Kaiser zu Krise: Fakten sorgsam abwägen

Nach der Entlassung von FPÖ-Ministern müssen sich alle Parteien strategisch völlig neu positionieren. Die Fakten müssten sorgfältig abgewogen werden, sagte Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). ÖVP-Chef Martin Gruber wundert sich über die Opposition.

Mit der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ mit dem mittlerweile von ihren Funktionen für die FPÖ zurückgetretenen Vizekanzler Heinz Christian Strache und dem Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus ist die ÖVP-FPÖ-Regierung praktisch zerbrochen. Nun stellt sich die Frage, wie es mit der Staatsführung weiter gehen kann.

Misstrauensantrag steht im Raum

Die FPÖ-Ministerinnen und Minister verlassen die Bundesregierung, bis zur Neuwahl sollen Experten oder Spitzenbeamte die Aufgaben der freiheitlichen Regierungsmitglieder wahrnehmen. Das Vorschlagsrecht dafür hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Namen wurden noch keine genannt - mehr dazu im ORF.at Liveticker.

Aber auch ein Misstrauensantrag im Nationalrat gegen diese ÖVP-Experten-Regierung steht im Raum. Die Neos haben am Dienstag zwar abgewunken, dass sie einen solchen Antrag einbringen werden und auch die FPÖ ließ ausrichten, dass man zunächst abwarten wolle. Die Abgeordneten von Jetzt sind aber für einen solchen Antrag.

Kaiser: Republik muss funktionieren

Auf die Frage, wie sich die SPÖ auf Bundesebene verhalten werde, sagte LH Peter Kaiser (SPÖ) es sei alles zu berücksichtigen „Ein Ja oder Nein kann nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss in das eingebettet werden, was an möglichen Folgen zu erwarten ist. Ich gehe davon aus, dass das abgewogen wird. Dazu braucht es Kontakt mit dem Bundespräsidenten und Kontakt zwischen den Parlamentsparteien. Es hängt vom Zeitpunkt und den zu erwartenden Folgen ab und damit, ob man sich auf Gemeinsamkeiten verständigen kann oder nicht“, sagte Kaiser nach der Sitzung der Kärntner Landesregierung am Dienstag.

Es sei jedenfalls wichtig, dass die Organe der Republik funktionieren, sagte Kaiser, „das hat oberste Priorität“. SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner sprach zuletzt von einer reinen Experten-Regierung, was den Schluss nahe legte, dass die SPÖ einem Misstrauensantrag gegen Kanzler Kurz zustimmen würde.

Parlamentsklubs müssen entscheiden

Kaiser sagte, es gäbe beide Möglichkeiten, nämlich eine komplette Expertenregierung oder eine Regierung mit Experten in einigen Bereichen. „Die Entscheidung liegt letztendlich im Ermessen des Bundespräsidenten.“ Was der Parlamentarismus in einer Sitzung mache, die bis jetzt noch nicht festgelegt ist, soll jetzt auf Ebene der Klubs und zwischen diesen entschieden werden. „Denn das Leben geht auch nach einem Misstrauensantrag weiter.“

ÖVP-Gruber: Wundere mich über Opposition

Der Landesparteiobmann der ÖVP in Kärnten, Martin Gruber sagte im ORF-Interview, Bundeskanzler Kurz habe klare Schritte gesetzt, wie es weiter gehen solle. „Er hat dem Bundespräsidenten auch einen Vorschlag unterbreitet, wie mit den vakanten Ministerpositionen umgegangen werden sollte. Das war auch eine Forderung der Opposition. Jetzt aber darüber zu diskutieren, dass man der gesamten Bundesregierung das Misstrauen ausspricht, verwundert mich etwas, scheinbar weiß die Opposition nicht ganz genau, was sie will.“

Der ÖVP droht nun der Verlust der parlamentarischen Mehrheit. Auf die Frage von ORF-Redakteur Christof Glantschnig, ob das ein strategischer Fehler gewesen sei, sagte Gruber, er glaube, alle Entscheidungen, die getroffen worden sind, seien absolut notwendig gewesen. „Jedem, der das Video am Freitag zum ersten Mal gesehen hat, war bewusst, dass man diese Koalition und Zusammenarbeit aufkündigen muss und Neuwahlen ausruft.“

Vertrauen in gesamte Politik zurück gewinnen

Neue, klare Mehrheitsverhältnisse könnten dazu beitragen, das Vertrauen der Wähler zurück zu gewinnen, sagte Gruber. „Da geht es um das Vertrauen in die gesamte Politik, die ja Schaden erlitten hat.“ Auf die Frage ob die FPÖ nach der Neuwahl wieder Koalitionspartner werden könnte, wollte Gruber nicht beantworten. „Ich persönlich schließe niemanden für eine Koalition im Vorfeld einer Wahl aus, auch nicht die Freiheitlichen.“

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