazis zeigen den Alltag der Bevölkerung als etwas Heroisches und Glorreiches. Die Realität ist das genaue Gegenteil gewesen. Da die Männer für den Zweiten Weltkrieg eingerückt waren, blieb die schwere Arbeit auf den Höfen den Frauen und Kindern überlassen.

Katharina Schrittesser, die zu dieser Zeit bei ihrer Großmutter im Metznitztal lebte, erinnert sich vor allem an die Trauer, die in ihrer Familie vorherrschend war. Ihrer Großmutter wurde für ihre insgesamt neun Söhne das Mutterkreuz verliehen, doch die meisten fielen im Krieg oder wurden schwer verwundet. „Wir sind einmal zur Kirche gegangen, da ist der Onkel Gustl gestorben. Als man ihr das gesagt hat, hat die Mutter geweint. Dann haben sie ihr gesagt, dass er für das Vaterland gestorben ist und sie nicht weinen soll. 1944 haben wir dann die Vermisstenanzeige von unserem Vater bekommen. Dann haben wir gewartet, weil vielleicht kommt er ja. Gekommen ist er dann aber auch nicht mehr“, so Schrittesser.

Katharina Schrittesser mit Fotos aus dem Krieg
ORF
Katharina Schrittesser mit Fotos aus dem Krieg

Lagerdisziplin am Faaker See

Die noch nicht wehrpflichtigen jungen Männer wurden zum Reichs-Arbeitsdienst verpflichtet. In allen Lagern herrschte militärischer Drill, als Vorbereitung auf den Kriegseinsatz. Auch in der Hitler-Jugend stand straffe Lagerdisziplin an der Tagesordnung. Im gesamten Großdeutschen Reich wurde die Jugend unter die Kontrolle der Partei gebracht.

Am Faaker See, einem der größten HJ-Lager wurden Buben ab dem zehnten Lebensjahr mittels Sportes und Spiel körperlich und ideologisch geschult. Das Ziel war alles Schwache von klein auf bereits zu verachten. 1939 entstand, ebenfalls am Faaker See, ein gemeinsames Lager der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten „NAPOLA“. In diesem Lager sollte die künftigen Nationalsozialistischen Elite herangezogen werden.

Sommerlager der NAPOLA
Filmarchiv Austria
Sommerlager der Hitlerjugend

Kärnten als Hochburg des Nationalsozialismus

Bereits vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, war der Nationalsozialismus in Kärnten weit verbreitet. Besonders die Kärntner Friedrich Rainer und Odilo Globocnik machten bei den Nazis Karriere. Rainer war Gauleiter von Kärnten sowie Salzburg und Globocnik trieb als Gauleiter von Wien die Judenverfolgung voran. Letzterer leitete in weiterer Folge auch die Aktion Reinhardt in Polen. Bis zu zwei Millionen Juden wurden in den Jahren 1942 und 1943 in den Vernichtungslagern Treblinka, Belzec und Sobibor ermordet.

Widerstand gegen die Unterdrückung

Bereits während des Krieges bildete sich aus der slowenischen Volksgruppe, von den Partisanen her Widerstand gegen die Nazis. Der Widerstand entstand vor allem als Vergeltung für die Verfolgung, die die slowenische Volksgruppe unter den Nazis ausgesetzt war. Mit der Parole „Ein Kärntner spricht deutsch“ wollten die Nationalsozialisten das zweisprachige Gebiet an der Drau zu einem rein deutschen machen.

Soldaten in Formation mit Schaufeln
Transit Film
Männer beim Reichsarbeitsdienst

Mitte 1942 wurden rund 1.000 Angehörige der slowenischen Volksgruppe über Nacht von ihren Höfen vertrieben. Befehlsverweigerung wurde mit KZ oder dem Abbrennen der Häuser bestraft. Viele Kärntner Slowenen wurden nach Deutschland zur Zwangsarbeit deportiert, aber auch in Lagern interniert, wie die Familie Ogris. Maria Gasser, geborene Ogris aus Ludmannsdorf sagt: „Meine Schwester hat auch so eine Stelle gehabt. Da hat sie jeden Tag so geweint, weil sie nicht mehr gewusst hat, ob sie da noch durchkommt oder nicht.“

Der Kampf an der Befreiungsfront

Die Vertreibung und der steigende Druck auf alle slowenisch-sprachigen Kärntner fördern den Widerstand. Viele Angehörige der slowenischen Volksgruppe in der Wehrmacht schlossen sich während ihrer Heimaturlaube den Partisanen, der slowenischen Befreiungsfront, an.

Als Verstecke und Rückzugsorte dienten den Partisanen die Wälder. Dort horteten sie auch den Sprengstoff für ihre Anschläge. „Da haben wir Brücken, Eisenbahn, Autos und auch Telegrafenmasten gesprengt. Alles Mögliche was so in Betracht gekommen ist, um den Feind zu schwächen“, sagte der bereits verstorbene Philipp Kolenik in einem Interview 2001.

Südkärnten als „Bandenkampfgebiet“

Im Jahr 1944 erklärt Heinrich Himmler Teile Südkärntens zum „Bandenkampfgebiet“. Jeder Bürger, der Partisanen mit Nahrung, Unterkunft oder durch Botengänge hilft, wird von der Gestapo verhaftet und in ein Konzentrationslager deportiert. Dieses Schicksal erlitt auch der Großonkel von Rezi Valentinitsch aus Ludmannsdorf. Weil er einem verwundeten Partisanen in seinem Haus versteckte, wurde er am 6. Mai 1944 von der Gestapo verhaftet. „Es war furchtbar in der Nacht um zwölf oder halb eins hat es geklopft und dann hat es geheißen: Tür aufmachen, Gestapo! Haben sie draußen geschrien. Dann ist die Mutter aufgestanden und wir waren auch schon wach: ‚Mama, was ist denn?‘ Es klopft, es kommt wer und du bitte sag, du hast nichts gesehen“, erinnert sich Rezi Valentinitsch.

Alle Erwachsenen müssen mit der Gestapo mit, nur die damals Achtjährige Rezi Valentinitsch versorgt auch in den folgenden Wochen, den noch immer im Haus versteckten und verwundeten Partisanen. „Da bin ich immer nach der Schule am Nachmittag auf der alten Stiege hinauf, dann noch mit der Leiter bis zum Ziegel hinaufgestiegen und habe mein Brot und Speck und Wasser abgeliefert. Sonst habe ich ihm Nichts geben können“, so Valentinitsch.

Ein Beispiel für das grausame Verhalten der Nazis gegenüber der Bevölkerung ist der brutale Mord am 25. April 1945 an elf Mitgliedern der Familien Sadovnik und Kogoi auf dem Persmannhof bei Eisenkappel. Der Hof diente als Partisanenstützpunkt. Aus diesem Grund ermordete ein SS-Trupp die Familien, darunter sieben Kinder, von denen das jüngste acht Monate alt war.

Spätes Kriegsgeschehen in Kärnten

Das Kriegsgeschehen selbst erreicht Kärnten erst Mitte Jänner 1944. Als die ersten Bomben auf Klagenfurt fielen, kam die Großmutter von Wilhelm Überfellner ums Leben: „Der Luftschutzwart hat oben den Schlüssel vergessen. Dann ist er noch einmal rauf gerannt, weil er den Schlüssel holen wollte und dazwischen sind schon die Bomben gefallen. Das Haus hatte schon einen Treffer und ist zusammengestürzt und sie sind eben vor dem Keller erstickt."

Vor Kriegsende wurden zwei Drittel der Häuser von 46 weiteren Bombenangriffen zerstört. Aber auch der Eisenbahnknoten Villach wurde in weiterer Folge zum Ziel der Alliierten Bombenabwürfe.