Der fruchtbare Feldhase
„Er hat eine spezielle Einrichtung, dass er sogar Föten mit unterschiedlichem Entwicklungsgrad in sich haben kann. Das Phänomen heißt ‚Superfötation‘“, sagt Wildökologe Horst Leitner aus Klagenfurt. Die Entwicklung der Eireife gehe in unterschiedlichen Stadien von sich. Deshalb würden auch die Jungen zu unterschiedlichen Zeiten zur Welt kommen: „Das bedeute aber auch, dass der Wurf verschiedene Väter haben kann.“
Häsin paart sich mit mehreren Rammlern
Die Häsin sucht den stärksten Rammler, sagte Leitner: „Nachdem sie sich mit ihm verpaart hat hört das nicht gleich auf, sondern sie ist weiterhin auf der Suche und paart sich noch mit anderen starken Hasen. So ist es möglich, dass sich in der Häsin gleichzeitig die befruchteten Eier von verschiedenen Hasenvätern entwickeln.“
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Rammler beeindrucken Weibchen bei Schaukämpfen
Die Paarungszeit der Feldhasen beginnt bereits im Februar und geht bis in den August, September hinein. Die ersten Jungen, die das Licht der Welt erblicken, werden Märzhasen genannt. Das Werben um die Häsin ist auch mit einem gewissen Einsatz verbunden, es kommt zu Boxkämpfen. „Die Häsin muss sich ein Bild machen können, mit welchem Partner sie sich verpaart. Da machen die Rammler schon ganz schöne Kämpfe. Sie stellen sich auf die Hinterbeine, auf die Springer, wie sie in der Jagdsprache heißen - trommeln mit den Vorderläufen auf sich ein und schauen, dass sie der Häsin imponieren können.“
Fettreiche Hasenmilch gibt Jungen Kraft
Zirka sechs Wochen nach der Paarung kommen die Jungen zur Welt. Sie sind Nestflüchter, das heißt, die kleinen Hasen hoppeln schon bald herum und sind meist auf sich alleine gestellt. Ungefähr 30 Tage werden sie von der Mutter gesäugt. Dabei sei es wichtig, dass die Häsin gute Nahrung zu sich nehme. Sie schätze besonders fettreiche Kräuter: „Sie nehmen eine ganze ‚Apotheke‘ auf, um den jungen gute, fette Milch weiterzugeben.“
Bis zu 26 Prozent beträgt der Fettgehalt der Hasenmilch. Die ungesättigten Fettsäuren sind nicht nur notwendig, dass der Hase schnell zunimmt, sondern dass er auch schnell laufen kann. Fettreiche Kräuter sind zum Beispiel Frauenmantel, Klee und Mohn. Es handle sich dabei um Kräuter, die auf Brachflächen wachsen und nicht um Kulturpflanzen, so Wildökologe Horst Leitner.
Die Jungen werden von der Mutter nur ein bis zwei Mal am Tag gesäugt, daher ist es auch notwendig, dass die Milch sehr energiereich ist. Sie vermeide damit, zu oft zu den Jungen zurückzukehren und damit ihr Versteck zu verraten. „Sie haben Feinde wie Füchse oder Marder, die die Jungen sonst fressen würden.“
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Ausgeklügelte Verstecke für Junghasen
Sie werden in der „Sasse“ geboren und bleiben dort versteckt. Es handelt sich dabei um eine Grube oder Mulde, die windgeschützt, trocken und sonnig sein soll: „Eine feuchte Kälte ist eigentlich das Gefährlichste für die Junghasen.“ Innerhalb von vier Wochen nehmen die Jungen zirka ein Kilogramm zu. „Von einer kleinen Hand voll Hase wird ein richtig großer Hase mit einem Kilo. Der ist natürlich schon voll bewegungsfähig und hat schon einen schönen Aktionsradius.“
Viele überleben erstes Lebensjahr nicht
Da die Junghasen von ihrer Mutter nur ein bis zwei Mal am Tag besucht und gesäugt werden, sind sie auf sich alleine gestellt und gefährdet, leichte Beute zu werden. „Fast 90 Prozent der Junghasen überleben das erste Jahr nicht. Sie fallen dem Straßenverkehr oder Räubern zum Opfer.“ Zu den Feinden der Feldhasen zählen neben Fuchs und Marder auch Greifvögel, Wiesel und die Hauskatze. Viele Hasen sterben jedoch im Straßenverkehr: Zirka 19.000 Hasen wurden in Österreich 2017 von Autos getötet, in Kärnten waren es knapp 500.
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Lebensraum wird immer kleiner
Die Population nehme auch ab, weil der Lebensraum der Feldhasen immer kleiner werde. Gründe dafür seien laut Leitner die Flurbereinigung, das Fehlen von Feldgehölz und an der intensiven Landwirtschaft.
Da die Lebensräume der Feldhasen vernetzt sind, kann das Eingreifen der Menschen Auswirkungen haben, so Wildökologe Horst Leitner. Straßen, Siedlungen und Industriebauten seien für viele Wildtiere einschränkend. Die Populationen werden isoliert und damit auch dezimiert. Der Verlust des Lebensraumes ist die Hauptgefährdungsursache für den Feldhasen.
In den letzten Jahrzehnten ist die Anzahl der Hasen stark zurückgegangen. Laut Leitner sei in Kärnten - verglichen mit den 1980er Jahren - auf der Jagdstrecke nur mehr ein Fünftel der Hasen.
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Brachflächen wichtig als Rückzugsort
Wenn man dem Hasen etwas Gutes tun möchte, ist es von Vorteil, eine biologische Landwirtschaft zu haben oder brache Flächen stehen zulassen. Die Statistik zeige, dass 2006 und 2007 die Europäische Union Brachflächen gefördert habe, was sich positiv auf den Hasenstand ausgewirkt habe. „Es wäre wertvoll für den Hasen, auch wenn man Windschutzlagen etwas breiter lässt und nicht allzu weit zu den Flüssen hin ackert“, so der Experte.