Ein halbes Jahrtausend Kräuterwissen in Büchern

In einer Sonderausstellung zeigt die Bibliothek der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt bis 29. Mai Kräuterbücher aus dem 16. Jahrhundert - Nachschlagewerke über pflanzliche, tierische und mineralische Arzneien. Teilweise handgeschrieben, teilweise gedruckt.

Die Ausstellung ist Teil der Ausstellungsreihe „Kostbarkeiten aus der Bibliothek“, und die Leiterin der Abteilung Sondersammlungen, Christa Herzog, hat ein paar sehr alte Bücher dafür ausgewählt. Unter anderem ein handgeschriebenes Buch aus einem Kloster: „Klöster haben tausend Jahre lang Handschriften immer wieder abgeschrieben und so das Wissen tradiert.“

Die mittelalterlichen Mönchsregeln besagten, dass Kranke versorgt werden durften, aber chirurgische Eingriffe waren verboten. So blieben den Mönchen Gebet und innere Medizin. Das Studium der antiken Ärzte Hippokrates, Dioskurides und Galen sowie die Pflanzenheilkunde waren verpflichtend. Ebenso das Anlegen eines Klostergartens für die benötigten Heilpflanzen.

Alte Kräuterbücher Kräuterbuch

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„Gart der Gesundheit“: Hasenfleisch wurden besondere Kräfte zugesprochen. Die Galle sollte vor Vergiftungen schützen, Babys wurde der Gaumen beim Zahnen mit Hasenhirn eingerieben. Es ist eines der ersten gedruckten Kräuterbücher, aus dem Jahr 1486.

Sehr alte Bücher brauchen besondere Pflege, so Herzog: „Sie sind Kostbarkeiten, deswegen sind sie in speziellen Magazinen untergebracht. Sie dürfen aber benützt werden, dafür sind sie ja geschrieben worden. Wir wollen die Kostbarkeiten ja auch zeigen.“

Buchdruck brachte Wissen für viele

„Mit Johannes Gutenberg begann die neue Technologie des Buchdrucks, die, wie vor Kurzem das Internet, eine Revolution ausgelöst hat.“ Der Buchdruck gab die Möglichkeit, viele Exemplare herzustellen, das sei eigentlich eine demokratische Entwicklung, so Herzog. „Plötzlich steht Wissen vielen zur Verfügung.“

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Informationen über den Wald-Knoblauch, also Bärlauch

Die erste Zeit des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts wird von den Experten als Inkunabelzeit bezeichnet. Inkunabel bedeutet Wiege, die Anfangszeit des Buchdrucks, bis zum Jahr 1500. Von da an habe es viele Werkstätten gegeben. Die ersten 50 Jahre seien eine Art Erprobungszeit gewesen, so Herzog. Es gebe noch nicht so viele Stücke aus der Zeit. „Wir haben in der Bibliothek ca. 270 Inkunabeln, aber aus den nächsten 50 Jahren 780.“ Den damaligen Ärzten vertrauten die Menschen nicht so ganz, daher griff man gerne zum Kräuterbuch in deutscher Sprache.

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Ein Schatz aus der Universitätsbibliothek, das Bock Kräuterbuch aus dem Jahr 1556

Den ausgestellten Kräuterbüchern sieht man trotz Restaurierung an, dass sie in Verwendung waren: Man sieht Flecken, aber auch persönliche Anmerkungen der Leser. Auch die Illustration der Bücher hat sich mit dem Buchdruck verändert: „Im Buchdruck haben wir eine neue Illustrationsmethode, den Holzschnitt, der mit eingedruckt werden kann. Durch die neue Technik gibt es eine neue Bildqualität, man kann auch mehr Bilder zeigen.“ Das wirkte gut und war ein Verkaufsargument, so Herzog.

„Bilder teilweise sensationell gut“

Roland Eberwein, der Leiter des botanischen Gartens, sieht die Bilder oftmals als Kaufanreiz und nicht als Bestimmungshilfe, wegen ihrer teils mangelhaften Qualität. Aber nicht in jedem Fall: „Es gibt aber auch Abbildungen, die sensationell gut waren. Die wirklich extrem detailgetreu waren, von denen man annehmen muss, dass der Künstler die Pflanze vor sich hatte. Die sind so genau, dass sie als Bestimmungshilfe herangezogen werden können. Und zwar sowohl in der Buchmalerei, wo es Rankenmalerei oder Zierinitialen gab, als auch im Buchdruck schwarz-weiß oder farblich.“

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Bock Kräuterbuch, Holzschnitt, 1556

Zu Beginn des Drucks wurden die Abbildungen teils mit Farbe ausgemalt, erst später entwickelte sich dann der Farbdruck. Die alten Bücher werden auch heute noch verwendet, sagte Eberwein. Pflanzen und Tiere können sich immer noch verändern, historische Quellen seien daher nötig, um nachzuweisen, wie sich Lebewesen im Lauf der Zeit entwickeln.

In vielen Schriften der damaligen Zeit finden sich recht interessante Tipps bzw. Überlieferungen und auch Aberglaube, sagt Christa Herzog: „Eine Pflanze, die auch aus ‚Harry Potter‘ bekannt ist, ist die Alraune, eine Heilpflanze. Sie ist eine magische Pflanze, die schon seit der Antike beschrieben wird, sie soll wunderbare Wirkungen haben. Angeblich wächst sie unter Galgen, aus dem Harn der Gehenkten sprießt die Mandragora. Wenn man sie für sich erwirbt, was schwierig ist, weil man sie nicht berühren darf, hat man Reichtum, Potenz und Wunderkräfte.“

Kräuterbuch eines Wissenschaftlers

Ein Buch der Sonderausstellung wurde von Hieronymus Bock geschrieben. Er war deutscher Arzt und Lutherischer Prediger, der viel reiste und seine Beobachtungen niederschrieb. Er gilt als einer der Gründerväter der Botanik und war einer der ersten Wissenschaftler seiner Zeit. Das gezeigte Buch stammt aus dem Jahr 1556 mit 700 Pflanzenbeschreibungen, die detaillierter und zutreffender waren, als die aller anderen bisherigen Werke der Zeit.

Über die Alraune etwa schreibt Bock laut Herzog, dass das Aberglaube sei und Schindluder damit getrieben werde. Einfache, getrocknete Wurzeln würden als Alraune verkauft, indem man Gesichter und Hände hineinschnitzte und sie mit Gewand bekleidete, um den Menschen das Geld aus der Tasche zu locken.

Botaniker Roland Eberwein sagte, die Alraune sei sehr interessant, sie sei aber giftig und werde nicht in der Heilkunde eingesetzt. Sie ist bei uns auch nicht heimisch, was erklärt, dass viele Fälschungen im Umlauf waren. So wurden laut Eberwein Rübenwurzeln genommen, zum Beispiel die auch giftige Zaunrübe.

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Habern oder Hafer

Hieronymus Bock beschrieb laut Herzog auch den Hafer im modernen Kräuterbuch. Er habe gesehen, dass der Hafer nur als Pferdefutter verwendet wurde: „Dann hat es eine Hungersnot gegeben, und die Leute lernten, Brot aus Hafer zu backen und kamen drauf, dass sie auch Kraft und Energie bekamen.“ So habe Bock den Menschen empfohlen, Hafer zu essen, das sei bis heute gültig. Eberwein sagt, Hafer schmecke gut, werde heute im Müsli gegessen, man könne ihn auch Brot beimengen. „Er wächst auch in Gegenden, wo Weizen, der empfindlicher ist, nicht mehr wächst.“ So trugen Forscher auch dazu bei, Pflanzen neu zu entdecken und aufzuwerten.

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