Wanderer am Weg zum Hochweissteinhaus in den karnischen Alpen
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Lifestyle

Hüttenwirtschaft in vierter Generation

Seit 70 Jahren bewirtschaftet Familie Guggenberger das Hochweißsteinhaus in den Karnischen Alpen. Anders als bei vielen anderen Hütten ist die Hüttenpacht des Hochweißsteinhauses eine Familienangelegenheit. Daran ändert auch die Pensionierung der jetzigen Pächterin Ingeborg Guggenberger nichts: Die Jugend bleibt auf der Alm.

Das Hochweißsteinhaus ist für Autos unerreichbar, trotzdem herrscht reges Kommen und Gehen. Die Hütte fungiert als Zwischenstopp und Basislager für Kletterer und Weitwanderer. Mit bis zu 65 Gästen täglich gibt es immer etwas zu tun. Einer der Ruheorte vor dem Hochweißsteinhaus ist eine Hollywoodschaukel, gebaut aus Brettern und Kletterseilen. Sie dient tagsüber als Ruheraum für die Gäste und abends zur Entspannung der Hüttenwirtin und ihrer Mitarbeiter.

Seit 1950 ist die Hüttenpacht eine Familienangelegenheit

Vom Hochweißsteinhaus aus kann gut gewandert werden, doch Wirtin Guggenberger bleibt in den dreieinhalb intensiven Arbeitsmonaten gerne bei der Hütte. „Manchmal schaue ich sehnsüchtig auf die Berge hinauf. Aber ich war ja Gott sei Dank schon als Kind da. Ich war schon auf allen Bergen mindestens einmal oder öfters“, so Guggenberger. In der Pension wird sie das Wandern aber wieder genießen.

Foto aus der Kindheit von Guggenberger auf der Alm
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Erinnerungsfoto aus Guggenbergers Kindheit

Der Vater von Guggenberger war bereits 1949 zum ersten Mal als Tischler auf der Hütte. Nach dem Zweiten Weltkrieg richtete die verlassene, ausgeplünderte Hütte ein Tischlermeister wieder her. Ihr Vater war damals gelernter Tischler und man riet ihm, die Hütte zu pachten. „Dann hat er 1950 die Hütte gepachtet und heuer ist es der 70. Sommer der Familie auf der Hütte“, sagte Guggenberger. Seitdem ist die Hütte eine Familienangelegenheit.

Das Hochweißsteinhaus ist für die Familie Heimat

Guggenberger hat zwei Brüder und alle drei haben ihren ersten Sommer im Tal verbracht. Für sie war es der einzige Sommer in ihrem Leben, den sie nicht auf dem Berg verbrachte. „Mit eineinhalb Jahren bin ich wieder hinunter in das Tal gekommen und meine Eltern wollten mich dann ins Bett bringen. Dann habe ich geweint und meinen Eltern gesagt ich möchte wieder heim“, sagte Guggenberger.

Hochweissteinhaus in den karnischen Alpen
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Im Sommer ist die Familie Guggenberger gerne in den Bergen, im Winter aber lieber im Tal

Sie weiß, wie man die Hütte managt

Seit 36 Jahren ist Guggenberger auf dem Hochweißstenhaus. In dieser Zeit entwickelte sie auch gewisse Prinzipien, um einen geregelten Ablauf zu haben. Es sei notwendig, eine strenge Linie zu haben, denn sonst ufere alles aus, sagte Guggenberger. „Wir würden nicht zurechtkommen, wenn man sagt, das Frühstück geht bis irgendwann, jeder kann kommen, wann er möchte.“ Auch die Mitarbeiter der Pächterin benötigen ihren Feierabend und sind froh, wenn sie die Karnischen Alpen genießen, oder einfach etwas Schlaf nachholfen können.

Ingeborg Guggenberger
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Die Hüttenwirtin kocht bereits seit ihrem 24. Lebensjahr auf der Hütte

Ingeborg Guggenberger kocht als Pächterin seit ihrem 24. Lebensjahr. Trotz der beengten Küche ist es für sie wichtig, dass das Essen passt. „Ich bin es nicht anders gewöhnt und es macht mir auch nichts. Manchmal würde ich mir wünschen, es wäre ein bisschen mehr Platz, oder man könnte mal etwas wo abstellen und dort auch lassen, so muss man immer alles verräumen. Aber es passt schon so“, so die Pächterin. Sie weiß, wie man die kleine Hütte mit 65 Betten managt. Sohn Marian mit Freundin und Enkel Maximilian gehören dazu.

Erwartungen der Gäste stiegen an

Bis zur Hüttenruhe um 22.00 Uhr läuft alles ziemlich reibungslos. Doch in den letzten 40 Jahren veränderten sich die Gäste des Hochweißsteinhauses. Die Menschen haben heute höhere Erwartungen und mehr Geld, als sie damals hatten. Aus diesem Grund ist es für die Pächterin auch möglich geworden, ihren Gästen mehr anzubieten, als vor 36 Jahren. „Früher hat man Teewasser verkauft zum Frühstück, heute haben wir Frühstücksbuffet. Früher haben wir ein Bergsteigeressen am Abend verkauft, heute haben wir ein Halbpensionsmenü und a la carte Geschäft“, sagte Guggenberger.

Hüttenwirtin vor Ipad
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Ein geregelter Ablauf ist Guggenberger auf dem Hochweißsteinhaus wichtig

Ihr liegt es am Herzen, dass sich die Gäste wohlfühlen. Sie war auch sehr erstaunt, dass die heutige Gesellschaft eine grundehrliche sei. Gäste finden verlorene Geldtaschen und Handys und bringen sie zu ihr, um die Gegenstände den Besitzern wiederzugeben. Auch auf vergessene Getränke machten die ehrlichen Besucher Guggenberger aufmerksam.

„Menschen von heute suchen das Abenteuer“

Viele Leute wandern zum ersten Mal in den Bergen und kommen mit ganz viel Glück von einer Hütte zur anderen. „Ich habe so das Gefühl, die Menschen von heute suchen das Abenteuer, wollen es aber gefahrlos haben, also mit Versicherung und das ist halt meistens nicht zu haben“, so Guggenberger. Die Selbstverantwortung spielt beim Wandern eine große Rolle und das müssen Einige noch lernen. „Manche kommen nicht zurecht, die steigen schon früher ab, weil sie dann einfach genervt sind, oder auch die Etappen nicht schaffen“, sagte Guggenberger.

Wanderer am Weg zum Hochweissteinhaus in den karnischen Alpen
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Viele Wanderer benötigen noch Erfahrung auf den Alpen

Keine Fernseher sorgen für mehr Kommunikation

Im Hochweißsteinhaus kann telefoniert und das Handy aufgeladen werden. Doch Fernseher gibt es keinen auf der Hütte, auch nicht in den Privaträumen. „Das macht es auch so interessant. Ich liebe das Leben heroben, das ein bisschen einfacher ist, als unten“, sagte Guggenberger. Das Internet ist langsam, die Pächterin schreibt nur ihre Mails und verzichtet auf alles weitere. „Es bringt mehr Kommunikation und es bringt uns auch dazu, wenn wir mal Zeit haben etwas zu lesen, oder mal wo Karten zu spielen, oder einfach etwas Kommunikativeres zu tun“, so Guggenberger.

Einmal rief auch eine Attrappe eines Bankomaten bei vielen Gästen Unmut hervor. „Die Gäste haben ihre Bankomatkarte durch einen Schlitz eingeworfen und dann war die Bankomatkarte nicht wirklich weg, weil man hat nur den Bankomaten aufheben müssen und dann hat man die Karte wieder holen können“, sagte Guggenberger. Weil die Gäste ungehalten waren, entfernten sie den Bankomaten wieder.

Mitarbeiterzufriedenheit liegt ihr am Herzen

Eine Herausforderung ist das Finden von Personal. Das sei ja schon für Betriebe im Tal schwierig, doch Guggenberger hatte immer ein großes Glück mit ihren Leuten. „Es gibt Leute aus dem Tal, die fragen, ob sie hier arbeiten können, oder die wir fragen, ob sie bei uns arbeiten möchten“, sagte Guggenberger. Beim Österreichischen Alpenverein gibt es eine Jobbörse, bei der die Pächterin ihre Inserate schaltete. Interessierte können sich dann bei der Pächterin melden. In den letzten Jahren habe sie auch deutsche Mitarbeiter gefunden, die gerne bei ihr arbeiteten und auch gerne in den Bergen waren, so Guggenberger.

Hochweißsteinhaus in den Karnischen Alpen
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Guggenberger möchte nicht nur glückliche Gäste, sondern auch zufriedene Mitarbeiter auf dem Hochweißsteinhaus haben

Guggenberger ist es wichtig, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zu verstehen und anerkennen. „Man muss verstehen, dass der eine nur fünf Tage und der andere vielleicht nur drei Tage arbeiten will und ich habe inzwischen eine Mitarbeiterin mehr. Sie kommt drei bis vier Tage und gleicht mir die freien Tage aus“, so Guggenberger. Die Zusammenarbeit funktioniert gut, die Mitarbeiter sind zufrieden und kommen auch gerne wieder.

Bereits in der Kindheit mit Brüdern geklettert

Engelbert Guggenberger ist ein bekannter Priester und ein Bruder der Pächterin. Bis vor drei Jahren half er jedes Jahr auf dem Hochweißsteinhaus, einen Weg frei zu mähen und fei zu schneiden. Seit einem schweren Kletterunfall kam er sie nur noch zwischen durch auf die Hütte besuchen.

Ingeborg Guggenberger mit ihren Brüdern
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Ein altes Foto von Ingeborg, Engelbert und Ernst Guggenberger

Guggenberger hat noch einen weiteren Bruder, Ernst. Mit ihrem Vater ging sie gerne in die Berge, aber auch mit ihren beiden Brüdern kletterte sie viel. „Ich war viel unterwegs, nur dann waren meine Brüder, die doch ein paar Jahre älter sind, im Sommer nicht mehr immer hier in der Hütte zum Helfen und ich habe eigentlich das Klettern dann komplett gelassen“, so Guggenberger.

Wandern ist eine weitere Leidenschaft

Neben dem Klettern ist das Wandern eine weitere Leidenschaft der Hüttenwirtin. Sie ist zwei Mal im Jahr mit einer Freundin auf Pilgerreise. Sie waren auf den Marienpilgerweg und gingen auch schon von zu Hause aus zu Fuß nach Rom. „Wir suchen uns immer wieder etwas aus und werden heuer wahrscheinlich wieder etwas längeres wählen“, so Guggenberger.

Die Hüttenwirtin Guggenberger beim Wandern
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Guggenberger wanderte bereits mit einer Freundin bis nach Rom

Jährliches Hüttenwirte-Treffen

Am Ende der Saison gibt es immer ein Treffen der Hüttenwirte. „Ja das ist ganz lustig. Meistens beginnen wir einmal zu lästern“, schmunzelte Guggenberger. Zu Beginn des Treffens wird kurz über die schrulligen Gäste getratscht, fangen dann aber bald an konstruktiv zu arbeiten. Die Hüttenwirte gaben bereits einen Führer über den Karnischen Höhenweg heraus und haben auch eine gemeinsame Homepage.

Sohn setzt das Familienerbe fort

Heuer ist es die letzte Saison der Hüttenwirtin. Marian wird ab der kommenden Saison die Hütte führen. Er ist in den Karnischen Alpen aufgewachsen und erlebte auch noch einige Jahre mit seinem Großvater. Das Hochweißsteinhaus wird somit im Geiste der Familie fortgeführt.

Familie auf dem Hochweißsteinhaus
Privat
Ihr Sohn Marian wird ab der nächsten Saison übernehmen und setzt das Familienerbe fort

Auch nach der Übergabe wird Ingeborg Guggeberger auf die Hütte kommen und helfen. „Meine Kompetenzen liegen dann einfach nur mehr in der Küche und alles andere muss ich dann nicht mehr machen“, sagte Guggenberger. Das Hochweißsteinhaus bedeutet für die Guggenbergers viele schöne Erinnerungen und schöne Zeiten miteinander.

Der Kleinste war mit einem halben Jahr der Erste

An die Luft in 1.900 Meter Seehöhe gewöhnte sich auch Enkel Maximilian schon. Vielleicht ist er der übernächste Hüttenwirt in den Karnischen Alpen. Er ist eineinhalb Jahre alt und fühlt sich bereits wohl auf den Alpen. Guggenberger freue sich schon, wenn er ein bisschen größer sei, um mit ihm beim Bach spielen zu können.

Hüttenwirtin Guggenberger mit ihren Enkel Maximilian
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Die Hüttenwirtin mit ihrem Enkel Maximilian vor dem Hochweißsteinhaus

Der kleine Maximilian war schon mit einem halben Jahr das erste Mal auf dem Hochweißsteinhaus. „So früh war glaub ich von uns noch niemand heroben“, so Guggenberger. Freude an der Arbeit, Liebe zu dem Haus und zu den Bergen gebe Guggenberger der nächsten Generation mit auf dem Weg, auch „die Flexibilität, die man hier heroben braucht“.