Eingestürzte Kaverne auf der Pasterze von oben
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Umwelt

Pasterzenzunge in 30 Jahren verschwunden

Die Pasterzenzunge am Großglockner nimmt weiter stark ab, pro Jahr sind es siebeneinhalb Meter. Messungen zeigen, dass vom bekanntesten Gletscher der Ostalpen nur noch wenig übrig ist. In etwa 30 Jahren wird die Gletscherzunge wohl verschwunden sein.

Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik untersucht die Dicke und Mächtigkeit des Eises seit dem Jahr 2004. Drei- bis viermal pro Jahr kommen der Oberdrautaler Anton Neureiter und Gernot Weyss im Namen der Wissenschaft zur Franz-Josefs-Höhe unter dem Glockner. Von Jahr zu Jahr wird der Weg zum Eis beschwerlicher.

Zwei Forscher wandern zu Gletschersee
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Die Forscher machen sich in aller Frühe auf den Weg

Ein See mit Eisblöcken statt ewigen Eises

Wenn sich die beiden auf den Weg machen, ist es noch sehr früh. Zu Fuß geht es mit schwerem Gepäck 200 Meter abwärts. Hier gab es einmal Eis, in den vergangen 170 Jahren ist aber mehr als die Hälfte davon verschwunden. Vor rund zehn Jahren lag das Ende der Pasterzenzunge an dieser Stelle, heute ist es ein See mit bizarren Eisskulpturen – es sind die Reste des Gletschers, die sich von Jahr zu Jahr verändern.

Gletschersee
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Gletschersee anstelle einer Eiszunge mit schwimmenden „Eisbergen“ wie in der Antarktis

Mit dem Seil über einen Gletscherbach

Eine Wegstunde später müssen die beiden auf dem Weg zum Eis über einen Gletscherbach. Die einzige Möglichkeit dafür bietet ein Stahlseil – es wurde von der Bergrettung für Notfälle eingebaut.

Forscher hantelt sich am Stahlseil über Gletscherbach
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Techniker Gernot Weyss: „Das Seil ist nicht gewöhnungsbedürftig, das macht Spaß“

Messstation wandert mit dem Gletscher talwärts

Für Touristen ist dieser Weg dennoch absolut tabu. Endlich taucht die Wetterstation der Zentralanstalt vor den Forschern auf, die mitsamt den Resten der Gletscherzunge talwärts wandert. Gernot Weyss: „Es ist eine Floatingstation, die nur am Eis steht und nicht eingebohrt ist und mit der Eisoberfläche abschmilzt. Letzten Herbst gab es Windgeschwindigkeiten mit 165 Kilometern pro Stunde, die Station ist aber zum Glück nicht umgefallen.“

Messstation auf der Pasterze
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Floatingstation

Besonders starker Rückgang in den letzten Jahren

In den vergangen Jahren war der Rückgang des Gletschers besonders stark. In den letzten fünf Jahren sind 16 Prozent verschwunden. Anton Neureiter widmet sich weiteren Messpunkten. Hier, wo das Eis vom Johannisberg, dem oberen Pasterzenboden und Hufeisenbruch talwärts fließt, werden Löcher eingebohrt und Kunststoffstangen versenkt. Nach zwölf Monaten sieht man, wie viel Eis abgeschmolzen ist.

Bohrer zur Gletschermessung
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Eisbohrung

200 Meter Eis in 50 Jahren wohl verschwunden

Neureiter: „Wir haben in den letzten Jahren immer starken Verlust gehabt. Siebeneinhalb Meter ist in diesem Bereich hoch, aber in den letzten Jahren leider normal.“

Gemessen wird an der stärksten Stelle der Eisdecke. „Unter uns sind noch knapp 200 Meter Eis. Bei siebeneinhalb Meter Schwund im Jahr kann man sich ausrechnen, dass es bis 2050 mit dem Eis hier knapp wird.“

Drohnenflug über die Pasterze: Forscher als kleine Punkte erkennbar
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Die Pasterze von oben

Bäche lassen Eis von innen einbrechen

Mit einem besonders genauen GPS-Gerät wird vermessen. Der Gletscher wird auch von innen her kleiner – wie bei diesen kraterähnlichen Formationen.

„Es kommen Bäche herein, die sich über die Felsen erwärmen und dann in den Gletscher reinfließen. Es bilden sich Kavernen, die dann einbrechen. Es ist ein Kollabieren der Zunge, das geht dann viel schneller.“

Eingestürzte Kaverne
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Eiskavernen zeigen: Das Eis nimmt auch von innen her ab

Geröllschicht isoliert die Pasterzenzunge

Der größte noch erhaltene Teil der Pasterzenzunge liegt unter einer isolierenden Geröllschicht. Ob und wann gemessen werden kann, ist für die Forscher immer auch eine Wetterfrage. Bei Gewittern zum Beispiel wird es hier lebensgefährlich.

Bergpanorama mit Gletscher
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In den vergangen 170 Jahren ist der Pasterzengletscher auf die Hälfte seiner Größe zusammengeschrumpft.