Die abgerissenen Kabel
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„Aufgezeigt“

Bagger kappt Telefonleitung: Wer zahlt?

Vor dem Haus von Erich Schwarz bei Liebenfels sind zwei Telefonleitungen vom Bagger einer Straßenbaufirma durchtrennt worden. Für die A1-Reparatur zahlen sollten Erich Schwarz und die Baufirma, obwohl die Leitungen in der Vergangenheit von A1 selbst falsch verlegt wurden.

Mehr als zehn Jahre lang ist Schwarz schon A1-Kunde. Im Vorjahr passierte bei einer Straßensanierung vor seinem Haus ein Schlamassel, wofür er die Kosten übernehmen sollte: Zwei Telefonleitungen wurden vom Bagger der Straßenbaufirma gekappt, A1 stellte zwei Rechnungen an den Kunden. Erich Schwarz wandte sich deshalb an Gudrun Maria Leb von „Aufgezeigt“: „Weil ich annehme, dass ich nicht der einzige bin, der von A1 auf diese Art und Weise abgezockt wird.“

Erich Schwarz
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Erich Schwarz ärgerte sich über die Rechnung

Heimkehrer erwartete böse Überraschung

Im Mai wurde die Gemeindestraße in Waggendorf bei Liebenfels saniert. Erich Schwarz war zu dieser Zeit auf Verwandtenbesuch in Niederösterreich. Als er nach Hause kam, erwartete ihn eine böse Überraschung: „Ich habe festgestellt, dass das Internet ausgefallen war und das Telefon war ebenfalls tot.“

Sendungshinweis:

„Aufgezeigt“ in Radio Kärnten und Kärnten Heute, 8.2.2022

Sofort verständigte Schwarz A1, weil auch sein Sohn im Homeoffice arbeiten musste. Der Techniker kam auch prompt, noch am selben Nachmittag. Schwarz hatte inzwischen entdeckt, dass die Leitungen vom Bagger der Straßenbaufirma gekappt worden waren: „Durch Zufall habe ich die Beschädigung entdeckt und das auch gleich dem Techniker von A1 mitgeteilt. Dieser hat noch auf den Vorarbeiter der Baustelle gewartet. Es wurde diskutiert, wer schuld hat. Ein paar Tage später habe ich eine Rechnung über 178 Euro von der Post zugestellt bekommen, mit dem Hinweis: ‚Bitte nicht einzahlen – der Betrag wird vom Konto abgebucht‘. Ich habe sofort Einspruch erhoben, trotzdem ist der Betrag einige Zeit später vom Konto abgebucht worden.“

An der Mauer wurde die Leitung durchtrennt
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Hier wurde gegraben

Schwarz wandte sich an die Straßenbaufirma, um die Kosten beim unmittelbaren Verursacher einzufordern und blitzte ab. „Die Baufirma hat mir zurückgeschrieben, dass weder ich noch die Baufirma schuld tragen, da das Kabel falsch verlegt wurde.“

Aufgezeigt: Gekapptes Internet

Baufirma: A1-Kabel lag falsch weil direkt unter Asphalt

Die Baufirma wollte also auch nicht für den Schaden bezahlen, der bei der Sanierung der Gemeindestraße passierte. Der Grund: Telefonleitungen müssen in 60 Zentimeter bis ein Meter Tiefe vergraben und mit einer Abdeckplatte gesichert sein, so steht es in den A1-Bedingungen.

Die Baufirma schrieb auf ORF-Anfrage: „Das Kabel lag direkt unter der Asphaltschicht und wurde schon beim Asphaltabbruch und nicht erst bei den Grabungsarbeiten abgerissen. Aus diesem Grund kann die A1 weder dem Kunden noch unserer Baufirma die Montagekosten in Rechnung stellen“.

Foto vom Schaden
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Foto des Schadens

A1 wollte von Baufirma 917 Euro

Das „Aufgezeigt“-Team nennt die Straßenbaufirma diesmal bewusst nicht namentlich. Der Grund: Der Firmenchef bestätigte gegenüber der Redaktion, dass solche Pannen bei Bauarbeiten leider sehr häufig vorkommen. A1 habe auch der Firma eine Rechnung über 917 Euro geschickt, die man aber nicht bezahlt und erfolgreich beeinsprucht habe – weil eben die Leitungen nicht ordnungsgemäß verlegt wurden und auch die Leitungspläne nicht aktuell sind.

A1 wollte Kabel flicken – wieder folgte Kundenrechnung

Erich Schwarz blieb also auf den Kosten sitzen und damit nicht genug: Als er im letzten Sommer seinen Urlaub in Italien verbrachte, rief erneut A1 an: „A1 hat mich kontaktiert und gefragt, ob die Techniker auf meinen Grund dürfen, weil sie die Kabel flicken wollten. Das habe ich genehmigt, weil ja eine Asphaltdecke draufkam. Ein halbes Jahr später habe ich wieder eine Rechnung bekommen – ohne, dass von mir ein Auftrag erteilt wurde.“

328 Euro waren es diesmal, die Schwarz als A1-Kunde bezahlen sollte, obwohl er überhaupt nichts für die gekappten Leitungen konnte – ja nicht einmal zu Hause war, als das Schlamassel passierte. Er entschloss sich also dazu, das „Aufgezeigt“-Team einzuschalten.

Rechtsanwältin: Kein Einzelfall

Dieses wandte sich an Rechtsanwältin Elke Romauch, sie ist Spezialistin für Schadenersatzfragen: „Es kommt immer wieder vor, dass Kabel ursprünglich nicht sachgerecht verlegt wurden von A1. Das heißt, es ist kein Einzelfall, es ist ein Klassiker. Dem Kunden ist hier zu empfehlen, nicht zu zahlen, weil offensichtlich ist, dass A1 hier nicht rechtmäßig verlegt hat.“

Elke Romauch
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Juristin Elke Romauch

Es handle sich laut Romauch um eine „Altlast, als das Kabel verlegt wurde – Herr Schwarz hat nicht zu zahlen“. Ebensowenig müsse die Baufirma zahlen, es gebe nur einen Schaden, daher könne es auch nur eine Rechnung geben und die sei nicht zu zahlen. Romauch kennt aus ihrer Kanzlei ähnliche Fälle, die vor Gericht landeten.

Laut Wirtschaftskammer-Umfrage: Kein Einzelfall

Die Wirtschaftskammer startete schließlich für das ORF-„Aufgezeigt“-Team eine Umfrage und fragte bei Straßenbauunternehmen nach, wie häufig Leitungsschäden tatsächlich vorkommen. Das Ergebnis: Es passiere immer wieder, dass Leitungen durchtrennt werden, weil sie entweder vor Jahrzehnten nicht ordnungsgemäß verlegt wurden oder weil die Pläne vom Fernmeldeamt oder der KELAG nicht mehr ganz aktuell sind.

A1 wende sich auch immer wieder mit Rechnungen an die betroffenen Baufirmen, die dafür auch entsprechend versichert seien. Kein Verständnis hat die Wirtschaftskammer laut eigenen Angaben dafür, wenn auch noch die von einem Leitungsschaden betroffenen A1-Kunden zur Kasse gebeten werden.

Drei A1-Rechnungen wegen „Verrechnungsfehler“

Damit ist die Geschichte von Erich Schwarz aus Waggendorf kein Einzelfall. Gudrun Maria Leb konfrontierte A1 mit den Forderungen und bekam folgende schriftliche Stellungnahme: "Tatsächlich kam es bei der Behebung des Leitungsschadens vor dem Grundstück des Herrn Schwarz, die von unseren Technikern noch am Tag der Schadensmeldung bewerkstelligt werden konnte, zu einem Verrechnungsfehler. Dieser ursprüngliche Fehler hat leider auch dazu geführt, dass Herr Schwarz nach der ersten, noch eine weitere falsche Rechnung über diese Arbeiten erhalten hat. Wir haben nun selbstverständlich beide Rechnung storniert und uns bei Herrn Schwarz auch in Form einer Gutschrift auf sein Grundentgelt entschuldigt.“
Damit ist das Schlamassel behoben.