Michaela Herzog mit einem Rot-Kreuz-Angestellten
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Aufgezeigt: Streit um Pflegegeld

Michaela Herzog ist seit drei Jahren sehbehindert und braucht ständige Pflege. Die 64 Jahre alte Kärntnerin ist auf einem Auge blind, mit dem anderen sieht sie schlecht. Die Dauer-Behandlung führte zu schweren Depressionen. Nach einer Ablehnung von Pflegegeld hat sie nun noch Probleme mit dem Finanzamt.

Michaela Herzog hat schwer zu kämpfen. Wegen ihrer Sehbehinderung ist jeder Schritt vor die Haustür problematisch, deshalb braucht sie regelmäßig Unterstützung vom Roten Kreuz. „Ich bin froh, dass ich das Rote Kreuz habe, weil ohne die würde ich wahrscheinlich nicht mehr hier stehen“, sagte Herzog. „Sie ist ein sehr positiver Typ, man bekommt es dann meist erst im Gespräch heraus, dass sie einiges bedrückt“, so Martin Messner vom Roten Kreuz Völkermarkt.

Sendungshinweis:

Aufgzeigt, Radio Kärnten, 3.11.2020

Antrag blitzte ab

Mit ihrem ersten Antrag auf Pflegegeld blitzte Michaela Herzog 2018 bei der Pensionsversicherungsanstalt ab. „Das hat mich ziemlich fertig gemacht. Ich hätte das Geld dringend gebraucht, weil ich gar nichts selber machen konnte, Haushalt, Kochen, sogar zum Duschen hab ich Hilfe gebraucht, dazu die Schmerzmedikamente und alles. Das Pflegegeld ist trotzdem abgesagt worden“, so Herzog.

Michaela Herzog
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Michaela Herzog

Um die 5.700 Euro gab Michaela Herzog für die Pflege und Behandlung aus. „Die habe ich dann auch beim Finanzamt beantragt und die ganzen Rechnungen vom Roten Kreuz und vom Hilfswerk wurden gestrichen“. Ausgerechnet die wichtigen Kosten für die Pflege erkannte das Finanzamt nicht an, weil "…ein Betreuungsbedarf oder eine Pflegebedürftigkeit nicht durch den Bezug von Pflegegeld nachgewiesen wurde…“, heißt es vom Finanzamt.

Das Finanzamt Klagenfurt von außen
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Das Finanzamt erkannte Michaela Herzog das Pflegegeld rückwirkend zu

Pflegegeld rückwirkend zuerkannt

Michaela Herzog kennt das Finanzamt als ehemalige Lohnverrechnerin gut. Wegen ihrer Sehbehinderung half ihr eine Freundin bei ihrem Einspruch, aber das Finanzamt gibt nicht nach. Das Aufgezeigt-Team unterstützte Michaela Herzog noch während des Lockdowns im Frühjahr bei einem neuen Pflegegeldantrag und tatsächlich bekam sie mit 1. April 2020 rückwirkend Pflegegeld zuerkannt. Aber der Konflikt mit dem Finanzamt zieht sich bis heute hin und ist inzwischen beim Bundesfinanzgericht anhängig.

Michaela Herzog kein Einzelfall

Das Aufgezeigt-Team holte sich auch Unterstützung von der Arbeiterkammer Kärnten. „Die Kosten für die Pflege durch das Hilfswerk und das Rote Kreuz wären anzuerkennen gewesen. Die Tatsache, dass das jetzt beim Bundesfinanzgericht liegt, bedeutet eine weitere Wartezeit von mindestens einem halben Jahr befürchte ich. Dann wird es hoffentlich gut ausgehen für Frau Herzog“, so Joachim Rinösl von der Arbeiterkammer.

So sieht das auch Behinderten-Anwältin Isabella Scheiflinger und bestätigt, dass der Fall Herzog kein Einzelfall ist: „Es ist für viele Menschen mit Behinderung nicht nachvollziehbar, warum bestimmte Kosten nicht oder nur teilweise anerkannt werden“, so Scheiflinger.

Kompromiss zeichnet sich ab

Den Fall Herzog wird jetzt das Bundesfinanzgericht entscheiden. Das Aufgezeigt-Team ersuchte das Finanzamt Klagenfurt um eine Stellungnahme und bekam die Antwort direkt vom Finanzministerium: „Wir gehen davon aus, dass die Rechnungen vom Roten Kreuz und vom Hilfswerk im noch offenen Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht anerkannt werden. Dennoch konnten nicht alle geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Kilometergelder zu Apotheken und Apothekenprodukte (…) ohne ärztliche Verschreibung etwa. Die Ablehnung entspricht klar der Rechtslage.“ Damit zeichnet sich ein Kompromiss zugunsten von Michaela Herzog ab.