Buch: Burnout, Sucht und Depression

Karl Nessmann, Professor für Medienkommunikation an der Uni Klagenfurt, hat ein Erfahrungsbuch zu den Themen Burnout, Depression und Sucht veröffentlicht. „Dreimal Hölle und retour“ als Nachschlagewerk für Betroffene und Interessierte.

Der 62 Jahre alte Assistenzprofessor Karl Nessmann spricht von einer Volkskrankheit und sieht in seinem Buch erstmals alle drei Problemkreise - Burnout, Depression und Sucht - als Ganzheit betrachtet. Nessmann selbst sagt, er sei selbst betroffen gewesen, es handle sich daher um ein „persönliches Fachbuch“, in dem er kompakt und verständlich formuliert, die Ursachen für die Erkrankungen analysiert und Wege aus der Krise aufzeigt.

Karl Nessmann Buch "Dreimal Hölle und Retour"

ORF/Iris Hofmeister

Assistenzprofessor Karl „Charlie“ Nessmann sprach in Radio Kärnten über sein Buch

„Alles begann mit Erschöpfung“

Nessmann war in seiner Jugend Tankwart, Kellner und Juniorchef im elterlichen Betrieb in Arnoldstein. Er studierte Pädagogik und Medienpädagogik an der Universität Klagenfurt mit mehreren Zusatzausbildungen. Seit 1983 war Nessmann an der Universität Klagenfurt als Hochschullehrer beschäftigt. Er war auch stellvertretender Institutsvorstand und Studienprogrammleiter für Medien- und Kommunikationswissenschaften. 2015 musste Nessmann krankheitsbedingt das Handtuch werfen, obwohl er, wie er sagt, gerne weitergearbeitet hätte. Heute ist der ehemalige PR-Professor engagierter Öffentlichkeitsarbeiter für stigmatisierte Gruppen der Gesellschaft, insbesonders für Ausgebrannte, Depressive, Alkoholkranke und Obdachlose.

Seine eigene Erfahrung mit den Volkskrankheiten habe mit Erschöpfung begonnen, erzählte Nessmann. Er habe sich privat und beruflich zu viel zugemutet. Dazu haben übertriebener Ehrgeiz und überzogene Leistungsansprüche geführt, sagte Nessmann. „Ich habe nicht auf die Signale meines Körpers geachtet und bin in ein Burnout geschlittert. Es hat mich zwar da und dort gezwickt, aber die inneren Antreiber haben gesagt ‚ein Indianer kennt keinen Schmerz, machen wir weiter‘.“

Zu wenig Zeit für sich selbst

An der Universität, wo Nessmann unterrichtet, zählt er zu den engagierten und umgänglichen Professoren. Seine Studenten nennen ihn freundschaftlich Charlie. Auf die Frage von Marco Ventre, ob es nicht auch eine Last gewesen sei, jedem gefallen zu wollen, sagte Nessmann, er zähle eben zu jenen, die ein offenes Ohr für Studierende haben und sie unterstützen. „Dadurch blieb zu wenig Zeit für mich selbst und das ist einer der Gründe, warum man ein Burnout bekommen kann, das ist eine Art Helfersyndrom und einer von vielen Gründen für ein Burnout.“

Vom Helfersyndrom sind bestimmte Berufsgruppen, wie Ärzte, Psychologen, Therapeuten, Kindergärtner oder Lehrer, betroffen. Ein Helfersyndrom zeigt sich daran, dass die Hilfsbereitschaft auch dann nicht gedrosselt werden kann, wenn sich der Betroffene selbst schon ausgelaugt oder ausgenutzt fühlt.

Selbstmedikation: Griff zum Alkohol

Ein Burnout kann in eine Depression münden oder von ein er Depression begleitet sein. Auch das passierte Nessmann, der das in seinem „persönliches Fachbuch“ auch beschreibt. Es geht dabei auch um die Unterscheidung von Burnout und Depression. „Wenn man von einem Burnout in eine Depression schlittert, fühlt man sich nicht mehr nur schlapp oder erschöpft, sondern man fühlt sich auch leer, verliert den Sinn, der Antrieb ist geschwächt, man will in der Früh nicht mehr aus dem Bett,“ sagte Nessmann.

Wie viele andere griff Nessmann in dieser Situation auf die Selbstmedikation zurück. Er griff zum Alkohol und schlitterte in eine Sucht. „Andere nehmen Medikamente oder Drogen, bei mir war der Alkohol der Seelentröster. Das habe ich einige Zeit gemacht, um meine seelischen Leiden zu lindern und bin letzten Endes in eine Alkoholkrankheit geraten.“

Karl Nessmann Buch "Dreimal Hölle und Retour"

ORF/Iris Hofmeister

Ein Nachschlagewerk für Betroffene und Interessierte: „Dreimal Hölle und retour“

Hilfe von Familie und Freunden

Diese Phase in der „Hölle“ hat zehn Jahre gedauert, ohne Hilfe von Außen kann der Weg heraus fast nicht gelingen, sagte Nessmann. „In meinem Fall war es die Familie, die mit mir viel mit gemacht hat. Meine Frau, meine Kinder und einige Freunde standen zu mir. Sie bestärkten mich auf dem Weg aus der Sucht und hatten Geduld mit mir.“

Nessmann musste auch medizinisch an der Psychiatrie im Klinikum Klagenfurt behandelt werden. „Auch die Ärzte mussten mit mir viel Geduld haben. Aber irgendwann versteht man, dass man für die Heilung und den Weg heraus selbst verantwortlich ist.“ Auf dem Weg heraus geht es oft zwei Schritte nach vor und einen Schritt zurück, sagte Nessmann. „Man fällt immer wieder hin und muss eben immer wieder aufstehen.“ Auch Selbstmordgedanken hätten ihn begleitet.

„Auf innere Stimme hören“

Ein Ratschlag von Verwandten oder Freunden wird von den Betroffenen tatsächlich oft als Schlag empfunden, sagt Nessmann. Betroffenen rät er, solche Tipps aber einfach auszuprobieren. „Es gibt viele Möglichkeiten. Bei mir war es zum Beispiel neben der Musik auch der Sport.“ Um nicht in das Burnout, die Depression oder eine Sucht zu geraten, lohnt es sich, auf den eigenen Körper zu achten. Viele Signale deuten bereits auf die Probleme hin.

„Nicht zuletzt soll man auch auf die innere Stimme achten.“ Auf die Frage, wer Schuld an einer solchen Situation sei, gibt es keine Antwort, sagte Nessmann. „Mit der Schuldfrage kommt man nicht weiter, meist gibt es mehrere Gründe. Es gibt aber auch mehrere Wege heraus.“