Trattnigteich
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„Aufgezeigt“

Grenzstreit am Trattnigteich

Am Trattnigteich, in Schiefling, kämpft Familie Ramusch-Michelini seit 2017 um eine neue Uferverbauung für das familieneigene Landhotel. Obwohl die Verbauung naturschutzrechtlich längst genehmigt ist, stellt sich die Gemeinde quer: Das Ufer gehört der Gemeinde und deshalb fordert sie Grundflächen entlang der Straße.

Der Trattnigteich ist seit Generationen eng verwoben mit der Geschichte der Familie Ramusch-Michelini. Tanja und ihr Vater Gregor führen hier ein Landhotel am Badeteich. Die Uferbefestigung liegt auf Gemeindegrund. Sie ist längst morsch und soll schon seit fünf Jahren erneuert werden, das scheitert aber am Widerstand der Gemeinde. Nach langem Kampf ist Tanja Michelini deshalb entmutigt: „Es ist ermüdend und nervenaufreibend. Die Verzweiflung steigt von Tag zu Tag und man schmeißt die Nerven in regelmäßigen Abständen weg. Alles was besprochen wurde, hat in der nächsten Besprechung wieder an Wert verloren und niemand weiß mehr davon.“

Die morsche Uferverbauung
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Die Uferverbauung ist schon sichtlich morsch

Tatsächlich geht es um einen schmalen Uferstreifen, der im Gemeindebesitz ist und für den die Gemeinde im Abtausch Grund an beiden Seiten der Straße haben will. „Grundsätzlich geht es bei uns darum, dass wir eine Uferverbauung haben, die nicht zu unserem schönen Haus passt. Diese wollen wir schon seit fast sieben Jahren erneuern. Dafür haben wir alle rechtlichen Genehmigungen von BH und Land eingeholt“, so Tanjas Vater Gregor Ramusch. Nur die Gemeinde weigere sich dem zuzustimmen. „Sie wollen eine Straßenverbreiterung. Ich glaube, das ist nicht notwendig“, so Ramusch.

Die Straße um die es geht
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Gemeinde will breiteres Bankett

Die Straße, um die es geht, ist 2,80 Meter breit und asphaltiert, eine Fahrverbotsstraße für wenige Anrainer, die im Naturschutzgebiet endet. Dort darf nichts mehr gebaut werden. Das macht eine Verbreiterung unlogisch. Im Vorgespräch bestätigt die Gemeinde, dass die Straße gar nicht verbeitert werden soll, es gehe um ein breites Bankett.

Aber was kann sich Tanja Michelini als Kompromiss vorstellen – auf welchen Grundstreifen könnte sie verzichten? „Die Gemeinde besitzt den Straßengrund, wir haben rechts und links davon unser Grundstück. Richtung Landgasthof haben wir eine schöne Hecke, die wir erhalten wollen, können also nur minimal Grund abtreten. Den Rest Richtung Trattnigteich könnten wir uns als Austausch vorstellen.“

Grenzen nicht rechtsverbindlich

Das „Aufgezeigt“-Team holte Dietrich Kollenprat nach Schiefling. Er ist gerichtlich beeideter Sachverständiger und Zivilgeometer. Vielleicht kann er helfen, die Grenzen zwischen Hotel, Straße und Ufer des Trattnigteiches genau festzulegen. „Wir haben hier für alle drei Grenzzüge die grafische Mappengrundlage, die für Kärnten in der Zeit von 1822 bis 1830 entstanden ist. Diese wurde dann immer wieder weiter vorgezeichnet. Die Messmethoden von vor 200 Jahren waren nicht wie heute.“

Bedeutet also, es gibt zwar grafisch Grenzen in allen Karten, aber diese Grenzen sind nicht rechtsverbindlich und könnten schlichtweg falsch sein. „Das Grundproblem sehe ich darin, dass diese Grenzen bisher nicht eindeutig vermessen waren. Es gibt eben auch keine Grenzzeichen. Das hätte man auch machen können, dass man Steine oder Marken setzt, wo die Eigentumsgrenze klar ersichtlich ist“, so Kollenprat.

Der Sachverständige mit der Familie
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Gudrun Maria Leb mit dem Sachverständigen Dietrich Kollenprat, Tanja Michelini und Gregor Ramusch (v.l.n.r.)

Neue Grenzen vermessen

Es geht also um drei Grenzzüge. Das Teichufer im Gemeindebesitz und die Grundstücke links und rechts neben der Straße im Besitz der Familie Ramusch-Michelini. Zumindest zeigen das die Karten so. Keine dieser drei Grenzen ist also rechtsverbindlich festgelegt, so Kollenprat. „Bei einer Grenzvermessung wird heute eine Grenzverhandlung mit einem Grenzverhandlungsprotokoll erstellt. Dieses ist von den Eigentümern zu unterfertigen. Im Fall der Gemeinde durch ein Gemeindesiegel und Unterschrift des Bürgermeisters.“

Dafür müssen aber die neuen Grenzen ausgesteckt und vermessen werden, im Beisein der Familie Ramusch-Michelini und im Beisein der Gemeindevertreter von Schiefling. „Die Punkte werden einvernehmlich vermarkt in der Natur, werden dann eingemessen mit Anschluss an das Landeskoordinatensystem und dann wird eine Vermessungsurkunde verfasst. Jede dieser drei Grenzen soll rechtsverbindlich werden und das kleine Grundstück vor dem Trattnigteich kann auch in den rechtsverbindlichen Grenzkataster übernommen werden.“ Dann würde hier sprichwörtlich „die Eisenbahn drüberfahren“, so Kollenprat.

Klage als Alternative

Alternativ zu dieser einvernehmlichen Grenzberichtigung könnte Familie Ramusch-Michelini ihren Anspruch auf den Uferstreifen einklagen, so Anwalt Rudolf Vouk. „Die Familie behauptet, dass die Naturgrenze immer die Uferlinie war. Wenn man das beweisen kann und das Gericht dem Glauben schenkt, dass die Ersitzungszeit abgelaufen ist, dann wäre dieser Grundstücksstreifen, egal wem er tatsächlich auf dem Papier gehört, ersessen und hätte die Familie Ramusch Eigentum daran erworben.“ Die Ersitzungszeit sei bei Privatpersonen 30 Jahre und bei Personen öffentlichen Rechts 40 Jahre. „Ich gehe davon aus, dass die Familie Ramusch das Grundstück bis zur Uferlinie wahrscheinlich schon ersessen hat“, so Vouk.

Ob das allerdings zum Erfolg führt, ist fraglich, weil Familie Ramusch-Michelini für den Steg und die Teichbenützung ihrer Gäste Pacht zahlt. Im aktuellen Pachtvertrag steht ausdrücklich, dass es für jede Veränderung am Ufer die Zustimmung der Gemeinde brauche. Abgesehen davon, Tanja Michelini will gar nicht vor Gericht. „Wir leben schon immer in dieser Gemeinde, wir wollen keinen Streit, wir wollen uns nach wie vor in die Augen schauen können und sagen können, dass wir es für beide Seiten gut gelöst haben.“

Gemeindevertreter
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Amtsleiter Wolfgang Smerslak und Bürgermeister Thomas Wuksch

Ein Kompromiss muss her

Es muss also ein Kompromiss erzielt werden, die Frage ist, ob sich die Gemeinde Schiefling auf die Variante mit dem angebotenen Grundabtritt einlässt. Amtsleiter und Bürgermeister kamen für Verhandlungen vorbei, entscheiden muss aber letztlich der Gemeinderat. Da und dort wird nachgebessert, die Gemeinde besteht auf fast fünf Meter Straßenbreite.

„Man braucht links und rechts der Straße einen Retentionsbereich für gewisse Maßnahmen, die in Zukunft vielleicht anstehen. Das kann ich heute nicht sagen, was in zehn oder 20 Jahren ist, sonst wäre ich ein Hellseher“, so Bürgermeister Thomas Wuksch (ÖVP).

Neue Grenzmarken werden gesetzt
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Der Sachverständige setzt neue Grenzmarken

Sachverständiger setzte Grenzmarken

Dietrich Kollenprat setzt schließlich Grenzmarken, die in den nächsten Tagen endvermessen und gezeichnet werden, als Vorschlag für die Gemeinde. „Ich sehe es als guten Kompromiss und als guten Weg“, so Kollenprat. „Ich denke, ich kann mich dahin bewegen“, zeigt sich auch Gregor Ramusch einverstanden. Wenn der Gemeinderat diesen Kompromiss absegnet, dann könnte es nach fünfjährigem Streit endlich ein Happy End für das Landhotel am Trattnigteich geben.