Aufgezeigt: Versicherung zahlt nicht nach Unfall

Der 78-jährige Josef Tengg ist passionierter Bergwanderer. Bei einem Sturz verletzte er sich vor zwei Jahren an der Schulter und ist seit damals zu 40 Prozent behindert. Seine Unfallversicherung, die österreichische Beamtenversicherung, weigerte sich, zu zahlen. Eine Kulanzlösung wurde erzielt.

Bei einer Wanderung am Ulrichsberg im Juli 2016 stürzte Josef Tenng beim Abwärtswandern. Er erlitt Abschürfungen im Gesicht und an der Hand und die Schulter sei nicht mehr zu brauchen gewesen, so Tengg. Drei Wochen später erst war klar, dass die Schulter nicht geprellt, sondern schwer verletzt war. Alle Sehnen waren gerissen. Tengg meldete den Unfall bei der österreichischen Beamtenversicherung: „Die wollen nicht zahlen. Ich bin von der Versicherung zu einem Gutachter bestellt worden, der hat festgestellt, dass es nicht vom Sturz kommt, das stimmt aber nicht.“

Versicherung zahlt nicht nach Unfall Josef Tengg Aufgezeigt

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Josef Tengg und seine Frau Erika zeigen Gudrun Maria Leb jene Stelle am Ulrichsberg, wo der Sturz im Juli 2016 passierte

Er sei nun seit 39 Jahren bei der Versicherung und habe nie etwas benötigt. An der Hand habe es auch nie etwas gegeben, wo sollte also ein Vorschaden herkommen, fragt sich Tengg. Der Gutachter spricht von schweren degenerativen Vorschäden. Das versteht Tengg weder von der Versicherung noch vom Gutachter. „Es war ja ein Unfall, ich bin auf die Schulter gefallen.“

Eincremen hält Muskeln elastisch

Ihrem Mann die Schulter mit Schmerzsalbe einzucremen ist mittlerweile für Erika Tengg zu einem täglichen Ritual geworden. Es diene dazu, die Schulter nach körperlicher Betätigung - sei es die Arbeit im Garten oder das Berggehen - möglichst „elastisch“ zu halten. Sie habe bemerkt, dass sich die Muskulatur durch diese Behandlungen verbessert habe. Nur nach oben bewegen lasse sich die Schulter nicht mehr. „Das wird nicht mehr besser“, sagt Tengg. Auch der Arzt habe ihr das bestätigt.

Ab einer gewissen Höhe verspüre er ein Stechen, wenn er den Arm hebe, sagt Tengg. „Wenn ich höher hinauf kommen will, muss ich immer mit der zweiten Hand ‚nachhelfen‘.“ Es gelinge ihm auch kaum noch, den Arm gerade nach vorne hin wegzustrecken. Laut einem zweiten ärztlichen Gutachten hat Tengg eine 40-prozentige Behinderung.

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Seine Frau Erika reibt ihren Mann mit der Schmerzsalbe ein.

„Aufgezeigt“ fragte direkt in der Zentrale der Beamtenversicherung (ÖBV) in Wien nach und erfuhr, dass tatsächlich das Gutachten des Sachverständigen der Grund war, dass Josef Tengg nichts rückerstattet bekam.

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Das Gutachten belegt eine 40-prozentige Behinderung.

Versicherung lehnt zweites Gutachten ab

Von dem zweiten Gutachten, das Josef Tengg 40 Prozent Behinderung bescheinigt, erfuhr die ÖBV erst durch das „Aufgezeigt“-Team und lässt dies nach nochmaliger Prüfung nicht gelten.

In einem Schreiben heißt es: „Unser Gutachter hat ausführlich begründet, dass nicht der Sturz für die Beschwerden in der rechten Schulter ausschlaggebend war, sondern ausschließlich die vorbestehenden Veränderungen degenerativer Natur, die über das altersentsprechende Ausmaß hinausgehen. So bedauerlich es für Herrn Tengg auch ist, die ÖBV muss aufgrund der Faktenlage an der Ablehnung der Leistung festhalten.“

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Anwalt: Nicht einzusehen

Gudrun Maria Leb wendet sich an den „Aufgezeigt“-Anwalt Thomas Romauch und fragt nach, ob Versicherungen bei Senioren wirklich mit degenerativen Vorschäden durchkommen und nichts bezahlen müssen. Der Anwalt sagte, durch das Alter sei natürlich eine Abnützung da. Man könne von Seiten der Versicherung daher sagen, die Abnützung spiele mit, man werde das berücksichtigen und die Versicherungsleistung schmälern. Josef Tenng bekomme aber gar nichts, das sei nicht einzusehen. Dann dürfte man einen 78-Jährigen gar nicht mehr versichern und nicht die Leute weiter zahlen lassen.

Ein Versicherter müsse ja davon ausgehen, dass er Leistungen bekomme, wenn er eine Unfallversicherung hat und dann einen Unfall erleidet, so der Anwalt. Romauch wird sich für Josef Tengg notfalls auch vor Gericht stark machen, damit der Pensionist doch noch zu einer Versicherungsleistung kommt. Nach monatelangem Briefverkehr konnte der „Aufgezeigt“-Anwalt immerhin eine Kulanz erwirken. 2.800 Euro übernimmt die Unfallversicherung dann doch noch.