Nach Unwettern: Gefahr durch Geschiebe

Die heftigen Unwetter im Juli ließen die heimischen Gewässer zu reißenden Flüssen anschwellen. Die Wassermassen brachten Geröll und Treibgut mit sich und bedrohen Häuser und Straßen. Ein Lokalaugenschein auf der Comptonhütte in den Gailtaler Alpen.

Die Schäden nach Hagelunwettern und Gewittern im Juli sind enorm. Die Versicherungen rechnen mit 200 Millionen Euro und mehr. Große Schäden gibt es auch dort, wo Gebirgsbäche in wenigen Minuten zu wilden Flüssen wurden, die tausende Kubikmeter Schutt und Baumstämme mit sich rissen. Veränderte Flussläufe und Tonnen von Treibgut und Geschiebe bedrohen nun Häuser und Straßen.

Geschiebe

Im Wasserbau versteht man unter „Geschiebe“ die von einem Fließgewässer an seinem Grund transportierten Feststoffe.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Mittagszeit, 31.7.2015

Hüttenwirt in Sorge um Sicherheit

Gefährlich sind die Unwetter für eine Almhütte in Oberkärnten: Auf über 1.500 Meter Seehöhe liegt an der Nordflanke der Gailtaler Alpen die Comptonhütte. Durch die Unwetter wurde die Felswand des Reisskofels hinter der Hütte zu einem Wasserfall. Unten am Wandfuß veränderte sich durch die Wassermassen der Lauf des Baches, der am Gebäude vorbei führt. Das gleiche passierte schon 2012. Ein weiteres Gewitter wäre eine große Gefahr für die bewirtschaftete Hütte.

Hüttenwirt Toni Taurer denkt mit Schrecken an die Nacht vor einer Woche. Ein weiteres Gewitter wäre eine große Gefahr für die Hütte: „Der Bach ist voll mit Geröll und Schutt, der geschüttete Damm ist angegriffen. Er muss zum Teil erneuert werden, also neu aufgeschüttet. Zum Glück haben wir 2012 neue Bäume eingegraben, die haben dem Unwetter standgehalten.“

Gösserringgraben

ORF/Matha

Verwüstung nach den Unwettern im Gösseringgraben bei Greifenburg

Kommt nur alle hundert Jahre vor

Auch der Gösseringgraben im Gitschtal wurde mit tausenden Kubikmetern Schotter verlegt. In solchen Fällen informieren die Bürgermeister die Techniker der Wildbach und Lawinenverbauung. Sie entscheiden dann, was zu tun ist. Wildbachexperte Christof Seymann und sein Team haten es heuer schon mit mehreren Ereignissen zu tun, die statistisch gesehen nur alle hundert Jahre vorkommen: „Aufgrund von intensiven Niederschlägen kommt es zu einem starken Anschwellen der Bäche, die dann plötzlich statt ein bis zwei Kubikmeter 40 bis 50 Kubikmeter Wasser pro Sekunde führen und einen hohe Geschiebeanteil mit sich bringen.“

Gösseringgraben

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Weniger Niederschläge, mehr Gewitter

Im Jahr 2014 war die Regenmenge im Sommer deutlich größer als in diesem Jahr. Heuer sind es die heftigen Gewitter, die Probleme bereiten. Kleine Gebiete werden dabei zu Opfern, so Seymann: „Schwierige Punkte sind in diesem Fall einerseits Brückendurchlässe, andererseits auch Flachstrecken. Dort kann sich das Geschiebe ansammeln.“ In Folge dessen könne es zu Bachausbrüchen, Überschwemmungen und auch Aufschotterungen im Umland kommen, so der Experte.

Verklausung

Unter „Verklausung“ versteht man den teilweisen oder vollständigen Verschluss eines Fließgewässerquerschnittes infolge von angeschwemmtem Treibgut oder Totholz.

Wo es Gefahrenstellen gibt, kommt man schwer ohne große Geräte wie Bagger aus. Waldeigentümer, deren umgeknickte Bäume Verklausungen verursachen, werden soweit es zumutbar ist in die Pflicht genommen, so Seymann: „Da ist der Grundbesitzer in erste Linie kraft Forstgesetz verpflichtet, diese Bäume zu räumen.“

Gösseringgraben

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Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht

In Kärnten gibt es ungefähr 60.000 Bach-Verbauungen und zirka 150 massive Auffangbehälter für abertausende Tonnen Geröll. Ganz entschärfen könne man ein solches Gewässer aber nie, so Seyman. Hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht, weil die Naturprozesse in dem Sinn nicht zu Hundert Prozent beherrschbar seien.

Im Gösseringgraben, südlich von Greifenburg, kam so viel Geröll zusammen, dass es nun mühsam abtransportiert und woanders gelagert werden muss. Die Mitte des Baches liegt jetzt ein bis zwei Meter höher, als vor den Gewittern.

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