Jodeln: Uraltes Kulturgut gefragt wie nie

Die gebürtige Kärntnerin Ingrid Schmoliner hat eine Mission: Interessierten in aller Welt das Jodeln beizubringen. Auch wenn es sich dabei um ein uraltes Kulturgut handelt, ist seine Wirkung in hektischen Zeiten wie diesen gefragter denn je.

Kraft, Natürlichkeit, Eindringlichkeit - es sind Töne, die tief aus der Brust kommen und in hohe Kopfnoten übergehen und den ganzen Körper erden, die das Jodeln charakterisieren. Es handelt sich dabei um ein uraltes Kulturgut, das nicht nur im Alpenraum, sondern auf der ganzen Welt in unterschiedlichen Formen verbreitet ist, erzählt Ingrid Schmoliner. Sie ist Sängerin und Musikerin und unterrichtet seit gut zehn Jahren das Jodeln: „Man kann sagen, seit es den Menschen gibt, ist es in ihm drinnen und wird es auch gemacht.“

Jodeln Kurs

ORF/Iris Hofmeister

Jodelkurs in Drentus

Im Alpenbereich wurde es viel mehr benutzt, weil es über Distanzen gehen kann. Also haben sie es, wenn sie beim Almabtrieb waren oder bei alltäglichen Arbeiten wie Holzarbeiten verwendet, aber auch für Gebete und es wurde auch im Gasthaus verwendet."

Wo immer ihr Wissen gefragt sei gebe sie es gerne weiter - angefangen von Einzelstunden, aber auch Unterricht in Kleingruppen. Diesmal ist Bek Coogan aus Neuseeland ihre Schülerin bei einem Kurs im Aupatal. Sie erfuhr von einem Freund von der Möglichkeit, in den Alpen das Jodeln zu erlernen und war sofort Feuer und Flamme. Sie will wieder mehr Bezug zur Natur, aber auch zu sich selbst finden: „Ich singe sonst immer sehr rau, mit viel Gefühl und Energie.“

Jodlerinnen wärmen sich auf

Wie beim Singen und Sprechen muss man den Stimmapparat auch beim Jodeln aufwärmen

„Körperintelligenz“ hilft beim Jodeln-Lernen

Im Prinzip könne die Jodel-Technik jeder erlernen. Geht es nach Ingrid Schmoliner, lautet das Zauberwort “Köperintelligenz”. Sie helfe unter anderem dabei, Präsenz zu entwickeln und sich auf den Lerninhalt bessere einzulassen. „Ich glaube manche Menschen tun sich leicht, wenn sie etwas beigebracht bekommen, was über die Körperintelligenz geht", so Schmoliner.

Bei ihr selbst sei die Köperintelligenz sehr ausgeprägt: "Deswegen habe ich mir beim Jodeln sehr leicht getan. Für andere ist es vielleicht ein bisschen schwerer, aber ich unterrichte es ja genau so in meiner Methodik, dass es auch sehr klar ist, dass das Jodeln wirklich auf den Vokalen basiert und dass der Kehlkopf, wenn er diese Intervallsprünge hat, das auch automatisch macht. Also es kann jeder lernen, der ein bisschen singen kann.“

Ingrid Schmoiner Jodeln

ORF

Ingrid Schmoliner

Jodeln ist wie neue Sprache lernen

Entscheidend sei, dass der Boden, auf dem man steht, eben sei. Am besten jodle man barfuß und in der freien Natur - idealerweise in den Bergen, um den Kontakt mit der Erde zu spüren und auch ein natürliches Echo wahrnehmen zu können, so Ingrid Schmoliner.

Beim Ausstoßen der Töne gehe es immer um Kreisläufe: „Es ist wie in der Kalligrafie. Wenn du einen Pinselstrich hast - irgendwann siehst du nichts mehr, aber der Strich geht weiter. In der Stille ist trotzdem kein Stillstand. Das ist auch essentiell für den Körper, finde ich. Die Stille als solches existiert, aber in der Reinform ist sie nicht begreifbar. In der Stille würden wir wahrscheinlich sterben. Man hat immer etwas geräuschhaftes, es setzt alles in Bewegung.“

„Wie eine neue Sprache“

Es brauche Zeit und Geduld, um das Jodeln zu perfektionieren, sagt die 40-Jährige. Ihre Schülerin Bek Coogan aus Neuseeland machte im Laufe des Wochenendkurses schon einige Fortschritte. Sie selbst merke, dass sie vor allem daran arbeiten müsse, locker zu bleiben: „So, wie hier zu singen, fühlt sich zwar richtig an, aber es ist noch nicht so ganz in Fleisch und Blut übergegangen. Ich denke noch zu viel darüber nach, was ich über die Resonanzen und Atmung und die ganze Technik gelernt habe. Es ist fast ein bisschen so, wie eine neue Sprache zu lernen.“

Tonprobe

So hört es sich an, wenn ein Profi in den Alpen jodelt

Kontrastreicher Italienbesuch

Für Bek ist es der erste Besuch in Italien. Sie will nicht von einem Kulturschock sprechen, aber von interessanten Eindrücken, die sie sich so vor Beginn ihrer Reise nicht erwartet hätte: „Ich hatte immer eine sehr ‚historische‘ Wahrnehmung dieses Landes - die alten Römer, Asterix und Obelix und so. Außerdem ist Italien bekannt für großartiges Essen und Wein. Ich bin in Venedig gelandet und schon die Reise ins Aupatal war ein großer Kontrast.“

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao, 14.9.2018)

Sie schätze es, fernab von Touristenpfaden neue Orte und die Menschen, die dort leben, kennenzulernen: „Wenn man so kleine Orte besucht, bekommt man viel eher etwas davon mit, wie die Menschen in einem Land wirklich leben. Ich habe viele Eindrücke zu verarbeiten, aber es war sehr aufregend.“

Jodeln Aupatal

ORF

Eine lockere, entspannte Körperhaltung ist Voraussetzung furs Jodeln

Jodeln ist Nicht-Gefallen-Müssen

Ingrid Schmoliner fasziniert die Widersprüchlichkeit am Jodeln und es sei ihr wichtig, dass ihre Schüler wahrnehmen, „dass es sehr viel mit Kindlichkeit zu tun hat, mit Natürlichkeit, mit dem wilden Charme, mit dem Nicht-Gefallen-Müssen, mit dem Intimen, aber doch sehr Öffnenden. Es ist immer das Paradoxe inherent und deswegen ist es so Besonders.“ So wird auch Bek Coogan mit ihren neu erworbenen Jodel-Kenntnissen sicher auch ihr Publikum in Neuseeland begeistern.

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