Bernhard Gitschtaler mit seinem Sohn
ORF
ORF
„Aufgezeigt“

Kinderbetreuungsgeld wird zurückgefordert

Ein junger Familienvater in Hermagor war zwei Monate in Karenz. Bei seinem Job muss er sich aber jedes Jahr einige Wochen arbeitslos melden. Vermutlich nach einem Beratungsfehler im Arbeitsmarktservice (AMS) bezog er für einige Tage zugleich Arbeitslosen- und Kinderbetreuungsgeld. Nun soll er über 2.000 Euro zurück zahlen.

Der erste Fall für das Aufgezeigt-Team betrifft die Familie des Sozialarbeiters Bernhard Gitschtaler aus Khünburg bei Hermagor. Der junge Familienvater war für seinen Sohn Leopold im Jahr 2020 von Juni bis 1. August in Vaterkarenz.

Kann Vaterkarenz nur jedem empfehlen

Der Jungvater genoss die zwei Monate Karenzzeit im Sommer in vollen Zügen, wie er sagte, „das ist eine tolle Sache, ich kann das nur jedem empfehlen. Da ist man dabei, das kann Dir niemand mehr weg nehmen und wenn man es nicht gemacht hat, kann man es nicht mehr nachholen.“ Der Gailtaler veröffentlichte im Frühling 2020 sogar ein Buch zum Thema, mit dem Titel „Papa werden – das größte Abenteuer meines Lebens“. Darin findet sich auch ein Kapitel über das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld.

Bernhard Gitschtaler mit seinem Sohn
ORF
Bernhard Gitschtaler mit seinem Sohn

Als Sozialarbeiter ist Gitschtaler im Jugendzentrum Hermagor beschäftigt. Während der Sommerschließung des Zentrums muss er sich immer für ein paar Wochen arbeitslos melden. Deshalb meldete er sich auch beim AMS Hermagor, um sich für die Zeit nach der Karenz, ab 2. August, arbeitslos zu melden.

Sendungshinweis:

„Aufgezeigt“, 19.1.2021

Acht Tage zu früh arbeitslos gemeldet

Vor dem AMS belegte er sogar, dass er sich bis 1. August in Vaterkarenz befindet, sagte Gitschtaler. „Ich habe auch dazu gesagt, das ich bereits Kinderbetreuungsgeld erhalte. Die Beraterin hat darauf einige Sachen im Computer eingegeben und mir einen Zettel zum Unterschreiben gegeben. Damit, so habe ich gedacht, passt die Sache und alles ist erledigt.“

Erledigt war aber leider gar nichts. Im Spätherbst wurde Gitschtaler per Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse das gesamte Kinderbetreuungsgeld aberkannt. Der Grund: Er war schon ab 25. Juli arbeitslos gemeldet und nicht – wie von ihm vermutet – erst acht Tage später, ab 2. August. Das wäre dann bereits nach der Karenz gewesen.

Bernhard Gitschtaler mit seinem Sohn
ORF
Vater und Sohn beim Spielen

Rückforderung: Doppelbezug und Mindestbezugsdauer

Alexandra Kronig ist Juristin der Österreichischen Gesundheitskasse und erklärte uns, dass bei der Rückforderung auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen verwiesen werde. "Es gibt zwei Gründe, warum die Rückforderung zu erfolgen hatte. Zum einen liegt ein Doppelbezug mit Einkommensersatzfunktion vor, nämlich einerseits das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld und andererseits das Arbeitslosengeld. Und im Kinderbetreuungsgeldgesetz ist verankert, dass bei einem Doppelbezug das Kinderbetreuungsgeld zurück zu fordern ist.

 Andrea Kronig von der ÖGK
ORF
Andrea Kronig von der ÖGK

Zum zweiten gebe es beim Kinderbetreuungsgeld auch die Vorgabe, dass die Mindestbezugsdauer 61 Tage beträgt. „Wenn diese Dauer unterschritten wird, kommt es auch zu einer Rückforderung.“ Die ÖGK habe da überhaupt keinen Spielraum, weil sie reine Auszahlungsstelle für das Ministerium für Arbeit, Familie und Jugend ist, sagte Kronig. Gitschtaler fällt unter die Mindestbezugsdauer von 61 Tagen, wenn die acht Tage des verfrühten Arbeitslosengeldbezuges von seiner Karenzzeit abgezogen werden.

Immerhin bietet die ÖGK Berrnhard Gitschtaler eine Ratenzahlung an, doch das tröstet die Familie kaum. „Für eine junge Familie sind diese 2.066 Euro, die wir für zwei Monate erhalten haben, viel Geld, das wir nicht einfach so aus dem Nichts hernehmen und zurückzahlen können“, sagt Gitschtaler.

Kann Arbeitslosengeld zurück gezahlt werden?

Wer ist aber wirklich dafür verantwortlich, dass Gitschtaler – aus seiner Sicht – zu früh arbeitslos gemeldet wurde? Bernhard Gitschtaler wird bald abermals Vater, er befürchtet, dass seine Geschichte wirklich negativ wirken könnte: „Das kann leider für andere Männer abschreckend wirken und das gerade in Kärnten, wo wir nicht so eine hohe Anzahl an Männern in Vaterkarenz haben.“

Natürlich hat der kreative Gailtaler eine Idee, wie sich das Schlamassel doch noch lösen ließe. „Ich würde mir wünschen, dass ich die acht Tage mit Arbeitslosengeld einfach zurück zahlen kann. Dann gebe es keinen Doppelbezug und ich könnte mir das Kinderbetreuungsgeld behalten.“

AMS: Werden versuchen, Ausnahme zu erwirken

Auf die Frage, ob die Arbeitslosenmeldung im Nachhinein geändert oder das Arbeitslosengeld für acht Tage zurückgezahlt werden könnte – statt der 2.000 Euro Kinderbetreuungsgeld – sprach AMS-Landesgeschäftsführer Peter Wedenig von einem ein wenig verzwickten Fall. „Für uns war zunächst nicht ersichtlich, dass dieser Antrag auf Arbeitslosengeld erst mit 2. August zu stellen war und nicht irrtümlicherweise mit 25. Juli. Das Problem war, dass nachdem der Bescheid mit 25.7. an Herrn Gitschtaler ergangen ist, hier kein Einspruch erhoben worden ist und wir das Arbeitslosengeld korrekterweise ausgezahlt haben.“

Peter Wedenig vom AMS
ORF
Peter Wedenig vom AMS

Rückwirkend betrachtet gebe es keinen Ermessensspielraum, dieses Geld zurück zu fordern, sagte Wedenig. „Aber wir werden versuchen, auf der nächsten Ebene eine Möglichkeit zu finden, um hier eine Ausnahme zu erwirken.“ Es scheint so zu sein, dass der Bescheid „aufgrund einer Information, die nicht berücksichtigt wurde“ möglicherweise mit falschen Daten ausgestellt worden sei, sagte Wedenig.

„Wir werden versuchen, für Herrn Gitschtaler eine Möglichkeit zu finden.“ Es könne schon passieren, dass solche Fakten in einem Gespräch der trotz Unterlagen untergeht, sagte der AMS-Geschäftsführer. „Irren ist menschlich. Wir werden versuchen, eine Lösung zu finden.“ Das Aufgezeigt-Team bleibt an dem Fall dran.