Wirbel um gestrichene Überstunden

Das Innenministerium plant die Streichung von 20 Prozent der Überstunden bei der Polizei. Laut Gewerkschaft drohe die tageweise Schließung kleinerer Polizeiposten. Das Innenministerium verweist auf „erhebliche Nettopersonalzuwächse“, die Opposition kritisiert die Sparvorgabe.

Bei der Polizeigewerkschaft steht das Telefon nicht mehr still. Sie befürchtet Einschnitte bei der Sicherheit, wenn 20 Prozent der Überstunden gestrichen werden. In Kärnten würden schon jetzt 300 Polizisten fehlen, heißt es. Schon vor einem Jahr sei die Errichtung von 2.000 Ausbildungsplanstellen für Österreich versprochen worden. Von einer Umsetzung fehle bislang jede Spur, so die Gewerkschaft. Auch seitens der Opposition gibt es Kritik: SPÖ und Team Kärnten fordern den Innenminister zum Handeln auf, gefordert wird auch ein überparteilicher „Schulterschluss“.

Polizeigewerkschafter Bruno Kelz sagte im Gespräch mit dem ORF Kärnten: "Für uns sind diese Zahlen unvorstellbar. Konkret bedeutet es, dass auf Dauer gesehen kleinere Dienststellen tageweise zugesperrt werden müssen und Dienste einfach nicht mehr geleistet werden können, die bisher zwingend notwendig waren.“

82.000 Überstunden oder bis zu 55 Beamte weniger

2018 seien von der Kärntner Polizei etwa 410.000 Überstunden geleistet worden, in Anbetracht der vom Innenministerium geforderten 20-prozentigen Einsparung würden also 82.000 Überstunden wegfallen, so Kelz. Auf das Personal umgerechnet wären das die Planungsstunden von 50 bis 55 Beamten – oder alle Polizisten in einem kleineren Bezirk wie Hermagor oder Feldkirchen.

Frisch von der Polizeiakademie kämen alljährlich etwa 24 neue Polizisten hinzu. Die derzeit aufgenommenen Beamten würden aber teilweise nicht einmal die natürlichen Abgänge durch Pensionierungen abdecken, so Kelz. Jährlich gebe es in etwa 200 bis 300 Pensionierungen. Im Umkehrschluss bedeute die Einsparung weniger Personal.

„Es kann sich nicht ausgehen“

Kelz: „Es kann sich nicht ausgehen – nur dadurch, dass Dienststellen geschlossen werden und die Sicherheitsversorgung absolut darunter leidet und die Bevölkerung im benötigen Falle noch länger darauf warten muss, bis die Polizei bei ihnen eintreffen wird.“

Umgesetzt werden muss die Einsparung der Überstunden von den Dienststellenleiter und Bezirkspolizeikommandanten - auch diese würden ihm gegenüber Kritik an den gefordeten Einsparungen üben, so Kelz. Ein „rücksichtslose Sparen an der Sicherheit“ würde auch die Polizistinnen und Polizisten in ihrer Gesundheit und ihrer Sicherheit gefährden. „Bereits jetzt haben wir ein ständiges Ansteigen von Krankenständen durch die psychische und physische Dauerbelastung zu verzeichnen und immer mehr Kolleginnen und Kollegen müssen, trotz spürbarer finanzieller Einbußen, oft nach langen Krankenständen bereits vorzeitig in den Ruhestand treten oder verlassen den Polizeidienst wieder.“

Innenministerium kontert: 2019 mehr Personal

Das Innenministerium sieht - anders als die Gewerkschaft - für 2019 einen „erheblichen Nettopersonalzuwachs in den Landespolizeidirektionen“. Durch „entsprechende Aufnahmeplanungen“ würden 500.000 zusätzliche Plandienststunden für den Exekutivbereich in Österreich geschaffen, andererseits fielen durch die zu Ende gegangene EU-Ratspräsidentschaft wieder Ressourcen im Ausmaß vom 450.000 Einsatzstunden frei. Und, es gebe die Möglichkeit effizienter zu arbeiten: Mit einer optimierten Einsatzplanung zum Beispiel, oder der ständigen Bewertung und Überprüfung personalintensiver Organisationseinheiten. Außerden sollen Mobilgeräte wie Dienst-Smartphones die Arbeit der Polizei schneller machen.

Zum Thema „Burn-out“ hieß es vom Sprecher des Innenministeriums, Generalsekretär Peter Goldgruber: „Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind berechtigte Forderungen vieler Bediensteter an die Organisation, die insbesondere auch Maßnahmen zur Eindämmung systemimmanenter Mehrdienstleistungen bedingen. Eine nennenswerte Reduktion der ÜSt-Belastung ist ein erster Schritt dazu.“

Team Kärnten sieht „Anschlag auf Sicherheit“

Als „Anschlag des blauen Innenministers auf die Exekutive in Kärnten und damit auf die öffentliche Sicherheit in unserem Bundesland“ bezeichnete Team Kärnten Obmann Gerhard Köfer die Sparmaßnahme. Köfer zufolge werde die „Struktur der Polizei“ in Kärnten seit Jahren durch die „Schließung etlicher Polizeiposten“ ausgedünnt. Köfer forderte den Innenminister in einer Aussendung auf, „diese radikalen Einschnitte umgehend zurückzunehmen“ und verlangte „einen Schulterschluss aller Kärntner Landtagsparteien“ gegen die Anordnung.

SPÖ fordert Innenminister Kickl zum Handeln auf

"Der Schutz der Kärntnerinnen und Kärntner ist zu wichtig, und darf keinesfalls der schwarz-blauen Regierung zum Opfer fallen. Statt Überstunden zu streichen, damit de facto Polizisten einzusparen und möglicherweise sogar weitere Polizeidienststellen zu schließen sollte der Fehlstand von 300 Polizisten endlich behoben werden“, hieß es in einer Reaktion von SPÖ-Landesgeschäftsführer Andreas Sucher. Sucher sowie SPÖ-Nationalrätin Irene Hochstetter-Lackner forderten Innenminister Herbert Kickl „zum Handeln“ auf. Hochstetter-Lackner kündigte zudem an, Kickl mittels parlamentarischer Anfragen und Anträge „davon überzeugen“ zu wollen, „dass es zum Schutz und für die Sicherheit der Bevölkerung dringend notwendig ist, das Personal bei der Polizei auszubauen und von jeder Art der Kürzung Abstand zu nehmen“.

FPÖ Kärnten spricht von SPÖ-„fake news“

Die FPÖ Kärnten kritisierte in einer Aussendung die Kritiker selbst: bei einer „maßvollen Kürzung von Überstunden“ dürfe nicht „der Kahlschlag“ bei der Kärntner Polizei ausgerufen werden. „Das sind die hinlänglich bekannten SPÖ-fake news, es geht ausschließlich um rote Propaganda gegen die türkis blaue Bundesregierung und Innenminister Herbert Kickl“, so FPÖ-Landesparteichef Gernot Darmann, der eine „Rückkehr zur Sachlichkeit“ einforderte.

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