Bissopfer mit Gudrun Maria Leb
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„Aufgezeigt“

Hundebiss-Opfer sollte OP selbst bezahlen

Ein Hund hat Lukas Schifferl einen Teil der Nase abgebissen. Nach fünf Operationen kämpft das Bissopfer mit der Versicherung um die Kostenübernahme, weil er sich in einer Privatklinik von einem Spezialisten behandeln ließ. Als einmalige Kulanzlösung übernimmt nun doch die Versicherung einen Großteil der Kosten.

Lukas Schifferl wurde durch einen Hundebiss entstellt. Der Polizeidiensthund eines Freundes biss dem jungen Mann bei einer Grillparty einen Teil der Nase ab, dreimal biss der Hund zu. Der Hundeführer wurde später vor Gericht frei gesprochen. Doch für das Bissopfer begann ein jahrelanger Leidensweg und ein Streit mit der Haftpflichtversicherung des Hundes. Denn die zwei wichtigsten plastischen Operationen ließ Lukas Schifferl in einer Privatklinik machen, die Kosten dafür – rund 9.000 Euro – will die Versicherung nicht übernehmen.

Nach dem Tag X ist nichts mehr wie es war

Nichts ist für Lukas Schifferl seit dem 5. August 2015 mehr so, wie es war. Das war der Tag der Attacke: „Auf einmal hat der Hund mich gebissen und die halbe Nase war weg, es gab viel Blut. Ich war im Schock.“

Bissopfer mit Gudrun Maria Leb
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Gudrun Maria Leb und Lukas Schifferl

Mit Loch in der Nase entstellt

Die Rettung fand den abgebissenen Nasenflügel, Lukas Schifferl wurde sofort im Klinikum operiert. Doch es hielt nicht, der Teil musste wieder entfernt werden. Der damals 31-Jährige war mit einem Loch in der Nase entstellt: „Als ich vom Klinikum nach Hause kam, habe ich mir das angesehen und bin umgefallen, ja umgekippt: was ist jetzt los, wie geht es jetzt weiter? Man ist in einer Leere gefangen.“

Erstversorgung missglückt – Gang zum Spezialisten folgt

Natürlich bekam Schifferl einen OP-Termin im Klinikum. Aber nach der missglückten Erstversorgung entschied er sich dafür, die Operation in der Privatklinik Leech bei Graz zu machen, „weil ich mich bei dem Arzt wohlgefühlt habe, der das super erklärt hat. Es hat mich 9.400 Euro gekostet“. Trotz Zusicherung der Versicherung sei nie etwas zurückgekommen, so Schifferl.

Mann mit vielen Verbänden im Gesicht nach rekonstruierender OP wegen Hundebiss
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Die OP beim Spezialisten bringt endlich den gewünschten Erfolg – ein normales Aussehen für Lukas Schifferl

Als Diensthund der Polizei ist der Hund bei der Wiener Städtischen haftpflichtversichert. Tatsächlich gibt es eine grundsätzliche Zusage für die Kostenübernahme. Und tatsächlich bezahlte die Wiener Städtische schon eine beachtliche Summe. Aber die „grundsätzliche“ Zusage schließt die beiden Eingriffe in der Privatklinik in Leech nicht mit ein, sagt „Aufgezeigt“-Rechtsanwalt Florian Mitterbacher.

Versicherung: OP hätte auch in Kärnten stattfinden können

Mitterbacher: "Die Versicherung stellt sich auf den Standpunkt, dass diese Operation auch in Kärnten hätte durchgeführt werden können, mit dem gleichen Erfolg. Der Herr Schifferl und auch ich sind der Auffassung, dass für seinen speziellen Fall eine Spezialbehandlung notwendig war. Es hat eine Koryphäe gegeben, die für ihn die Behandlung durchgeführt hat und so auch diese Kosten, die höhere sind, als allgemein im Krankenhaus bei uns zu entgelten sind, und das ist der Streitpunkt.“

Der Letztstand: Die Versicherung bot einen Vergleich mit 2.500 Euro an, „wir haben gesagt wir könnten uns vorstellen, uns im äußersten Fall mit 5.000 Euro zu bescheiden – das hat die Versicherung bis jetzt abgelehnt.“

Gudrun Maria Leb verhandelte also nach und zwar mit der Wiener Städtischen Versicherung und sie fragte auch bei der Gebietskrankenkasse an, wie teuer diese beiden Operationen im Klinikum gewesen wären.

Mann nach rekonstruierender OP wegen Hundebiss
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Nach dem chirurgischen Eingriff

Bissopfer lebt mit Narben und Loch in der Scheidewand

Lukas Schifferl hat ganz sicher Dauerfolgen von der Hundeattacke vor vier Jahren zu erwarten. Er hat zwar jetzt, nach fünf Operationen, wieder eine wohlgeformte Nase, aber die Narben im Gesicht bleiben und ein Loch in der Nasenscheidewand ist nur mit sehr hohem Risiko reparabel. Er spricht nasal und bekommt weniger Luft: "Ich lasse es so und muss damit wohl leben.“

Mann nach erfolgreicher OP wegen Hundebiss
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Finanzielle Entschädigung wegen Dauerfolgen

Die Dauerfolgen hat der Gutachter der Wiener Städtischen Versicherung festgehalten und deshalb ist auch schon viel Geld ausbezahlt worden. „Aufgezeigt“ fragte an, ob bei so einem schwerwiegenden Fall nicht auch die beiden OP-Rechnungen aus der Privatklinik übernommen werden können und bekam eine schriftliche Stellungnahme als Antwort.

"Wir bedauern sehr, was Herrn Schifferl zugestoßen ist. Nach dem Vorfall haben wir die Kosten für Behandlung, Heilung sowie Schmerzensgeld in Höhe von 60.000 Euro übernommen, Bezüglich der zusätzlichen Forderungen sind wir im Gespräch mit seinem Anwalt, und zuversichtlich, schon bald eine Einigung finden zu können.“

GKK: Können nur im gesetzlichen Auftrag handeln

Anwalt Florian Mitterbacher sagte aber gegenüber der Redaktion, dass die Wiener Städtische 2.500 Euro als Letztangebot genannt hatte – und zwar für beide Eingriffe, die insgesamt 9.400 Euro kosteten. „Aufgezeit“ fragte bei der Kärntner Gebietskrankenkasse an, was die beiden Operationen im Klinikum gekostet hätten. Monika Hasenbichler rechnete es aus: "Die GKK hat für die beiden stationären Aufenthalte in der Privatklinik gleich viele Kosten übernommen wie in einer Landesgesundheitsfonds-finanzierten Krankenanstalt in der Allgemeinen Gebührenklasse in der Höhe von 3.049 Euro.“

Bleibt das Hundebiss-Opfer damit auf einem Teil der Kosten sitzen, fragte Gudrun Maria Leb nach und erhielt daraufhin folgende Antwort: „Die GKK kann nur in ihrem gesetzlichen Auftrag handeln und das ist die Übernahme der Kosten für die allgemeine Gebührenklasse – die Restkosten können wir bezüglich der Privathonorarnote nicht übernehmen.“

Rechtsanwalt Florian Mitterbacher
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Anwalt Florian Mitterbacher

GKK holt sich Geld von Wiener Städtischen zurück

Sehr wohl wird die Gebietskrankenkasse aber ebenfalls mit der Wiener Städtischen abrechnen und sich zurückholen, was an Kosten für Lukas Schifferl übernommen wurde. Das bedeutet, dass die beiden Operationen im Klinikum mehr als 3.000 Euro gekostet hätten und das Vergleichs-Angebot der Wiener Städtischen mit 2.500 Euro sehr bescheiden ausfällt.

Bissopfer mit Gudrun Maria Leb
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Gudrun Maria Leb und Lukas Schifferl

Einigung am Kulanzweg: „Endlich vorbei“

Gudrun Maria Leb fragt also noch einmal an und belegte ihre Recherchen. Das Ergebnis: Die Wiener Städtische übernimmt als einmalige Kulanz deutlich mehr von den OP-Kosten in der Privatklinik – wenn über die genaue Summe Stillschweigen bewahrt wird. Lukas Schifferl sagte, er sei "mehr als zufrieden, dass wir es so weit gebracht haben, für mich ist die Sache damit abgeschlossen – endlich vorbei.“