Die Ortschaft Jeserz liegt direkt an der Gailtalstraße (B111). Sechs Familien leben dort im ehemaligen Industriegebiet der Bleiberger Bergwerksunion, heute Euronova. Für sie ist das Abbiegen von der Gailtalstraße oder das Einbiegen in die Gailtalstraße bei fließendem Verkehr mit 100 km/h Höchstgeschwindigkeit oft riskant.
„Habe Angst, mich auf die Straße zu begeben“
Jeden Tag fährt Helga Satz nach Jeserz, um ihre 94-jährige Mutter zu pflegen. Dabei erlebe sie laufend brenzlige Situationen beim Abbiegen von der Gailtalstraße, sagte sie: „Man darf bei uns 100 km/h fahren, wir haben keine Abbiegespur, ich empfinde das als lebensgefährlich und habe Angst, mich auf die Straße zu begeben.“
Sendungshinweis:
Kärnten heute, Radio Kärnten, 20.9.2022
Michael Eder: „Das größte Problem haben wir mit dem Fahrradfahren. Wenn die Autos da mit 100 km/h vorbei fahren, fahre ich mit zwei Kindern nicht auf die Bundesstraße.“
Vier von acht bestehenden Abbiegespuren enden im Nichts
Dabei gibt es auf der 1,7 Kilometer langen Strecke zwischen Gailitz und der Autobahnauffahrt nicht weniger als acht Abbiegespuren. Das „Aufgezeigt“-Team sah sich diese Spuren genauer an und stellte fest, dass vier dieser Spuren tatsächlich im Nirgendwo enden und somit sinnlos sind, wie auch die Bewohner von Jeserz kritisieren.
Land: Ort ist zu klein für Abbiegespur
Hubert Amlacher von der Straßenbauabteilung des Landes sieht das völlig anders. Die vielen Abbieger seien vor 16 Jahren vorsorglich gebaut worden, sagte Amlacher: „Das sind drei Abbiegestreifen in Richtung Industriegebiet, einer in die Waldsiedlung und einer in das geplante und nicht gebaute Fahrsicherheitszentrum.“
Aufgezeigt: Keine Abbiegespur für Siedlung
Die Frage, ob der Ort Jeserz bei der Straßenplanung übersehen worden sei, verneint Amlacher: „Übersehen hat man den Ort bei der Planung nicht, aber es gibt einfach fixe Kriterien bei Planung und Bau. Die Ortschaft ist mit fünf Gebäuden und 15 Einwohnern so klein, dass hier mit zwei bis drei Fahrbewegungen in der Stunde einfach nicht genügend Fahrbewegungen zustande kommen, um einen Abbieger zu rechtfertigen.“
Kreuzung Jeserz ist „zu sicher“
Theoretisch und technisch wäre die Abbiegespur möglich, hieß es. Dagegen spreche aber, dass die Kreuzung Jeserz mit mehr als 200 Meter Sichtweite übersichtlich sei. Das bestätigt auch ein Verkehrsgutachten des Landes, das nach den ersten Beschwerden erstellt wurde. Der Gutachter schloss, „dass aus verkehrstechnischer Sicht für Jeserz keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich sind“.
In der Marktgemeinde Arnoldstein nimmt man die Beschwerden der Jeserzer ernst. Um die Sicherheit zu erhöhen, wünscht sich der Bürgermeister eine Geschwindigkeitsbeschränkung von derzeit 100 auf 70 Stundenkilometer im Kreuzungsbereich. Doch für die Gailtalstraße ist das Land zuständig und nicht die Gemeinde. Geschwindigkeitsbeschränkungen legt demnach die Bezirkshauptmannschaft fest.
BH: Grundlage für Verordnung fehlt
Bezirkshauptmann Bernd Riepan sieht für Jeserz aber schlechte Chancen: „Grundlage für eine solche Verordnung wäre ein Verkehrsgutachten. Wir haben ein Verkehrsgutachten eingeholt, das besagt, dass auf Grund der Beschaffenheit der Fahrbahn und der örtlichen Verhältnisse keine weiteren verkehrspolizeilichen Maßnahmen, sprich eine 70 km/h Beschränkung, zu verordnen sind. Uns fehlt somit die Grundlage eine solche Verordnung zu erlassen.“
Zudem würden die Unfallzahlen belegen, dass in diesem Bereich fast noch nichts passiert sei, sagte Riepan: „Es gab einen Unfall mit Personenschaden in 16 Jahren. Das heißt, wir haben gar keine Handhabe für eine Geschwindigkeitsbeschränkung im Kreuzungsbereich.“
Dass es jetzt endlich Erklärungen gibt, wieso alles so bleibt, wie es ist, macht die Jeserzer sicher nicht glücklicher. Karl Satz: „Wahrscheinlich muss halt erst etwas passieren, damit etwas passiert.“