Menschen essen zusammen an einem großen Tisch
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Lifestyle

Gerettete Lebensmittel: Essen wie bei Oma

Vor vier Jahren hat die gebürtige Salzburgerin Elke Oberhauser die Idee zu „best of the rest“ gehabt. Lebensmittel, die auf dem Müll landen würden, kommen zu ihr. Sie verkocht mit ihren Helferinnen Gemüse- und Obstreste zu Gerichten, dazu Marmeladen, Öle oder Suppen.

„Best oft the rest“ ist ein Statement“, so Elke Oberhauser, die vor vierzehn Jahren der Liebe wegen nach Kärnten kam. Gemeinsam mit zahlreichen Helferinnen holt sie das Beste aus zahlreichen Lebensmittelresten. „Wir retten oder bewahren hauptsächlich Obst und Gemüse weil wir alles frisch kochen. Mir ist dieser Zugang von Kindheit auf ein bissl vorgegeben worden. Meine Oma, war eine begnadete Köchin und sie hat das geliebt. Sie hat das Essen immer für die ganzen Sommerfrischler ausgeführt. Meine Mutter war eine gelernte Kellnerin. Sie war eine begnadete Gastgeberin und sie hat mit meinem Vater ein Lokal aufgebaut.“

Elke Oberhauser im Interview
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Gastwirtstochter Elke Oberhauser landete selbst in der Gastronomie

Es sei von Anfang an eines der besten in Österreich gewesen, erinnert sich Oberhauser. Damals kamen Hauben und die Nouvelle Cuisine auf, ihre Eltern waren die ersten, die damit ausgezeichnet worden seien. „Große Teller und wenig drauf“, sagte Oberhauser.

„Behutsam und nachhaltig“

Was die gebürtige Salzburgerin macht, ist weit weg von der Haubenküche ihrer Eltern. Dennoch wurde sie damals mit dem Gedanken infiziert, mit Lebensmitteln behutsam und nachhaltig umzugehen. „Meine Oma hat aus allem etwas gemacht. Da war der Garten sehr wertvoll. Sie hat immer alles konserviert und eingekocht. Aber dann bin ich ins andere Extrem gekommen. Das Beste war gerade gut genug. Dann bin ich nach Kärnten gezogen mit drei kleinen Kindern. Alleinerziehend. Wir haben kein Geld gehabt, kann man sich vorstellen und dann habe ich wie meine Oma angefangen, einen Garten zu aktivieren und alles einzuwecken und einzurexen. Wir haben alles selber gehabt von Bienen über Hühner, haben Essig selber gemacht.“

Elke Oberhauser und Helferinnen beim Gemüseschneiden
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In der Küche wird verarbeitet, was gerade da ist

Liebe für etwas, was sie nie wollte

Alles sei aus der Not heraus geboren worden und ihrer Affinität zu Lebensmitteln und den verschiedenen Arten der Zubereitung, die sie bereits als Kind kennen lernen durfte. „Weil ich immer schon privat gerne gekocht habe für meine Freunde und die mich gefragt haben, kannst du uns nicht auch etwas machen, ist daraus irgendwann „best of the rest“ entstanden“, so Oberhauser.

Vor allem Obst und Gemüse bekommt Oberhauser von größeren und kleineren Märkten zur Verfügung gestellt und dann wird damit unter anderem in ihrem Lokal „Zwölfuhrläuten“ in Klagenfurt gekocht. Schon ihre Eltern waren in der Gastronomie tätig, sie selbst wollte das aber gar nicht.

„Ich wollte nie in die Gastronomie gehen, aber mir ist nichts anderes übrig geblieben. Ich bin die ältere von zwei Schwestern und es hat immer geheißen, das ist alles für dich daheim. Dann hat es auch geheißen, du darfst keine Matura machen, du darfst nicht studieren, weil du musst jetzt hinausgehen und dir die anderen Betriebe anschauen und in München bin ich dann ein bissl hängen geblieben. Da bin ich fast zehn Jahre gewesen und habe wirklich in den besten Häusern gearbeitet, auch in Kitzbühel zum Beispiel.“

Projekt in Schulen getragen

Als sie sich dann als Hausfrau einzig um ihre Kinder kümmerte, war sie aus der Branche draußen, so Oberhauser. Dennoch habe sie immer überlegt, etwas Neues anzugehen. Vor vier Jahren machte sie den ersten gedanklichen Schritt zu „best oft the rest". "Da gibt es etwas ganz Tolles, nämlich Julia Petschnig mit dem together point. Wie ich davon gehört habe, habe ich sie gefragt, ob ich da mitarbeiten kann. Lebensmittel retten und eins zu eins auszugeben, da war ich sehr engagiert, habe mir aber immer gedacht, was du aus dem machen könntest und was du aus dem machen könntest und dann habe ich angefangen, dass ich meine Essen, also die, die Menschen bei mir bestellt haben, aus diesen Lebensmitteln gemacht habe und dann ist irgendwie der Name dazugekommen“.

Gemüse und Obst in Bananenkisten
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Vor allem Obst und Gemüse, manchmal auch Hülsenfrüchte oder Nudeln werden gerettet, aber kein Fleisch

Gespräch mit Lehrerin der Kinder

Weil sie selber drei schulpflichtige Kinder hat, suchte die begeisterte Lebensmittelretterin auch das Gespräch mit einer Lehrerin. „Ich wollte einmal erzählen, was da so abgeht mit dieser Lebensmittelverschwendung und eine Lehrerin hat dann gesagt, „ja komm“ und dann hat das gleich einmal gepasst. Ich habe die Lebensmittel mitgenommen. Wir haben in der Klasse gemeinsam gekocht. Ich habe dazu erzählt, habe mich in der Zwischenzeit ziemlich schlau gemacht über dieses Thema und den Lehrern hat das scheinbar gefallen, weil die haben mich immer weiterempfohlen zu der nächsten Klasse und so ist das gewachsen“.

Für Gutes braucht es nicht viel

Zu Beginn hat sie Obst und Gemüse von Gärtnereien aus Klagenfurt und Umgebung oder vom Markt bekommen. Seit zwei Jahren hat sie auch einen Vertrag bekommen mit einer Supermarktkette. Freiwillige Helfer fahren die Filialen jeden Tag ab und holen Obst und Gemüse.

„Die Lebensmittel bleiben jeden Tag im Kühlhaus drinnen und dann wird das eben zu uns gebracht, aussortiert und genau geschaut, was wir für den Mittagstisch brauchen, für Catering, was kochen wir ein, oder nehmen mit in die Schulen. Das ist ziemlich viel Arbeit, das genau zu sortieren, was ist brauchbar, was nehme ich für was her“, so Oberhauser, die nicht den Zugang hat, die Lebensmittel eins zu eines weiterzugeben.

„Mein Ansatz ist, zu zeigen, was ich daraus machen kann und dass man mit wenig Zutaten etwas Gutes machen kann. Das ist uns immer so eingebläut worden. Ich brauche von dem eine Prise und von dem ein Löffelchen und das habe ich meistens nicht daheim und daran scheitert das ganze Kochvorhaben schon wieder, weil man immer denkt, was brauche ich denn alles. Dabei ist ja das Produkt schon genug, weil ein guter Spargel ist ein guter Spargel“, so Oberhauser, die auch aus Wenig etwas Gutes machen möchte.

Ein Lokal wie bei Oma daheim

Als Alleinerzieherin von drei Kindern musste sie sich etwas einfallen lassen, um finanziell gut über die Runden zu kommen. Also kam sie auf die Idee, Lebensmittel zu retten, die für den Müll vorgesehen sind. Angefangen hat alles mit Caterings, später kamen Schulprojekte dazu oder Managerschulungen. Seit vier Monaten hat Elke Oberhauser auch ihr eigenes Lokal in Klagenfurt.

Elke Oberhauser und Helferin füllen Dessertcreme in Gläser ab
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Es wird nicht nur frisch gekocht, sondern auch eingekocht und eingerext

Für mich musste diese „best oft the rest“ Zentrale etwas Besonderes sein. Ich wollte absolut nichts, aus der herkömmlichen Gastronomie mit Speisekarten und so weiter. Dann hab ich mir gedacht, dass es so sein soll, wie es bei meiner Oma daheim war. Wenn ich hinein gehe in die Küche und da ist schon wer und man fühlt sich willkommen und es riecht so gut nach Essen und ich kann zuschauen was gekocht wird, die Töpfe stehen schon am Herd. Meine Eltern haben einen Bauernhof gehabt und jeder Bauernhof hat so eine Glocke mit einem andern Ton im Dorf gehabt und wenn halt geläutet worden ist, dann war Essen auf dem Tisch. Deswegen heißt mein Lokal auch „Zwölfuhrläuten“, damit es wieder so ist wie früher. Ich gehe zur Tür hinein und das Essen steht auf dem Tisch und ich kann mir nehmen, was ich will.

Die Leute reden wieder übers Essen

Bei uns sitzen ja auch alle Gäste um einen großen Tisch. Es war immer etwas zum Essen daheim und die Leute sind immer gekommen und meine Oma hat immer die Töpfe oder die Reindln auf den Tisch gestellt und da hat dann jeder herausgegessen und so ist es bei mir im Lokal auch“. Bei Elke Oberhauser kochen Pensionistinnen, ehemalige Hauswirtschaftslehrerinnen und auch eine Bergbäuerin aus dem Mölltal.

„Was auch noch so schön ist, die Leute reden wieder miteinander. Bei uns schaut keiner aufs Handy. Zeitungen haben wir auch keine. Bei uns sitzen sie relativ eng zusammen und dann reden sie über das Essen. Sie fangen an, ma das schmeckt ja wie daheim oder meine Mama oder Oma hat das auch so gemacht und das ist einfach das Schöne. Oder wir haben auch ein Buch aufliegen am Tisch, in das jeder seine Lieblingsspeisen hineinschreiben kann und dann wird schon wieder diskutiert, kennen sie das Gericht. Das haben wir bei uns daheim immer gegessen und das ist schön und das freut mich am meisten“.

Fleisch kommt vom Biozulieferer

In das Lokal in Klagenfurt kommen Gäste aus allen Berufs- und Altersschichten, weil viele Büros und Geschäfte in der Nähe sind. Es kommen auch Bauarbeiter, Ärzte, Anwälte, ältere Menschen und Familien mit Kindern, weil Essen verbindet. Nach dem anfänglichen Catering sind auch noch Kühlschrankkontrollen und Schulaufklärungsgeschichten in Sachen Lebensmittelverschwendung entstanden.

Die Lebensmittel erhält die Neo-Geschäftsfrau von verschiedenen Märkten. „Ist alles abgepackt in diesen Plastiktragerln. Jetzt kommen zum Beispiel die Marillen oder die Pfirsiche. Wenn da eine Frucht beschädigt ist, dann muss die Verkäuferin das ganze Tragerl wegschmeißen. Sagen wir, es sind zehn Tomaten drinnen und eine ist runzelig, dann müssen die anderen neun auch dran glauben. Wir holen halt die Runzelige heraus und die anderen neun verwerten wir."

Alles werde frisch gekocht, Fleisch werde aber keines gerettet. Soll es einmal Fleisch geben, bestelle sie es immer bei einem Biozulieferer. "Wir retten immer nur Obst und Gemüse. Wenn manchmal so Sachen dabei sind wie Reis oder Linsen, dann freuen wir uns auch“.

Hauptsächlich kommt Vegetarisches auf den Tisch

Es werde immer das verkocht, was der Kühlschrank hergibt, „denn wenn man Kochübung hat, dann schaut man in den Kühlschrank hinein und sagt, davon ist genug da, das mache ich jetzt. Vor ein paar Tagen haben wir einmal ganz viele Erbsen bekommen und haben dann eben Erbsensuppe gemacht. Also man muss da schon ein bisschen flexibel sein, so wie es eben im täglichen Leben auch ist“, sagte Oberhauser.

Im Lokal in Klagenfurt gibt es laut der Betreiberin mindestens drei bis fünf verschiedenen Salate, zwei bis drei Hauptspeisen, die meistens vegetarisch und einfach ausfallen, wie Rahmpolenta mit einem Letscho oder Wurstnudeln. Es gebe auch eine Nachspeisenköchin, die alle möglichen Dinge wie gebackene Mäuse, Grießschnitten oder Schmarren macht.

Bis vor kurzem eine „one woman show“

Im Lokal gibt es einen großen Herd und mitten im selben Raum stehen auch die beiden großen Esstische und auch viele Rexgläser. „Bei uns wird wirklich alles verwertetet und wenn zum Beispiel Erdbeeren übrig bleiben, dann ist es klar, dass ich schnell eine Marmelade daraus mache und wir machen auch Suppen, Sirupe, Marmeladen, Öle also es wird alles verwertet, was wir übrig haben. Im Fall von „best oft he rest“ war ich auch sehr selbstbewusst und dachte mir, dass die Zeit reif ist für so etwas“, so Oberhauser, die bis vor Kurzem eine echte „one woman show“ war und erst seit kurzem viel Hilfe hat.

Sie wollte aber an ihrer Idee dran bleiben. „Mir war das immer zu wenig mit dem erhobenen Zeigefinger dazustehen. Wir leben das und vielleicht bin auch deswegen authentisch, weil es ein umfassendes Projekt ist, nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis und es ist greifbar, was wir machen".