Forschung: Wie viel Stress hat ein Affe?

Derzeit tummeln sich 150 Makaken am Affenberg in Landskron. Seit November ist Paarungszeit, und es kommt immer wieder zu Konflikten zwischen Männchen. In den besucherfreien Monaten wird ihr Verhalten in Stresssituationen erforscht.

Ein Forscherteam beobachtete die Tiere und hatte im letzten Jahr herausgefunden, dass die genetischen Voraussetzungen Einfluss darauf nehmen, ob ein Tier stressanfällig ist oder nicht. Zukünftig wird untersucht, wie sich der Umgang mit Stress auf die Rangordnung der Tiere auswirkt.

Futterneid führt zu Konflikten

Während der Paarungszeit und abhängig vom Futter gibt es immer wieder Konfliktsituationen. Wenn einem Tier das Essen weggenommen wird, gibt es Streit. Es mischen sich Familienmitglieder ein, und so entwickelt sich ein größerer Konflikt.

Makakenforschung

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In Paarungszeit besonders viele Konflikte

Im Moment fällt besonders auf, dass die erwachsenen Makaken knallrote Gesichter haben - ein Zeichen der Paarungsbereitschaft. Die Hormone fördern die Durchblutung und dadurch werden die Gesichter leuchtend rot. Außerdem seien die Männchen momentan besonders konfliktbereit, da es um die Partnerwahl gehe, so die wissenschaftliche Leiterin Lena Pflüger: „Ein Fokus unserer Wissenschaft ist das Konfliktverhalten von Männchen. Wir sind stille Beobachter und greifen in das Sozialgefüge der Tiere nicht ein. Wir beobachten die Männchen, wie sie mit Konflikten umgehen, ob sie in Konflikte reingehen, ob sie sich einmischen und ob sie Konflikten ausweichen.“

Affenberger Studentinnen Forschung

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V. l.: Lena Pflüger, wissenschaftliche Leiterin am Affenberg Landskron, Julia Herzele, Masterstudentin der Karl-Franzens-Universität Graz, Sylvia Armster, Masterstudentin der Universität Wien

Die Forscher beobachten auch das Stressverhalten in Abhängigkeit von Konflikten. Wenn sie anfangen, sich zu kratzen, wäre das ein klassischer Parameter, wie man Stressverhalten auch protokollieren könne.

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Datenerhebung bei Männchen

Julia Herzele, Studentin aus Villach, die sich in ihrer Masterarbeit mit diesem Thema beschäftigte, sagte: „Anfangs habe ich den Rang der Männchen und beliebige Daten aufgenommen. Was man sieht, wer wen verdrängt etc. Danach habe ich den Rang erstellt und fertigte Protokolle angefertigt.“ Eine Viertelstunde sei sie einem Affen nachgelaufen und habe alles aufgeschrieben, was er gemacht hätte. „Ich hatte insgesamt 29 Männchen. An einem Tag 15 Männchen aufgenommen, am nächsten 14, und das habe ich wiederholt, bis von allen Tieren zehn Stunden Daten insgesamt erhoben wurden.“

Kotproben für DNA

Um genetische Untersuchungen bzw. DNA-Analysen machen zu können, werde der Kot der Tiere eingesammelt. Das beeinträchtige die Affen überhaupt nicht, so Pflüger: „Wir müssen den Tieren kein Blut abnehmen und sie dafür auch nicht von der Gruppe isolieren. Wir nehmen, was sie ohnehin hinterlassen, isolieren daraus ihre DNA und lassen es im Labor in Wien analysieren.“

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Auch Hormone werden über Kotproben gemessen, wie das Stresshormon Cortisol oder das Sexualhormon Testosteron. Ersten Erkenntnissen zufolge haben die Gene sehr wohl etwas mit dem Stressverhalten der Männchen zu tun.

Stress- und Lernverhalten wird erforscht

„Wir haben stressresistentere und stresssensitivere Tiere. Eine neue Erkenntnis, die wir erst vor Kurzem publiziert haben, zeigt, dass sich das auch auf den sozialen Rang übertragen lässt. Das ist die nächste Forschung, zu sehen, ob es Tiere gibt, die anhand ihrer genetischen Ausstattung vorherbestimmt sind, um in hohen oder niederen Ketten einen Rang einzunehmen“, so Pflüger.

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Nicht nur das Stressverhalten werde genauer erforscht, sondern es werde auch das das Lernverhalten der Makaken beobachtet, erklärte die wissenschaftliche Leiterin Pflüger: „Die Tiere können bei kleinen Experimenten mitmachen. Wir zwingen sie nicht, sondern sie müssen das selbstständig erlernen. Es ist ganz interessant zu sehen, wie schnell sie das erlernen, wie sie sich dafür interessieren und ob es Altersunterschiede oder Geschlechterunterschiede gibt.“

„Fünf Makaken kamen an die Leckereien“

Auf dem Areal wurde eine Hütte erbaut, die frei zugänglich war. In der Mitte der Hütte befand sich eine Futterbox. Um an die Leckereien zu gelangen, musste an einer Schnur gezogen werden, so Pflüger: „Von den 150 Affen versuchten 19 die Box aufzubekommen, nur fünf haben es letztendlich geschafft. Das erscheint auf den ersten Blick nicht sehr viel, aber die Makaken sind keine neugierige Spezies und sind sehr skeptisch.“ Die Forscher waren anfangs nicht sicher, ob die Tiere überhaupt mitmachen wurden. Nur wenige versuchten es, das sei aber ein guter Schnitt, meinte Pflüger.

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„Einmal Wissenschaftler spielen“

Auch bei Führungen werde ein Experiment gezeigt. Auf einer Holzwand können die Tiere einen Mechanismus auslösen, um an Leckereien zu kommen. „Es ist auch wichtig für uns, dass unsere Wissenschaft eine breite Masse versteht. Wir erzählen, was wir in unserer Forschung machen, und bieten Workshops für Kinder und Schulklassen an, damit sie auch einmal Wissenschaftler spielen dürfen und die Techniken erlernen dürfen“, sagt Pflüger im Interview mit dem ORF.