Blick auf die alte Sparkasser auf dem Villacher Hans Gasser Platz
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Kultur

Buch eröffnet neuen Blick auf Villach

Drei Kärntner Autoren präsentieren in ihrem neuen Buch 26 verschiedene private Geschichten über die Stadt Villach. Sie wollen damit einen neuen Blick auf die Draustadt ermöglichen.

Angela, wie sie im Buch genannt wird, wuchs in Radovljica auf, lebte später in Villach. Im März 1943 wurde sie inhaftiert und dann in das Konzentrationslager Ravensbrück überstellt. Andreas Hudelist erfuhr diese Details von Angela höchstpersönlich, er lernte sie persönlich kennen. Als er 20 Jahre alt war, verstarb sie. „Innerhalb der Familie wurde nie darüber erzählt. Ich habe jetzt wieder erfahren, dass eigentlich meine Eltern und Großeltern nicht mehr, wenn nicht sogar weniger von der Uroma wissen als ich. Das hat mich zusätzlich motiviert, diese Geschichte auszuwählen.“

Buchcover „Performative Stadtgeschichte(n)“ von schau.Räume
Hermagoras Verlag

Zum Buch
Das Buch „Performative Stadtgeschichte(n)“ von Katrin Ackerl-Konstantin, Rosalia Kopeinig und Andreas Hudelist ist bei Hermagoras/Mohorjeva erschienen. Eine Fortführung des Projekt ist geplant.
ISBN: 978-3-7086-1043-6

Geschichten von Menschen und ihren Plätzen

Dem gebürtigen Villacher geht es – eigenen Angaben zufolge – gut damit, dass die Geschichte von Angela jetzt öffentlich geworden ist. Das Projekt war auch eine Möglichkeit in der Familie Fragen zu stellen. Er hofft, dass es so vielleicht möglich wird, über seine Uroma und ihr Leben zu reden.

Mit dem Buch werden ganz andere Geschichten von Menschen in Villach erzählt. Veronika Kapeller erinnert sich, wie sie vor 40 Jahren als Politesse nach Villach kam. Mit dabei sind aber auch Menschen, die aus Italien, dem Irak, Indien, den USA oder Deutschland in die Stadt kamen. Im Buch gibt es zwei Stadtpläne von Villach – den bekannten und einen zweiten mit den Namen, den die Autorinnen und Autoren ihnen wichtigen Orten gegeben haben.

Alternative Sichtweisen auf Stadt

Es sei laut Hudelist ein Stadtplan, auf dem man Namen vorfinde, mit denen mit nichts anfangen könne, „es sei denn, man hat die Geschichte im Buch gelesen.“ Man könne sich selbst eine Führung zusammenstellen und die Stadt mit anderen Augen betrachten. „Es sind 26 Geschichten. Das heißt, man kann 26 neue Orte mit neuen Geschichten und neuem Wissen betreten.“ So wird eine alternative Geschichte der Stadt Villach sichtbar. Für die Menschen selbst hat das Erzählen der eigenen Geschichte auch vieles verändert.

Andreas Hudelist sagt, anhand der Rückmeldungen glaube er sagen zu können, dass ein Teil der Personen nicht lieber, aber auf jeden Fall bewusster an die beschriebenen Orte gehe. Noch lieber würden sie über die Geschichten erzählen. Für viele sei es eine Aufwertung der Person, die dadurch etwas zu erzählen habe.

Tabuthemen werden bewusst ins Zentrum gerückt

Ausgangspunkt für das Buch waren Veranstaltungen von schau.Räume in Villach. Das Performanceformat realisiert Kunstprojekte im öffentlichen Raum und in leerstehenden Geschäftsräumen, die auf tabuisierte und marginalisierte Themen aufmerksam machen und einen Diskurs darüber ermöglichen. Die Zuschauer dürfen mitmachen.

Im Zuge des aktuellen Projekts wurden Stadtführungen angeboten, bei denen an den jeweiligen Orten die dazu passenden Geschichten erzählt wurden. Am Ende laden einige freie Seiten dazu ein, seine eigene, ganz persönliche Stadtgeschichte zu erzählen.