Schwierige Jobsuche für Behinderte

„Aufgezeigt“ widmet sich diesmal der schwierigen Jobsuche von behinderten Menschen. Einer von ihnen ist Thomas Binder, der seit eineinhalb Jahren eine Stelle sucht. Kärntenweit sind es 5.400 Betroffene, viele davon hoch qualifiziert.

Thomas Binder ist einer der hoch qualifizierten, er schloss erfolgreich ein Studium ab, aber er ist gehbehindert. Nach mehr als 60 Bewerbungen bekam er wenige Antworten und nur drei Mal die Chance, sich vorzustellen. Er vermutet, dass viele das Wort „behindert“ in seiner Bewerbung lesen und dann gar nicht erst antworten. Außer ihm sind noch rund 5.400 Kärntnerinnen und Kärntner von ähnlichen Problemen betroffen, sie sind alle Menschen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen. Die Arbeitslosigkeit in diesem Bereich stieg in nur drei Jahren um 26 Prozent.

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ORF

Viele zahlen lieber Ausgleichstaxe

Thomas Binder könne sich vorstellen, dass die Unternehmer den Aufwand fürchten und sich auch bei Kündigungsschutz nicht auskennen. 772 Firmen zahlen lieber eine Ausgleichstaxe, bevor sie einen Mitarbeiter mit Behinderung einstellen. Das seien 4,8 Mio. Euro pro Jahr, sagte Behindertenanwältin Isabella Scheiflinger. Die Zurückhaltung immer noch groß, sagte sie. Rund 1.117 einstellungspflichtige Unternehmen gebe es in Kärnten.

„Auch für gut Ausgebildete kaum Chancen“

Die Fakten zeigen deutlich, dass die Situation für Menschen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen immer schlimmer wird. Die Behindertenanwälte merken einen deutlichen Anstieg der Klientenanfragen, darunter auch sehr gut ausgebildete behinderte Menschen. Die Vorurteile sind immer noch gewaltig groß, sagte Scheiflinger. Viele Unternehmen seien über Förderungen und Möglichkeiten immer noch zu wenig informiert. Sie hätten ja auch finanzielle Vorteile.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Aufgezeigt, 6.6.2017

Ein konkretes Beispiel ist der erweiterte Kündigungsschutz für behinderte Mitarbeiter, der nach geltendem Recht erst vier Jahre nach der Einstellung wirksam wird. Das wissen viele Unternehmen nicht. Scheiflinger kennt aber auch positive Beispiele. Es gebe Untersuchungen von Firmen, die begünstigt behinderte Arbeitnehmer angestellt hätten, 93 Prozent seien sehr zufrieden, auch mit der Leistung.

Erfolgreiches Vorstellungsgespräch

„Aufgezeigt“ organisierte ein Vorstellungsgespräch bei einem Sanitätsfachhändler in Klagenfurt Viktring. Firmenchef Ferdinand Ranacher sagte, Thomas Binder könnte im Büro mitarbeiten und einen Webshop aufbauen. Auch diese Firma zahlte bisher eine Ausgleichstaxte, was für Ranacher aber unbefriedigend sei: „Ich bin enttäuscht und traurig, dass uns das Sozialministerium zu wenig unterstützt. Ich habe jahrelang einen Behinderten beschäftigt gehabt. Dann haben wir wieder gesucht, aber in den letzten zwei Jahren keinen gefunden. Deshalb müssen wir die Ausgleichstaxe von 3.800 Euro zahlen. Mich stört aber mehr, dass es keine Unterstützung gibt. Direkt suchen darf man ja keinen behinderten Mitarbeiter.“

Ferdinand Ranacher fühlt sich als Unternehmer in dieser Hinsicht bestraft und allein gelassen. Der Gleichheitsgrundsatz erlaubt es ihm nicht, dezidiert nach einem behinderten Mitarbeiter zu suchen. Dafür gibt es eigens sorgfältige Formulierungen. Ranacher will Thomas Binder eine Schnupperzeit anbieten und ein Pilotprojekt beginnen. Der Bewerber sei eigentlich überqualifiziert, so Ranacher.

Doch kein Probemonat

Einige Wochen später fragen „Aufgezeigt“ nach. Es wurde doch nichts aus einem Probemonat, man vertröstete Binder auf September.

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