„Aufgezeigt:“ Sauberes Wasser für Semslach

Für sauberes Wasser ist Kärnten bekannt. Doch in der Gemeinde Semslach in Obervellach kämpfen elf Familien schon geraume Zeit darum, dass ihre Trinkwasserquelle saniert wird. Weil das Nutzungsrecht geteilt ist, gibt es bisher keine Einigung.

Elf Familien aus Semslach in Obervellach bilden die Wassergemeinschaft Semslach-Raufen. Sie kämpfen schon geraume Zeit darum, dass die Quelle, aus der sie Trinkwasser beziehen, „endlich saniert“ wird. Oberstes Ziel sei einfach sauberes Trinkwasser, sagen Franz Auernig und Helga Waldek von der Wassergemeinschaft. Aber das ist in diesem Fall sehr kompliziert.

Eine Quelle, drei Berechtigte

Die Wassergemeinschaft hat seit 1929 ein Servitut, also ein Nutzungsrecht, auf zwei Sekundenliter Wasser aus der Fleischhacker-Quelle. Das zumindest ist unbestritten. Ebenso unbestritten ist, dass die Quellfassung saniert werden muss. Die Frage ist aber, wer die Sanierung durchführen und bezahlen muss.

Aufgezeigt Quelle Wassergemeinschaft

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Auf dem Weg zur Quelle

Die Quelle liegt auf fremden Grund, der Steilhang ist in Privatbesitz. Grundeigentümer ist Josef Ladinig. Und das Wasser der Quelle gehört, abgesehen von den zwei Sekundenlitern der Wassergemeinschaft, der Agrargemeinschaft Nachbarschaft Obervellach, die alle Quellen in diesem Bereich 1977 von den ÖBB kaufte und seither das Wasserrecht besitzt.

Vorschlag der Anrainer: Zahlen die Hälfte

Stand der Technik ist die alte Leitung schon lange nicht mehr, dass wissen die elf Familien auch. Franz Auernig von der Wassergemeinschaft bringt es auf den Punkt: „Ich wüsste nicht, ob jeder bei einer solchen Quellfassung das Wasser auch trinken würde.“ Auernig schlägt einen Kompromiss vor: „Angenommen wir haben vier Sekundenliter Schüttung von der Quelle, dann könnten wir die Hälfte der Sanierungsosten übernehmen.“ Bis jetzt konnten die Anrainer das aber nicht durchsetzen.

Aufgezeigt Quelle Wassergemeinschaft

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Die besagte Quelle

Quelle gibt es für Behörde gar nicht

Die Anrainer scheiterten auch an der Behörde, sagte Helga Waldek. „Die Bezirkskauptmannschaft Spittal sagt, unsere Quelle ist nicht im Wasserbuch eingetragen. Deswegen wird auch keine Probe genommen.“ Die Fleischhackerquelle, die seit 90 Jahren Wasser liefert, gibt es also offiziell gar nicht.

Aufgezeigt Quelle Wassergemeinschaft

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Gudrun Maria Leb mit den Vertretern der Wassergemeinschaft

Engelbert Ratschnig ist Senior in der Wassergemeinschaft und kümmert sich bis heute um die Quelle. 1948 ist er als damals Achtjähriger schon zur Quelle geklettert. „Das hat damals so ausgeschaut, dass das offene Gerinne in das Becken gelaufen ist.“ Man habe sich da keine großen Gedanken gemacht. Als die Leitung von der Nachbarschaft Obervellach erneuert worden ist, habe man sich beteiligt, sagte Ratschnig. „Damals ist von der Quelle ein Rohr ins Becken geführt worden.“

Sendungshinweis:

„Aufgezeigt“, Radio Kärnten 9.10.2018

ORF-Recherche bringt klare Belege für Quelle

Die Recherche des ORF ergibt klare historische Belege für die Existenz der Fleischhackerquelle. Ein alter Lageplan im ÖBB-Archiv beweist, dass die Quelle nach Julius Fleischhacker benannt ist, der im 19. Jahrhundert eine Pappefabrik in Obervellach führte. Das Wasser wurde zur Pappeherstellung verwendet. In den 1920er Jahren kauften die ÖBB die Quelle und prüften sie regelmäßig. Damals sei das Wasser immer sauber und gesund gewesen, sagte Engelbert Ratschnig von der Wassergemeinschaft.

Die Agrargemeinschaft Nachbarschaft Obervellach, die das Wasserrechte von den ÖBB übernommen hat, hat damit auch das Servitut auf die Nutzung von zwei Sekundenlitern Wasser aus der Fleischhackerquelle, das der Wassergemeinschaft 1929 eingeräumt wurde, übernommen.

Agrargemeinschaft: Keine Verpflichtung übernommen

Rechtsanwalt Arno Kempf spricht für die Argrargemeinschaft Nachbarschaft Obervellach. Er bestätigte, dass dieser alte ÖBB Vertrag bindend ist. „Wichtig erscheint mir allerdings die Festlegung, die man aus dem Vertrag heraus lesen kann. Die ÖBB haben formuliert: Irgendeine Leistungsverpflichtung übernehmen die ÖBB aus diesem Titel nicht. Die Agrargemeinschaft ist daher nicht in der Lage, zu sagen, wir übernehmen eine neue Quellfassung. Das ist nicht vertretbar, weil so eine Quellfassung würde viel Geld kosten.“

Die Höhe der Kosten können noch nicht abgeschätzt werden. Unklar ist auch, wo der Quellursprung liegt und wie viel die Quelle tatsächlich schüttet. Das alles müsste erst untersucht werden und davon hängen die Sanierungskosten natürlich ab.

Gesamten Ort drohen höhere Wasserkosten

Für Kempf, den Sprecher der Agrargemeinschaft, ist klar, dass durch einen Neubau der Quelle, der einige tausend Euro kosten könnte, unter Umständen auch die Allgemeinheit belastet werden müsste. „Weil so etwas müsste ja finanziert werden und da müsste der Wasserzins angehoben werden. Ich glaube, das ist nicht zu vertreten, weil darunter würde der ganze Ort leiden, und das für elf Bezieher. Das ist unwirtschaftlich, das würde sich nicht auszahlen.“

Wenn die Wassergemeinschaft selbst die Quelle fassen würde, wäre dagegen nichts zu sagen, sagte Kempf. Allerdings müsste der Grundeigentümer auch gefragt werden. Der Grundeigentümer, Josef Ladinig, sagte gegenüber dem ORF am Telefon, er habe gar nichts dagegen, wenn die Quelle neu gefasst würde.

Agrargemeinschaft könnte Wasser gar nicht nutzen

Ein weiterer Grund, wieso die Agrargemeinschaft sich überhaupt nicht an den Sanierungskosten beteiligen will, liegt darin, dass die Agrargemeinschaft das Wasser der Quelle gar nicht nutzen könnte, sagte Kempf. „Selbst wenn wir die Quelle fassen würden, könnten wir sie selbst nicht nützen, weil die Quelle tiefer liegt. Wir müssten das Wasser hinauf pumpen und das würde sich nicht auszahlen.“ Eine Lösung sei nicht in Sicht, sagte Kempf.

Wassergemeinschaft unterstehe nicht der Behörde

Auch bei der Behörde, der Bezirkshauptmannschaft Spittal, blitzt die Wassergemeinschaft ab. Es gebe hunderte vergleichbare Wasserversorgungsanlagen in Kärnten, sagte Barbara Pucker von der Wasserrechtsabteilung des Landes. Es seien private Anlagen, die - wie in Semslach bei Obervellach - auch mehrere Haushalte versorgen können und von Wassergemeinschaften betrieben werden. Barbara Pucker: „Eine Wassergemeinschaft ist juristisch gesehen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Das heißt, es handelt sich um einen ganz losen Zusammenschluss von Personen, die ein gemeinsames Ziel haben. Aber eine Wassergemeinschaft untersteht nicht der Behörde. Und hier haben wir eine Gemeinschaft, die gemeinsam eine Trinkwasserversorgung betreibt.“ Damit sei es eine private Anlage.

Die Wasserrechtsbehörde werde aktiv, wenn ein Antrag gestellt wird und es um die Bewilligung einer Anlage geht, sagte Pucker. „Von sich aus wird die Behörde bei einer privaten Anlage nicht tätig, weil es im Bereich der Privatautonomie liegt.“ Solange Wasser nicht in Verkehr gebracht wird, und ausschließlich von den Mitgliedern der Gemeinschaft und deren Familien getrunken wird, werde die Behörde nicht tätig und auch nicht die Lebensmittelbehörde. „Das unterliegt der Autonomie, dass man selbst schaut, ob das Wasser den Kriterien entspricht.“

Behörde wurde nun doch tätig

In unserem Fall wurde die BH Spittal nun doch aktiv und verlangte von der Wassergemeinschaft Semslach-Raufen eine Wasserprobe aus der Fleischhackerquelle. „Die Behörde kann insofern helfend einschreiten, als sie prüfen kann, ob das Wasser nach dem heutigen Stand der Technik als Trinkwasser geeignet ist.“ Wenn sich das Wasser als nicht geeignet erweisen würde, würden die Bezieher sofort über nötige Maßnahmen, etwa eine Sperre oder das Abkochen des Wassers, informiert werden, sagte Pucker.

Selbst wenn sich das Wasser als sauber erweisen würde, würde die Behörde eine Sanierung der Quelle jetzt jedenfalls unterstützen, sagte man dem ORF zu. Eines ist aber sicher: Mit allen Untersuchungen und Vorarbeiten wird noch viel Wasser aus der Quelle fließen, bis vom Ausgang dieser Geschichte berichtet werden kann.

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