Auch hochbegabte Kinder brauchen Förderung

Die Philosophen Plato und Konfuzius nannten sie „himmlische Kinder“, deren geistige Gaben direkt von den Göttern kämen - die Hochbegabten. Doch auch hochbegabte Kinder brauchen Motivation und Förderung, um ihr Potenzial ausschöpfen zu können.

Von Hochbegabung spricht man bei einem Intelligenzquotienten von über 130. Zwischen 85 und 115 liegt die Bandbreite der Normalbegabung. Damaris Schwarzfurtner ist seit 20 Jahren Volksschullehrerin und klinische Psychologin aus Moosburg. In ihrer Praxis für Begabungsdiagnostik arbeitet sie mit hochbegabten Kindern und Jugendlichen.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Cabrio, 6. September 2013

Das hochbegabte Gehirn denkt anders

Hochbegabte verarbeiten Informationen anders, als Normalbegabte. Damaris Schwarzfurtner: „Intellektuell hochbegabte Kinder denken wirklich anders, sie denken vernetzt. Sie haben einen assoziativen Denkstil, das merke ich oft in der Arbeit mit den Kindern. Wenn wir über ein Thema sprechen fallen ihnen ganz viele andere verschiedene Bereiche ein, übertragen das Wissen sofort auf Neues und können kreativ das, was sie erlebt haben, erfahren haben oder schon wissen an neuen Problemstellungen ausprobieren oder anwenden.“ Laut Schwarzfurtner gehören hochbegabte Kinder nicht unbedingt zu den selbstbewusstesten, denn sie zweifeln dauernd an sich selbst.

Hochbegabung Merkmale:

Eine Hochgebagung kann sich in folgenden Punkten zeigen (Auswahl):

  • Kind spricht früh
  • Hat einen großen Wortschatz
  • Versteht Humor und Ironie
  • Hat Spezialinteressen
  • Denkt vernetzt und stellt Zusammenhänge her
  • Hinterfragt Regeln und Anweisungen
  • Mag keine Routineaufgaben (Schule)
  • Hat einen hohen Anspruch an sich selbst
  • Sucht sich meistens ältere Freunde
  • Großer Gerechtigkeitssinn
  • Interessiert sich für „Erwachsenenthemen“ wie Umwelt, Politik, Philosophie etc.

Intellekt braucht Motivation

Bei Hochbegabung denken viele, dass diese Kinder auch Spitzenleistungen in der Schule bringen müssen. Das ist ein weit verbreitetes Vorurteil unter Eltern aber auch Lehrern, sagte Damaris Schwarzfurtner: „Das ist nicht zu verübeln, weil man sich natürlich vorstellt, ein Kind das besondere Begabungen hat, ist auch besonders gescheit, es muss sich auch in der Schule leicht tun. Genau das Gegenteil ist der Fall.“

Durch das oft altkluge, fast erwachsene Verhalten besteht bei Hochbegabten auch die Gefahr, dass man sie emotional überfordert, warnt Schwarzfurtner: „Kinder haben ihre Spezialinteressen, sind auf ihren Gebieten sehr gut gebildet, fast wie ein kleiner Professor. Man erwartet dann auch in anderen Bereichen, dass sie sich erwachsen verhalten. Das ist für diese Kinder eine Gefahr, weil man nicht vergessen darf, dass dahinter, im sozialen Bereich, ein sechs- oder siebenjähriges Kind steht, das einfach die Bedürfnisse eines Kindes hat und emotional noch nicht so weit ist.“

Probleme in der Schule

Auch begabte Kinder haben ihre Probleme, vor allem in der Schule. Manche wollen normal sein und verstecken ihre Leistungen sogar, um sozial dazuzugehören und nicht aufzufallen. Das Zauberwort heißt auch bei klugen Kindern Motivation. Schwarzfurtner kennt ein eindrückliches Beispiel dafür, wie sich ein hochbegabtes Kind in der Schule fühlen kann: „Man stelle sich vor, man sitzt in einem Deutschkurs für Ausländer als muttersprachlich deutsches Kind. Vormittag für Vormittag fünf Stunden lang und muss die einzelnen Vokabeln lernen. Wenn ein Kind nicht motiviert ist, wird es auch bei den Schulleistungen schlecht sein.“

Damaris Schwarzfurtner Hochbegabung Moosburg

ORF/Petra Haas

Körperliche Symptome

Unterforderung aber auch Überforderung kann sich bei Kindern unterschiedlich auswirken. Dazu gehören Stress, hyperaktives Verhalten, sie spielen den Clown, ziehen sich zurück oder werden aggressiv. Das hängt vom Kind und seinem Charakter ab. Wenn Eltern den Verdacht haben, dass ihr Kind sehr begabt oder hochbegabt ist, dann kann sich ein Beratungsgespräch auszahlen.

Eltern konsultieren die Hochbegabtentherapeutin vor allem dann, wenn sie wissen möchten, ob ihr Eindruck von ihrem Kind richtig ist. Sie möchten vor allem das Ausmaß der Begabung kennen. Der zweite Bereich betrifft Kinder, die in der Schule große Probleme haben, obwohl sie offensichtlich klug sind. Das könne bis hin zur Klassenwiederholung gehen, so Schwarzfurtner. Es gebe auch Eltern, deren Kind bereits von einem Psychologen als hochbegabt diagnostiziert wurde und die sich nun informieren möchten, wie sie ihr Kind richtig fördern und unterstützen können.

Theater, Museen, Ausstellungen

Denn Eltern können viel dazu beitragen, dass sich ihr Kind auch intellektuell wohlfühlt. Schwarzfurtner rät dazu, Museen und Ausstellungen zu besuchen, ins Theater zu gehen oder in den Tierpark - auch schon mit Kindern im Vorschulalter. Wichtig für kleine Kinder sei es, ein breites Angebot zu wählen. Haben ältere Kinder Spezialinteressen oder besondere Begabungen in Sport, Musik, Mathematik oder dergleichen, solle man sich Kurse und Angebote suchen, die das Kind fördern. Auch über die Landesgrenzen hinaus.

Hochbegabte Kinder hinterfragen, wollen wissen, warum sie etwas tun sollen. Das ist genau das, was Schwarzfurtner an ihren jungen Schützlingen schätzt. Es mache ihr Spaß, mit diesen klugen Kindern zu arbeiten. Doch die Schulen können nicht immer Rücksicht auf die Besonderheiten jedes Kindes nehmen. 20 Kinder und mehr sitzen in einer Klasse. Schwarzfurtner kennt das aus 20 Jahren Praxis in der Volksschule. In den Lehrplänen gebe es zwar eine gesetzliche Verankerung, dass Lehrer differenzieren und individualisieren sollen. Im Alltag sehe das aber oft anders aus. Es gebe laut Schwarzfurtner viele auffällige Kinder und viele Kinder mit Lernschwächen. Da noch die besonders begabten Kinder zu fördern, sei manchmal sei Herausforderung, die viele Lehrer nicht mehr bewältigen können.

Hilfe von ECHA-Lehrern

Hilfe für Eltern und Lehrer gibt es bei den Sonderpädagogischen Zentren (SPZ) und von speziell geschulten Lehrern, so Damaris Schwarzfurtner. Sonderpädagogik und Begabtenförderung gehören in Kärnten zusammen. Für die sehr Begabten oder Hochbegabten gibt es Unterstützung durch ECHA-Lehrer (European Council for High Ability). Sie haben eine Zusatzausbildung für besonders begabte Kinder. Der Einsatz erfolgt stundenweise durch die Sonderpädagogischen Zentren, an die sich Eltern oder Schulen wenden können.

Petra Haas, kaernten.ORF.at

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