Viele Artischocken
Norbert Janesch
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Lifestyle

Artischocke: Diva und Delikatesse

Die Artischocke wird gerne mit Italien verbunden. Beliebt ist sie bei uns vor allem als Pizzabelag oder eingelegt im Glas. Aber auch im Lavanttal wird die Artischocke angebaut. Ein vielseitiges, aber anspruchsvolles Gemüse mit vielen Wirkstoffen und einer langen Geschichte.

Die Artischocke gehört zur Pflanzenfamilie der Korbblütengewächse und ist eine typisch mediterrane Pflanze. Sie ist nah verwandt mit den heimischen Disteln, z.B. den Kratz- und den Ringdisteln. Etwa 25.000 Arten gehören zu dieser Pflanzenfamilie, von denen sich die meisten durch einen ganz typischen Blütenstand auszeichnen. Felix Schlatti, Botaniker vom Landesmuseum für Kärnten sagt: „Dieser Blütenstand ist eben dieses Körbchen oder Köpfchen, das aus vielen Einzelblüten besteht, die ungestielt auf einen verdickten Blütenboden aufsitzen. Das ist ein typisches Merkmal dieser Familien.“

Eine Pflanze mit langer Geschichte

Angebaut wurde die Artischocke schon im alten Ägypten, wo sie vermutlich schon als Heilpflanze bekannt war. Auch durch Überlieferungen von Plinius dem Älteren wird angenommen, dass die Artischocke als Delikatesse im antiken Rom galt.

Von den Römern wanderte die Artischocke nach Osten in den arabischen Raum und wurde mit der Expansion der Araber wieder nach Europa zurück gebracht, sagt Schlatti. Von dort aus breitete sie sich über ganz Süd- und Westeuropa aus. Wild wächst sie vor allem in Nordafrika und Südeuropa, wo sie auch großflächig angebaut wird. Im kleineren Rahmen wird die distelartige Pflanze in Mittel- und Osteuropa, so wie in China, Südamerika und Kalifornien angebaut, so Schlatti.

 Artischocken Feld
Norbert Janesch
Auch in Kärnten werden Artischocken angebaut

Mag keine Staunässe

Dennoch ist die Artischocke durchaus anspruchsvoll. Felix Schlatti: „Die Artischocke braucht einen tiefgründigen Boden, der relativ Nährstoff reich ist, der das ganze Jahr feucht ist und der aber dennoch keine Staunässe zeigt.“ Die richtige Wasserzufuhr ist wichtig. Das weiß auch Christian Jäger vom Kammerhof, der die Artischocke im Lavanttal anbaut: „Also wenn es so wie die letzten Wochen über 30 Grad hat, dann lassen die Artischocken die Blätter hängen. Da muss man schnell sein und bewässern.“

Knospen über Knospen

Die Pflanzen sind sehr ertragreich. Das liegt vor allem an ihrer Knospenentwicklung. Christian Jäger: „Es wächst zuerst einmal die sogenannte Terminalknospe in der Mitte raus. Das ist die Größte. Auf der Seite entwickeln sich dann weitere Triebe, die haben noch einmal zwei bis drei Knospen und dann gibt es noch einmal kleinere. Also es kann schon sein, dass eine Pflanze zehn bis zwölf Knospen hat.“

Dabei ist die Ernte weniger vom Wetter, als vom Auspflanzzeitpunkt abhängig. Vom Aussetzen der Jungpflanzen bis zur Ernte dauert es zwei Monate, aber auch die Ernte zieht sich in die Länge. Grund dafür ist das gestaffelte Einpflanzen. „Das wird im September soweit sein, bis die zur Ernte fertig sind und so verteilt sich das etwas gleichmäßiger über den Herbst“, so Jäger. Geerntet werden die Artischocken per Hand, wichtig dabei sind jedoch Handschuhe aufgrund der Stacheln.

Optisch ähnelt die Artischocke der Distel
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Die Artischocke ist mit der heimischen Distel verwandt

In Kärnten jedes Jahr neu ausgepflanzt

Der größte Unterschied zwischen den Kärntner und den mediterranen Artischocken liegt in der Erntezeit. Diese wird im Süden am ehesten in den Wintermonaten eingeläutet, so Botaniker Felix Schlatti. „Die Pflanzen ziehen im Frühling vollständig ein. Man sieht im Sommer nichts von ihnen. Im Herbst treiben sie dann wieder aus, sind im ganzen Winter grün und tragen im Frühling wieder Blütenknospen“, sagt Schlatti.

In Kärnten werden die Jungpflanzen auf Grund des Klimas jedes Jahr neu ausgepflanzt. Dabei ist Vorsicht geboten. Christian Jäger vom Kammerhof: „Die Eismänner muss man abwarten. Das ist bei uns irgendwann in den ersten Maitagen und so lange dauert es halt. Wenn man sie vorher auspflanzt sind sie kaputt.“ Sind die Pflanzen jedoch bereits ausgewachsen, kann es sein, dass sie den Herbst bzw. sogar den frühen Winter überstehen können, sagt Jäger. Bis zu minus vier Grad können die Pflanzen aushalten. Wenn das Wetter umschlägt, empfiehlt Christian Jäger die Pflanzen mit Stroh oder einer Folie so gut es geht abzudecken, um sie vor der Kälte zu schützen.

Eine Artischocke besteht aus:

  • 82 Prozent Wasser
  • 11 Prozent Ballaststoffe
  • 2,4 Prozent Proteine
  • 2,6 Prozent Kohlenhydrate (Inulin)
  • 0,1 Prozent Fett
  • Vitamin: B3, B6, C
  • Mineralstoffe: Magnesium, Kalium, Kalzium
  • Bitterstoffe

Zu trockene Pflanzen schmecken nicht

Prinzipiell unterscheiden sich die Wildpflanzen von den kultivierten Artischocken durch einen deutlich kleineren Blütenstand. Sie besitzen auch mehr Stacheln und die Hüllblätter, die zum essbaren Teil der Artischocke gehören, sind deutlich stärker zugespitzt und stechen daher viel mehr, sagt Felix Schlatti. Auch ist nicht jede Artischockenart gleich schmackhaft. Der Grund liegt, so der Botaniker, entweder an zu viel Stroh oder Heu, das im Inneren der Pflanze wächst und ungenießbar ist. Auch zu trockene Pflanzen schmecken nicht allzu gut, so Schlatti. Wildpflanzen seien zwar essbar, jedoch ist die Zubereitung etwas mühsamer als die der kultivierten Artischocken.

Auch als Frühstück geeignet

Nacht der Ernte sollten die Artischocken schnell verwendet werden, da sie sich sonst schnell braun färben. Christian Jäger rät daher sie aufzuschneiden und in eine Schüssel mit kaltem Zitronenwasser zu legen.

Beim Kochen gilt es die Kochdauer zu beachten. Diese hängt von der Größe der Artischocke ab. Christian Jäger rät dazu die kleinen Artischocken zehn Minuten und die größeren bis zu dreizehn Minuten kochen und nachziehen zu lassen. Schneller ist die Zubereitung durch dünsten, hier ist die Artischocke schon nach fünf bis sechs Minuten fertig.

Die kulinarische Verwendung der Artischocke ist vielseitig. Als Vor- oder Hauptspeise, als Salat, aber auch zum Frühstück, klein geschnitten auf dem Butterbrot schmeckt die distelartige Pflanze gut. Eingelegt werden die kleinen Pflanzen im Ganzen und bei den großen nur die Artischockenböden, also der unterste Teil. Die eingelegten Artischocken, wie sie als Pizzabelag verwendet werden, haben laut Christian Jäger geschmacklich nicht viel mit dem Frischgemüse zu tun.

Fotostrecke mit 7 Bildern

 Ernte der Artischocken
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Ab September können die ersten Artischocken geerntet werden
 Artischocken am Tisch
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Eingefrischt wie Blumen halten Artischocken im Kühlschrank drei bis vier Tage
Artischocke wird verarbeitet
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Nach der Ernte sollten die Artischocken schnell verarbeitet werden
Artischocke wird geschält
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Das Frischgemüse schmeckt anders als die eingelegten Artischocken
Artischocke wird zerkleinert
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Damit sie sich nicht verfärben sollten sie klein geschnitten werden
Artischocken im Zitronenwasser
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Eingelegt in Zitronenwasser behalten die Artischocken ihre Farbe
Artischocke beschriftet
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Artischocken können vielseitig zubereitet werden

Beliebte Heilpflanze

In der Renaissance wurde der Artischocke noch eine aphrodisierende Wirkung zugesprochen und die Fähigkeit gegen unangenehmen Achselgeruch zu helfen. Diese Heilkräfte sind jedoch nicht nachgewiesen. Dennoch ist sie eine beliebte Heilpflanze. Sie senkt, z.B. den Cholesterinspiegel und fördert die Gallenproduktion und -sekretion, so Felix Schlatti. Auch enthält die Artischocke Bitterstoffe, die sich wohltuend auf den Verdauungstrakt auswirken.