Ein Kindergarten ohne Dach und Wände

Der Waldkindergarten Maria Saal war bei seiner Gründung vor 15 Jahren ein Pionierprojekt. Die Kindergärten ohne Wände und ohne Dach werden immer beliebter, Eltern wollen ihren Kindern viel Natur bieten.

Den ganzen Vormittag im Wald sein, spielen mit Naturmaterialien, im Bach baden, auf Bäume klettern, im Matsch kugeln, am Lagerfeuer kochen. Was für viele Eltern in ihrer Kindheit noch selbstverständlich war, kennen viele Kinder heute nur mehr aus Erzählungen. Im Waldkindergarten Maria Saal sind diese Dinge Alltag, derzeit besuchen ihn 20 Kinder.

Back to the roots...

Als der Kindergarten in Maria Saal vor 15 Jahren gegründet wurde, war er erst der zweite seiner Art in Österreich, das Grundkonzept entstand vor rund 50 Jahren in Dänemark. Inklusive verschiedener Sonderformen gibt es heute bundesweit 35 solcher Einrichtungen, in Kärnten kam der Waldkindergarten Viktring bei Klagenfurt dazu. In anderen Ländern und Regionen, wie in Skandinavien oder Deutschland, gehören diese Kindergärten längst zum gewohnten Bild.

„Ein Jahr lang mussten wir bei der Gründung viel Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit betrieben“, sagt Pädagogin Sabine Dörfler. Die Biobäuerin und Dreifachmama gründete den Waldkindergarten gemeinsam mit Kindergartenpädagogin Gabi Wallisch. Erklären müsse sie aber immer noch viel, so Dörfler. „Eigentlich sind wir ein normaler Kindergarten, nur nach draußen verlegt“, sagt Gabi Wallisch.

Auch die Toilette ist im Wald

Bis Mittag verbringen die Kinder ihre Zeit im Freien und im Wald. Dort finden sie auch ihr Spielzeug, sogar einen Kaufmannsladen haben sie sich gebaut. Auch die „Toilette“ befindet sich im Wald – wenn nötig, wird „für Groß“ ein Loch gegraben. Die Hände werden mit mitgebrachten Wasserflaschen gewaschen. Am Nachmittag findet der Betrieb dann im Kindergartenhaus am Blasehof, ein biologischer Bauernhof, statt.

Wie man der Kälte trotzt

Wenn es kalt wird, wärmen sich die kleinen Waldbesucher an einem Lagerfeuer. Im Winter weichen die Kinder zur Jause aber in einen beheizbaren Bauwagen aus. „Wir sind bei jeder Witterung draußen, außer bei Sturm und Gewitter“, sagt Sabine Dörfler. Letztlich seien die Kinder durch die vielen Aufenthalte im Freien weniger oft krank, meint Wallisch. „Außerdem ist die Ansteckungsgefahr durch Viren oder Bakterien im Freien geringer.“

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Family; 27.10.2017

Ist das gefährlich?

Die häufigste Frage interessierter Eltern: Ist das für mein Kind gefährlich? „Ein bisschen schon“, meint Sabine Dörfler. Zusatz: „Vielleicht kommen ja Kobolde aus dem Wald.“ 15 Jahre Erfahrung hätten aber bestätigt, wie sehr die Kinder von der Natur profitieren. Vor allem die Entwicklung der psychomotorischen Fähigkeiten würde sehr gefördert. Nach und nach und in ihrem eigenen Tempo lernen die Kinder etwa, einen Baum zu erklimmen, „ein großes Erfolgserlebnis für die Kinder“.

Letztlich gebe es in den Waldkindergärten weniger Unfälle, das sei durch Studien bestätigt, sagt Dörfler: „Deswegen versichern in Deutschland die Versicherungen Waldkindergärten schon lieber.“ Ein paar Schrammen und blaue Flecken habe es in den letzten 15 Jahren schon gegeben, „aber die gehören zum Großwerden dazu.“

Auch im Wald gibt es Regeln

Trotz der großen Freiheiten gibt es aber auch in einem Waldkindergarten fixe Regeln. „Nicht weh tun, nicht schupfen, nicht mit vollem Mund reden“, sind ein paar davon. Pädagogisch steht der rücksichtsvolle Umgang mit der Natur im Vordergrund, aber auch das Entdecken der eigenen Stärken und ein rücksichtsvoller Umgang miteinander sind wichtige Themen.

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