Nachlass eines Zornigen im Literaturarchiv

Bernhard C. Bünker (1948-2010), ein zorniger Autor, der seine Wut in Gedichten herausschrie, gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Dialektdichtung. Das Kärntner Literaturarchiv bekam nun Bünkers Nachlass von seinem Bruder geschenkt.

Auch der Verlag Heyn widmet Bünker zum 70. Geburtstag die Gedichtsammlung „Wos iba bleibt“. Der Kärntner Dichter und Schriftsteller starb mit 62 Jahren im Waldviertel nach langer Krankheit.

Bünker wuchs in Radenthein auf. Er war ein rebellischer Heimatdichter, der Dialektdichtung nicht als kitschige Reimerei verstand, sondern in seinen Texten vehement auf Missstände und falsch verstandene Heimatliebe hinwies. Er erfand auch den „Kärntner Blues“. Gottfried Gferer vertonte viele Gedichte von Bünker, die bewusst nur im Kärntner Dialekt geschrieben wurden.

Bernhard C. Bünker Dialekt Dichter Nachlass Literaturarchiv

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Nach einem Artikel, der heftig kritisiert wurde, verließ Bünker Kärnten

Bernhard C. Bünker erklärte in einem Interview 1983, warum das genau so sein musste: „In dem Maß, wie ich kritischer geworden bin, bin ich zorniger geworden. Wut und Hass, Verzweiflung und Betroffenheit kann man nur in der Sprache, in der man denkt, hinausschreien, wenn man sie nicht kontrollieren und filtern will.“

Blues von Gottfried Gfrerer:

„Die Berg ham sie aufgrissen, in die Wundn an haßen Asphalt einegegossen und a Straßn gmacht. A Schlangen aus Blech und Eisen kriacht auf die höchsten Höhen. Die Almseen haben Augen wie a Suppn von dem Öl.“

Dem Klagenfurter Verleger Achim Zechner war es ein großes Anliegen, die Werke von Bernhard C. Bünker wieder zugänglich zu machen. Weil er von der Qualität der Gedichte absolut überzeugt sei und weil sie auch heute noch fast erschreckend aktuell seien. „Er hat die Heimat geliebt, er ist am Land in Radenthein aufgewachsen. Wir sprechen heute über freie Seezugänge, das hat er in den 70er Jahren schon im Kontext mit dem Ausverkauf des Landes zugunsten des Tourismus angeprangert. Da hat sich nicht viel geändert.“

Bernhard C. Bünker Dialekt Dichter Nachlass Literaturarchiv

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Der jüngere Bruder, Michael Bünker, möchte den Nachlass zugänglich machen

Nach „Shitstorm“ Kärnten verlassen

Seine Texte lösten auch in Kärnten starke Emotionen aus, so Zechner: „Der größte Eklat war, als er in den 80er Jahren eine Polemik über den Kärntner Anzug ausgerechnet in einer slowenischen Zeitung publiziert hat. Ein Shitstorm über Tage ist über ihn hereingebrochen, es hat eine Sonderausgabe des ‚Fettfleck‘, herausgegeben von Antonio Fian, gegeben mit Leserbriefen. Eigentlich erschütternd. Der Bernhard hat sich dann entschieden, Kärnten zu verlassen, hat sich ins Waldviertel zurückgezogen und hat nie wieder publiziert.“

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Bernhard C. Bünker verkaufe seine Werke selbst, die Preisliste klebt auf dem Kofferdeckel

Schenkung ans Literaturarchiv

Bischof Michael Bünker, der jüngere Bruder, sagte, Bernhard habe sich auf das Malen und Holzfiguren konzentriert und andere Formen der Kunst gefunden. Michael Bünker fragte Zechner schon 2011, wo der Nachlass seines Bruders am besten aufgehoben sei. Die Wahl fiel auf das Kärntner Literaturarchiv. So schenkte Bünker nun den Nachlass dem Archiv, wie er selbst sagt: „Er hat auch Unveröffentlichtes hinterlassen, vielleicht ist vieles auch schwer zugänglich und vergriffen. Hier ist der richtige Ort, wo das in professionellen, fachkundigen Händen liegt und zugänglich gemacht wird.“ Es sei ihm wichtig gewesen, dass der Nachlass nicht privat aufbewahrt werde, sondern an einer wissenschaftlichen Institution.

Fliegenfischen erinnert an großen Bruder

Vater Otto Bünker, Pastor und Schriftsteller, Bernhard C. Bünker, Religionslehrer und Dichter, und Michael Bünker, Bischof. Die drei Männer verband immer die Liebe zur Literatur, erinnert sich Michael Bünker. Sein Bruder sei ein sehr entschiedener, kompromissloser und manchmal wilder Mensch gewesen, das habe seine Literatur geprägt. Man spüre Trauer, Zorn und Wut, aber auch die starke Liebe. Die Bindung zum älteren Bruder sei stark gewesen. „Ich habe in Wien während der Studienzeit mit ihm zusammengewohnt, habe von ihm auch das Fliegenfischen gelernt. Das ist eine schöne Hinterlassenschaft, die mich immer an ihn erinnert.“

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Anke Bosse vom Musilmuseum-Literaturarchiv freut sich über die Schenkung

Stark für Dialektdichtung engagiert

Für Anke Bosse, die Leiterin des Kärntner Literaturachivs, ist die Schenkung des Nachlasses ein Anlass zu großer Freude. Gerade für solche Autoren sei das Literaturarchiv gemacht, denn er habe ja im Kärntner Dialekt geschrieben, es gebe damit den Kärnten-Bezug für Anschaffungen. Es gibt aber noch einen Grund für das starke Interesse des Archivs am Nachlass: Bernhard C. Bünkers Engagement für die Dialektdichtung. Sie war nicht nur auf Kärnten beschränkt, so Bosse: „Er hat sich stark für die Vernetzung eingesetzt im internationalen Dialektverband und beim österreichischen Dialektarchiv, dessen erster Präsident er war.“ Man hoffe, dass im Nachlass auch Dokumente liegen, die diese wichtige Vernetzungsarbeit behandeln.

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