Florjan Lipuš mit Staatspreis ausgezeichnet

Der Autor Florjan Lipuš ist am Montag mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet worden. Das ist die höchste Kulturauszeichnung der Republik. Lipuš hielt seine Dankesrede zum Teil auf Slowenisch.

Schon vor zwei Jahren war Lipuš für den Preis vorgeschlagen, bekam ihn aber nicht. Das Argument einiger Jurymitglieder damals: Der Autor schreibe nicht auf Deutsch. Das sorgte international für Kritik, nicht nur in der Literaturszene. Slowenisch ist eine von mehreren Sprachen in Österreich, eine Diskussion darüber sollte gar nicht erst geführt werden müssen, so der Tenor damals.

Preis mit 30.000 Euro dotiert

Der Staatspreis ist mit 30.000 Euro dotiert. Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) würdigte Lipuš’ „besondere Stellung als slowenischschreibender österreichischer Autor“. Lipuš werde „immer mehr als europäischer Autor wahrgenommen“ und passe daher besonders gut zur laufenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, sagte Blümel . Die Zeremonie fand im Bundeskanzleramt statt. Gekommen waren auch der Autor Peter Handke, Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann, ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger, Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser sowie die beiden früheren Kulturminister Josef Ostermayer und Thomas Drozda.

Florjan Lipus Staatspreis Verleihung

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Sprach zuerst auf Slowenisch, dann Deutsch: Florjan Lipuš

Laudatio von Josef Winkler

Kunstsenatspräsident Josef Winkler erinnerte in seiner Laudatio daran, dass Lipuš als Kind mit ansehen musste, wie seine Mutter, nachdem sie eine als Partisanen verkleidete Gruppe von Gestapo-Männern bewirtet hatte, vor seinen Augen verhaftet wurde. Sie wurde im KZ Ravensbrück ermordet. Winkler nahm in seiner Rede wiederholt auf die Romane „Bostjans Flug“ und „Die Beseitigung meines Dorfes“ von Florjan Lipuš Bezug.

„Die Wahrheit ist zumutbar“

Florjan Lipuš begann seine Dankesrede auf Slowenisch, sprach dann aber Deutsch weiter und meinte, in Abwandlung des bekannten Zitates von Ingeborg Bachmann „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“: „Die Muttersprache ist dem Menschen zumutbar.“ Habe zur Zeit der Volksabstimmung von 1920 rund ein Drittel der Kärntner Bevölkerung Slowenisch gesprochen, sei diese Sprache heute nur noch vereinzelt in Dörfern zu hören. Die heutige Würdigung „empfinde ich auch als Wiedergutmachung des Unrechts an den Kärntner Slowenen“, sagte der Autor und erinnerte daran, dass sein Heimatort weiterhin keine zweisprachige Ortstafel habe.

Florjan Lipus Staatspreis Verleihung

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„Gewaltig“, sagt Peter Handke, der auch zur Preisverleihung kam

Vergangenes sei „mitten unter uns“. Doch nun sei bewiesen: „Wer in seiner Muttersprache denkt und träumt, kann weiterhin als brauchbarer österreichischer Staatsbürger angesehen werden.“ Die Zuerkennung des Staatspreises „macht sich gut im heutigen Europa und im Jahr, in dem Österreich den EU-Vorsitz innehat.“ Sie beweise: „Slowenisch ist Österreich zumutbar.“

„Rettung slowenischer Wörter“

Der 21-köpfige Österreichische Kunstsenat, der den Preisträger vorschlägt, hatte seine Wahl mit Lipuš’ Gesamtwerk, nicht zuletzt aber mit seinem bekanntestem Werk aus dem Jahr 1981 begründet: Im „Zögling Tjaz“, übersetzt von Peter Handke und Helga Mracnikar, sei bereits „sein gesamtes erzählerisches Opus thematisch angelegt, das er in zahlreichen Romanen und Erzählungen weiterentwickelt und entfaltet hat“. Lipuš behandle stets „den Widerstand gegen den Nationalsozialismus, die Vertreibung und Ermordung der Kärntner Slowenen, die Geringschätzung der slowenischen Minderheit durch die Mehrheitsbevölkerung, aber auch die Rettung der schwindenden Welt slowenischer Wörter und Wendungen als Grundlage einer neuen selbstbewussten Identität.“

„Beweis, dass Kultur in Kärnten lebt“

Auch Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gratulierte. Lipuš sei einer der wichtigsten Vertretern slowenischer Gegenwartsliteratur, so Kaiser. Seine Prosa und Romane zeichnen sich durch ein hohes Maß an ästhetischer und sprachlicher Innovation aus. Seine literarische Leistung ist Beweis dafür, dass die Kultur in Kärnten lebt und imstande ist, weit über die Grenzen des Landes hinaus Akzente zu setzen“, so Kaiser. Er hob hervor, dass Kultur auch eine gesellschaftspolitische Aufgabe habe und Wegbereiter für ein Leben in Humanität sei.

Florjan Lipuš wurde am 4. Mai 1937 in Lobnig/Lobnik bei Eisenkappel/Zelezna Kapla geboren. Von 1960 bis 1998 war Lipuš als Volksschullehrer und -direktor tätig. Zugleich war er von 1960 bis 1980 Herausgeber der Kärntner-slowenischen Literaturzeitschrift „Mladje“. Er veröffentlichte zahlreiche Erzählungen, Romane und Essays. Lipuš wurde unter anderem mit dem France-Preseren-Preis, dem Petrarca-Preis, dem Österreichischen Würdigungspreis für Literatur und dem Franz-Nabl-Preis der Stadt Graz ausgezeichnet.