Christuskind im Strohbett
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Religion

Weihnachtsansprachen: Achtet aufeinander

Superintendent Manfred Sauer stellt das Bibelzitat „Fürchte dich nicht“ an den Beginn seiner Ansprache. „Du bist wichtig. Jeder ist einmalig.“ In seiner Weihnachtsbotschaft im Jahr der Pandemie stellt Bischof Josef Marketz die Gemeinschaft in den Mittelpunkt. „Schaut und achtet aufeinander“ ist seine Botschaft.

Hier können Sie die Weihnachtsansprachen von Bischof Josef Marketz und Superintendent Manfred Sauer nachlesen.

Weihnachtsansprachen 2020

Josef Marketz, Bischof der Diözese Gurk

Liebe Hörerinnen und Hörer, drage poslušalke, dragi poslušalci, rad bi vam povedal nekaj spodbudnih besed in vas na ta način spremljal v letošnji Sveti večer!

Dass Weihnachten ausfallen könnte, haben wir trotz all der Unsicherheit und den eingeschränkten Möglichkeiten, uns wie gewohnt auf das Fest vorzubereiten, wohl keinen Augenblick lang erwogen. Im Gegenteil: Weihnachtsgefühle tun uns gut. Und wir haben es schon oft erfahren: das Fest leuchtet von innen heraus. Aber woher kommt das Licht? Wenn wir auf alten Weihnachtsbildern nach einer Lichtquelle suchen, die das Kind in der Krippe ausleuchtet, findet sich keine als das Kind selber. Es leuchtet von innen heraus. Es ist selber Licht. Und sein Licht strahlt auf die Menschen um es herum. Im Lichtglanz des Kindes legt sich ein Leuchten auch auf die zermergelten Gesichter der Hirten. Josef und Maria strahlen. Die Qual der Geburt ist vergessen. Stall und Staub, die Mühsal des Lebens sind in den Schatten gerückt. Und Menschen werden ins Licht gesetzt, die sonst kaum einer wahrnimmt.

Bischof Marketz beim Interview
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Aufmerksamer sein

Nach der dunklen Zeit, die heuer nicht nur die kürzer werdenden Tage, sondern noch mehr die ständige Bedrohung durch die nicht fassbare Pandemie zur Ursache hatte, sehnen wir uns nach Licht, das am Abend am Christbaum erstrahlen wird. Der Christabend ist in vielen Familien heuer anders. Das ganze Jahr war anders. Es werden sich vielleicht weniger als sonst zum Feiern versammeln. Auch Geschenke unter dem Christbaum werden weniger sein. Aber das Kind in der Krippe wird uns ins Licht setzen. So können wir aufmerksamer füreinander sein, uns mehr als sonst dem Gespräch widmen.

Gerade jetzt wollen die Menschen wahrgenommen werden. Mit ihren Sorgen und Nöten und Ängsten. In ihrer bloßen Existenz. „Nimm mich doch wahr!“ „Achte darauf, wie es mir geht!“ Das ist der Hilferuf, der gerade bei festlichen Anlässen oft untergeht im oberflächlichen small talk, im Lärm, manchmal sogar im Streit, und der vergeblich auf eine Antwort wartet, auf Trost, auf Zuversicht, auf eine neue Zukunftsperspektive.

Alle – egal ob arm oder reich – blicken auf das Kind

Die Weihnachtsgeschichte erzählt, wie die Hirten draußen auf dem Felde waren bei ihren Herden. Sie fürchten sich – und dann hören sie die Botschaft: Euch ist heute der Heiland geboren! Der Retter! Sie werden hinein genommen in das Wunder dieser Nacht. Sind beteiligt. Werden gesehen. Werden gewürdigt. Das Licht des Kindes taucht die Welt in einen andern Schein.

Bis heute wird von den Menschen erzählt, die damals um die Krippe standen – egal woher sie damals kamen. Egal wie bedeutend – egal ob arm oder reich. Sie stehen um die Krippe herum und schauen auf das Kind. Schauen aufeinander. Sehen sich in diesem Licht. Und gehen verändert in die Welt zurück. In eine Welt, die nicht plötzlich ganz anders ist, aber auf dem Weg dahin, anders zu sein, anders zu werden: heller, freundlicher, friedlicher.

Nehmt einander wahr

Das ist für mich die Weihnachtsbotschaft in diesem Jahr: Schaut aufeinander. Nehmt einander wahr: Achtet aufeinander. Und vor allem: Vergesst das Licht nicht, in dem wir heute Nacht stehen, auf das wir zugehen. Vergesst die Gemeinschaft nicht. Vergesst nicht die Botschaft dieses Kindes: Friede für alle, die guten Willens sind!

Aber ich denke auch an diejenigen, die heute allein sind. Zu Hause oder in einem Pflegeheim, in einem Krankenbett oder an einem anderen Ort. Ich selber habe mich am Heiligen Abend immer für ein paar Stunden zurückgezogen und dabei durchaus eine beglückende Erfahrung gemacht, so ähnlich wie Anselm Grün sie beschreibt: Stille heißt ja, dass das Licht Jesu in uns hineinströmen und die Situation, in der wir gerade sind, verwandeln kann. P. Grün sagt, viele hätten heute solche Angst vor der Stille und dem Alleinsein, weil dann Verletzungen, Zerrissenheit, Trauer hochkämen. Es lohne sich aber, sich dem auszusetzen, denn mit etwas Mut lasse sich das Dunkle überwinden.

Gerade heute, im Vertrauen auf das Licht, das auf jeden von uns fällt. Želim vam in vašim družinam od Božje luči razsvetljen in blagoslovljen Božič. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien lichterfüllte, gesegnete Weihnachten!

Manfred Sauer, Superintendent der Diözese Kärnten

Superintendent Manfred Sauer beginnt seine Weihnachtsansprache in Radio Kärnten mit einem Bibelvers aus dem Lukas Evangelium, Lk. 2,10: „Und der Engel sprach zu den Hirten: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welche ist Christus, der Herr in der Stadt Davids.“

Liebe Hörerinnen und Hörer! George Bailey steht am Heiligen Abend auf einer Brücke und blickt in die Tiefe. Er sollte längst zu Hause sein. George ist verzweifelt. Das Unternehmen, für das er arbeitet wurde in den Bankrott getrieben und er soll dafür verantwortlich gemacht werden. George ist am Ende. Er will sich in den Fluss stürzen. Da sieht er, dass unten im reißenden Wasser schon ein Mensch treibt und um Hilfe ruft. George, der ein Leben lang sich immer wieder für andere eingesetzt hat, zögert nicht lang. Er springt hinab und rettet diesen Menschen vor dem sicheren Ertrinken.

Superintendent Manfred Sauer
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Hilfe für den anderen ist eigene Rettung

Doch dieser Mann entpuppt sich als sein Schutzengel Clarence, der den göttlichen Auftrag hat, George ins Leben zurückzuholen. Das ist kein leichter Auftrag, denn George ist fest entschlossen, zu sterben. Er möchte nie geboren sein, nie geliebt haben, nie Kinder gezeugt haben. Und was tut der Schutzengel: Er zeigt George wie die Welt ausgesehen hätte, wenn er nicht geboren worden wäre. Um die Welt zu retten, die er geliebt hat, gibt es nur einen Weg: Er muss in sie zurückkehren. Was er dann, wie ein aus dem Albtraum Erwachender, auch tut.

Der amerikanische Regisseur Frank Capra erzählt diese berührende Geschichte in seinem Weihnachtsfilm: Ist das Leben nicht schön? 1946 und James Stewart spielt die Hauptrolle. Es ist ein besonderes Weihnachtsmärchen mit mehreren Botschaften.

Jeder ist einmalig

Rettung beginnt mit dem Augenblick, wo ich mich ein Stück weit von mir befreien und lösen kann, nicht mehr nur auf mich selber fixiert bin. Rettung beginnt in dem Augenblick, in dem ich die Hilfeschreie eines andern wahrnehme. Ist da Jemand? Der meine Not erkennt und der sich mir zuwendet. George hört die Hilferufe eines Ertrinkenden und zögert nicht. Er riskiert sein Leben für ein anderes.

Die zweite wichtige Botschaft richtet sich an alle Ertrinkenden, Unglücklichen, Erschöpften und Verzweifelten, an die, die glauben, versagt zu haben. Wer bin ich schon? Was würde sich ändern, wenn ich plötzlich nicht mehr da bin. Würde es jemanden auffallen? Würde es den Lauf der Welt verändern? Die Botschaft an die Hirten auf dem Feld und die Botschaft des Engels im Märchen sind fast ident: Fürchtet euch nicht! Fürchte dich nicht! Du bist wichtig. Jeder ist einmalig, einzigartig und die Welt wäre anders, würde es dich nicht geben.

Gott begegnet uns immer wieder da und dort, wo wir gar nicht damit rechnen. Und vielleicht erkennen wir es erst später, erst im Nachhinein. Gott ist da, wenn uns ein anderer Mensch anrührt. Wenn wir spüren, dass das Leben schön ist und ein Geschenk. Dass jeder Augenblick zählt.

Lichtblick für andere und für unsere Welt

Siehe, ich verkündige eine große Freude: Denn uns ist heute der Heiland geboren. Gott, der in jedem kleinen Kind, in jedem von uns auf die Welt kommt, der uns mit seinem Geist beseelt und beflügelt. Egal wo wir sind und wer wir sind, wir sind Geliebte Gottes. Diese Liebe immer wieder lebendig werden zu lassen untereinander und miteinander, dann ist Rettung möglich, immer wieder.

Weihnachten, das Fest der Menschwerdung Gottes. Gott kommt ganz nah. Er heilt und rettet. Er macht lebendig. Sein Licht durchbricht die Finsternis. Er schenkt die Kraft, selber immer wieder zum Lichtblick zu werden für andere und für unsere Welt.

Amen