Ewiges Warten auf Schmerzensgeld

Ein folgenschwerer Unfall ist diesmal Thema in „Aufgezeigt“. In den Weihnachtstagen 2017 raste ein Autolenker am Christkindlmarkt in Völkermarkt in einen Punschstand. Eine Verkäuferin wurde schwer verletzt und traumatisiert. Bis heute zieht sich die Endabrechnung von Schadenersatz und Schmerzensgeld hin.

Karin Gruze stand am 22. Dezember 2017 als Verkäuferin in einem Punschstand am Christkindlmarkt in Völkermarkt. Plötzlich hörte sie einen explosionsartigen Knall. Kurz darauf wurde sie meterweit durch die Luft geschleudert. Ein Auto war in den Punschstand gekracht, Karin Gruze wurde schwer verletzt.

Weihnachten 2017 verbrachte sie im Krankenhaus mit starken Schmerzen. Danach gab es Therapien, die bis heute andauern. Wenigstens das Thema Versicherung will sie endlich abschließen können. „Das möchte ich jetzt endlich einmal abgeschlossen haben, noch heute habe ich körperliche und psychische Probleme.“

Karin Gruze zu Hause beim Malen
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Frau Gruze beim Malen zu Hause mit Redakteurin Gudrun Maria Leb

Lenker bestritt Verantwortung nicht

Der Lenker des Unfalls hat seine Verantwortung nie bestritten. Seine Haftpflichtversicherung, die Kärntner Landesversicherung, zahlte im Dezember 2019 6.000 Euro Teilschmerzensgeld. 26 Monate sind seit dem spektakulären Unfall am Christkindlmarkt in Völkermarkt vergangen. Unfallopfer Karin Gruze kann nicht verstehen, warum die Haftpflichtversicherung des Unfalllenkers, die Kärntner Landesversicherung (KLV), noch immer nicht abgerechnet hat. „Meiner Meinung nach geht es für so einen eindeutigen Fall zu langsam weiter.“

Anwalt Hans Herwig Toriser
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Hans Herwig Toriser ist Anwalt von Frau Gruze

Bei einem Besuch von Redakteurin Gudrung Maria Leb wirkte Karin Gruze sehr aufgewühlt. Malen ist ein Teil der Therapie für sie. Sie versteht einfach nicht, warum ihr Fall von der KLV noch immer nicht abgeschlossen ist. Hans Herwig Toriser ist Frau Gruzes Anwalt. Er weist vor allem darauf hin, dass es sich bei diesem Unfall um keinen normalen Unfall handle. „Das war ein gravierendes Ereignis, mit dem niemand rechnet. Man geht doch nicht davon aus, dass plötzlich ein Auto gegen einen Christkindlstand fährt. Da wird man so überrascht, dass einen das völlig aus dem Leben wirft.“

von der Kärntner Landesversicherung
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Daniela Schenett von der Kärntner Landesversicherung

Schaden muss bewiesen werden

Die Problematik ist aber bei Unfallopfern immer die gleiche, sagte Toriser. Grundsätzlich sei es so, dass der, der den Schaden erleidet, diesen auch beweisen muss. „Er muss den Schädiger und den Schaden, den er erleidet, beweisen. Man braucht aber nicht davon ausgehen – selbst wenn die Haftpflichtversicherung des Schädigers den Schaden anerkennt – dass sich ein goldener Esel auftut. Vielmehr muss man davon ausgehen – ein alter Spruch – dass man nicht glauben darf, dass einem die Waffen zum Streit vom Gegner übergeben werden.“ Das heißt also, dass die Versicherung abwartet, was und wie das Opfer seinen Schaden beweist.

Dass ihr aber mehr an Schadenersatz und Schmerzensgeld zusteht, steht außer Frage, sagte Anwalt Toriser: „Das ist so, das resultiert daraus, dass sie verletzt und traumatisiert worden ist. Es ist nun notwendig, diverse Gutachten einzuholen, um beziffern zu können, wie hoch die Beträge sind, die sie erhalten wird.“ Auch ein Vergleich könne erst zustande kommen, wenn klar ist, welche Schmerzen Frau Gruze erlitten hat.

Karin Gruze in Brückl
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Karin Gruze im Gespräch mit Gudrun Maria Leb

Versicherung: Keine Verzögerung

„Aufgezeigt“ fragte bei der Kärntner Landesversicherung nach, ob sich bei Karin Gruze etwas verzögerteund bis wann der Unfall endlich abgeschlossen werden kann. Den Vorwurf der Verzögerung wies die Versicherungen mit Entschiedenheit zurück. Daniela Schenett leitet die Schadenabteilung und sie legte ein minuziöses Protokoll vor, was seit Meldung des Unfalls vor 26 Monaten passierte: „Wir verstehen natürlich, dass Frau Gruze den Fall so schnell wie möglich abschließen will, wir sind als Kärntner Landesversicherung der Meinung, dass jeder Verletzte die Bemessung seines Schmerzengeldes über einen gerichtlich beeideten Sachverständigen bekommt. Es kommt auf die Verletzung an, dass auch mehrere Gutachter beauftragt werden müssen, das ist auch hier so.“

Weitere Untersuchungen nötig

Nach dem ersten Gutachten, das bereits seit Februar 2019 vorliegt, wurden 6.000 Euro Teilzahlung geleistet. Karin Gruze war mit dem Ergebnis des Erstgutachters aber nicht zufrieden und reichte Befunde nach. Die Versicherung beauftragt immer nur einen Gutachter nach dem anderen. Die nachgereichten Befunde werden dem Gutachter vor der Untersuchung geschickt. Das alles dauert, sagte Schenett: „Es gibt keine Verzögerung, das ist ein normaler Ablauf. Die Gutachter müssen die Unterlagen befunden und die Dame untersuchen, das dauert seine Zeit.“

Sendungshinweis:

Aufgezeigt am 3.3.2020

Derzeit wird das psychiatrische Gutachten erstellt, das klären soll, in welchem Umfang Karin Gruze bei dem Unfall traumatisiert wurde. Man rechnet mit dem Gutachten bis Mitte März, dann werde es wohl eine weiter Teilzahlung geben, so Schenett. Von einem Vergleich hält die Kärntner Landesversicherung nichts. Eine Globalabgeltung bedeute, dass damit alle Ansprüche, auch für die Zukunft von Folge- oder Dauerfolgen abgegolten werden, so Schenett. Das wäre nicht seriös.

Abschluss bis Jahresende

Stattdessen wird Karin Gruze noch zwei weiteren medizinischen Sachverständigen vorgestellt werden, sagte Schenett. Sie schätzt, dass die Schmerzengelder bis Ende des Jahres abgegolten seien: „Die Frage, die sich dann stellt ist, ob Dauerschäden bleiben, ob das mit Pauschalbetrag erledigt wird, oder ob man eine Verjährungsverzichtserklärung unterschrieben wird. Damit kann Frau Gruze, falls es ihr schlechter geht, nochmals Forderungen stellen kann:“

Karin Gruze sagt dazu, sie habe dies nun besser verstanden. Sie werden die nötigen Untersuchungen natürlich noch machen lassen.